55 Milliarden Euro für fossile Brennstoffe
Obwohl die Mitglieder der Europäischen Union versprochen haben, aus Kohle & Co. auszusteigen fließen immer noch gewaltige Summen in diesen Bereich. In einigen Ländern sogar mehr als in die Förderung der Erneuerbaren.
Mit stolzen 55 Mrd. €/a subventionieren die Staaten der Europäischen Union noch immer fossile Brennstoffe, vor allem Kohle und Treibstoffe. 15 Mitgliedsstaaten subventionieren fossile Brennstoffe gar noch stärker als erneuerbare Energien. Damit werde die angestrebte Energiewende behindert, klagen Fachleute des EU-Rechnungshofes in ihrem Bericht „Energiebesteuerung, CO2-Bepreisung und Energiesubventionen“.
Das Privileg der Braunkohle
In Deutschland beispielsweise ist die Braunkohle aufgrund von sogenannten „alten Rechten“ von der Förderabgabe für Bodenschätze befreit. Diese liegt im Normalfall bei 10 % des Marktwertes der geförderten Rohstoffe. Mit 211 Mio. € im Jahr 2019, die das Umweltbundesamt in Dessau nennt, ist diese indirekte Subvention allerdings vergleichsweise gering.
Zwar habe sich, so die Rechnungshof-Fachleute, die Fördersumme für erneuerbare Energien im Zeitraum 2008 bis 2019 nahezu vervierfacht. Gleichzeitig aber seien die Subventionen für fossile Brennstoffe im letzten Jahrzehnt relativ stabil geblieben, obwohl sich die Europäische Kommission und einige Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet hätten, sie auslaufen zu lassen. Die Prüferinnen und Prüfer sprechen die Herausforderungen an, vor denen die Politik steht, wenn es darum geht, eine stimmige Energiebesteuerung über alle Bereiche und Energieträger hinweg sicherzustellen, Subventionen für fossile Brennstoffe abzubauen und die Erreichung der Klimaziele sozial abzufedern.
Drei Instrumente fürs Erreichen der Klimaziele
„Energiesteuern, CO2-Preise und Energiesubventionen sind wichtige Instrumente zur Erreichung der Klimaziele“, so Viorel Ştefan, das für die Analyse zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. „Unserer Ansicht nach liegt die wichtigste Herausforderung darin, die regulatorischen und finanziellen Maßnahmen stärker miteinander zu verknüpfen und die richtige Mischung der beiden Elemente zu finden.“ Mit der Analyse wolle der Rechnungshof zur Diskussion über die Energiepreise und den Klimawandel beitragen, insbesondere zur bevorstehenden Debatte über die vorgeschlagene Überarbeitung der Energiebesteuerungsrichtlinie.
Schieflage der Energiebesteuerungsrichtlinie
Die Prüferinnen und Prüfer fordern EU-weit einheitliche Regeln. Die geltende Energiebesteuerungsrichtlinie lasse es zu, Energiequellen, die die Umwelt stärker belasten, steuerlich günstiger zu behandeln als CO2-effiziente. Beispielsweise werde Kohle teilweise niedriger besteuert als Erdgas, und einige fossile Brennstoffe würden erheblich niedriger besteuert als Strom. Während außerdem die Mehrheit der Mitgliedsstaaten hohe Steuern auf Brennstoffe erhebe, erhöben einige andere die Steuern nahe dem in der Richtlinie festgelegten Minimum. Dies könne den Binnenmarkt verzerren. Bei niedrigen CO2-Preisen und Energiesteuern für fossile Brennstoffe stiegen die relativen Kosten der „grüneren“ Technologien, und die Energiewende werde verzögert, so die Prüferinnen und Prüfer.
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Widerstand gegen grüne Wirtschaft?
Die Subventionen für fossile Brennstoffe bis 2025 auslaufen zu lassen, wozu sich die EU und ihre Mitgliedsstaaten verpflichtet hätten, stelle gesellschaftlich und wirtschaftlich eine schwer zu bewältigende Aufgabe dar. Insbesondere könne es zu Widerstand gegen den Übergang zu einer grüneren Wirtschaft kommen, falls bei bestimmten Gruppen oder in bestimmten Sektoren der Eindruck entstehe, sie würden ungerecht behandelt.
Ungleiche Verteilung
Die Auswirkungen der Energiebesteuerung auf die Haushalte könnten ebenfalls erheblich sein und zu ihrer Ablehnung führen. Die Energieausgaben der privaten Haushalte seien sehr unterschiedlich. Die ärmsten Haushalte, also das Zehntel mit dem geringsten Einkommen, wendeten in Luxemburg, Malta, Finnland und Schweden beispielsweise weniger als 5 % ihres Einkommens für Energie auf. In Tschechien und der Slowakei sind es mehr als 20 %.
Um das Risiko zu verringern, dass Steuerreformen abgelehnt würden, verweisen die Prüferinnen und Prüfer auf Empfehlungen internationaler Organisationen, die zum Beispiel die Senkung anderer Steuern sowie Umverteilungsmaßnahmen vorschlagen und zu mehr Transparenz und verbesserter Kommunikation raten, um die Gründe für Reformen zu vermitteln.