Brennstoffzellenpotenzial im Gewerbe nutzen
Brennstoffzellen sind technisch ausgereift, hocheffizient und vermeiden große Mengen CO2. Doch die innovative Technologie ist aktuell noch recht teuer für einen flächendeckenden Einsatz. Ein Brennstoffzellen-Demonstrationsprojekt des Kasseler Erdgasversorgers Wingas und der Stadtwerke Aachen (Stawag) soll nun deutlicher die Potenziale und Möglichkeiten im Gewerbeeinsatz aufzeigen.
Effiziente Heizungstechnik wird angesichts der ambitionierten Klimaschutzziele der Bundesregierung nicht nur im Privathaushalt, sondern auch im Gewerbe immer wichtiger. Zu den umweltfreundlichsten und zuverlässigsten Technologien auf dem Markt gehört die Brennstoffzelle, bei der durch eine elektrochemische Reaktion neben Heizwärme auch Elektrizität erzeugt wird. Die Geräte gehen sparsam mit dem Brennstoff Erdgas um und realisieren hohe CO2-Einsparungen. Um Erfahrungen speziell im Gewerbebereich zu sammeln, arbeitet Wingas gemeinsam mit der Stawag im Rahmen eines Modellprojekts zusammen. Dabei haben die Projektpartner im Herbst 2016 eine hocheffiziente Brennstoffzelle im Heizungskeller des Aachener Instituts für Industrieaerodynamik (IFI) in Betrieb genommen.
Bei dem Mikro-Kraftwerk handelt es sich um eine Brennstoffzelle der Firma Solidpower. Darin kommt die neueste keramische Brennstoffzellen-Technologie zum Einsatz. Das „BlueGen“-Aggregat hat eine installierte Leistung von insgesamt 1,5 kW elektrisch und etwa 0,6 kW thermisch. Mit einem elektrischen Wirkungsgrad von knapp 60 % erreicht die Brennstoffzelle, einschließlich der thermischen Leistung, einen Gesamtwirkungsgrad von 85 % – ein Ergebnis, das als hocheffizient bewertet werden kann. Das äußerst kompakte Gerät wurde in die bestehende Heizungsanlage integriert. Die Brennstoffzelle läuft im Dauerbetrieb und wird bis zu 13 000 kWh Strom und rund 5 000 kWh Wärme jährlich erzeugen.
Geringere Kosten durch Eigenverbrauch
Diese Energie nutzt das IFI-Institut komplett selbst: Die Wärme wird in das Heizungs- und Warmwassersystem eingespeist und deckt den gesamten Warmwasserbedarf. Die überschüssige Wärme unterstützt zusätzlich die Heizung. Der erzeugte Strom deckt wiederum die elektronische Grundlast der IT-Abteilung der Fachhochschule vollständig ab. Der positive Effekt: Die innovative Kraft-Wärme-Kopplungs (KWK)-Anlage senkt die Stromkosten des Instituts erheblich. Über das Jahr hochgerechnet ergibt sich eine Stromersparnis von rund 700 € – die KWK-Förderung der Bundesregierung sowie die eingesparten Heizkosten noch nicht mit eingerechnet. Die Laufzeit des Aachener Modellprojekts beträgt zwei Jahre. Die Brennstoffzelle wird nach Abschluss des Feldversuchs vom IFI-Institut weiter betrieben.
Wingas fördert Technologie mit Bonusprogramm
Da die Kosten von Brennstoffzellengeräten aktuell noch recht hoch sind, unterstützt Wingas derzeit mit dem Förderprogramm „Brennstoffzellen-PartnerBonus Plus“ über die eigenen Stadtwerkekunden insgesamt bis zu zehn Investoren bei der Anschaffung einer Brennstoffzelle im Leistungsbereich bis 3 kW mit maximal 10 000 € netto je Gerät. Auch die Stawag profitierte von der Förderung und hat so die Chance erhalten, das Modellprojekt im IFI-Institut zu realisieren. „Durch zahlreiche Feldtests in den vergangenen Jahren sind wir von der hocheffizienten Brennstoffzellentechnologie überzeugt. Mit unserem Förderprogramm wollen wir die weitere Marktdurchdringung unterstützen und geben unseren Kunden die Möglichkeit, die innovative Technik für sich zu testen und dabei idealerweise eigene positive Erfahrungen zu sammeln. Gerade Stadtwerke erfüllen hier eine wichtige Multiplikatorenfunktion“, erklärt Detlef Mirsch, Leiter Technische Dienstleistungen bei der Wingas. Das Bonusprogramm des Unternehmens ergänzt das seit dem 1. August 2016 laufende KfW-433-Programm „Energieeffizient Bauen und Sanieren – Zuschuss Brennstoffzelle“, bei dem Brennstoffzellen mit einem Betrag von 5 700 € zuzüglich 450 € je 100 Watt elektrisch gefördert werden.
Wingas und Stawag haben bereits 2014 im Rahmen eines gemeinsamen Modellprojekts mit diesem Brennstoffzellen-Typ im Privatkundenbereich zusammengearbeitet. Hier kam ebenfalls ein BlueGen zum Einsatz. Die Erfahrungen waren durchweg positiv. Das Gerät überzeugte mit einem hohen elektrischen Wirkungsgrad, niedrigen Geräuschemissionen, einem geringen Wartungsaufwand sowie zuverlässigem Betrieb. Die Verfügbarkeit lag bei 100 %. „Unsere bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Technologie zuverlässig und äußerst effizient arbeitet. Mit dem aktuellen Feldversuch wollen wir nun Erfahrungen im Gewerbebereich sammeln und ausloten, ob sich in diesem Nutzersegment künftig ein Contractingprodukt lohnt – sowohl für die Stawag als auch für Gewerbekunden“, erklärt Dr. Peter Asmuth, Vorstand der Stawag. Asmuth ist sich sicher, dass die Brennstoffzelle gerade aufgrund ihres hohen elektrischen Wirkungsgrades künftig in der häuslichen wie auch in der gewerblichen Energieversorgung eine deutlich stärkere Rolle spielen wird. Denn einerseits ist speziell das BlueGen-Gerät eine ideale „Beistell-Lösung“ für bestehende Heizkessel-Anlagen. Zum anderen ist die Brennstoffzellen-Technologie grundsätzlich auch oft sehr interessant, wenn Altanlagen im Bestand getauscht werden müssen. Weiterhin können mit Brennstoffzellen die Auflagen der Energieeinsparverordnung im Neubau gut erfüllt werden.