Die Energieversorgung in den Nachbarländern Deutschlands
In vielen europäischen Staaten hat sich in den letzten Jahren, vor allem durch den stetig ansteigenden Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, die Kraftwerksstruktur und damit der jeweilige Strommix teils erheblich verändert. Der vorliegende Beitrag schildert den aktuellen Status quo in den Nachbarländern Deutschlands.
Eine gemeinsame Energiepolitik ist eine Herausforderung für Europa. Momentan ist diese vorrangig Ländersache, teilweise überwiegen noch historisch gewachsene nationale Interessen. Somit stehen die Energiemärkte der in diesem Beitrag vorgestellten Länder im Spannungsfeld zwischen nationaler Eigenständigkeit und Europäisierung. Ein Blick über die Grenzen Deutschlands soll dazu Auskunft geben.
Deutschland ist, im Osten beginnend, in Uhrzeigerrichtung von den Nachbarländern Polen, Tschechien, Österreich, Schweiz, Frankreich, Luxemburg, Belgien, Niederlande, Dänemark und Schweden umgeben. Der Beitrag stellt die Kraftwerksparks dieser Länder in Kartenform vor. Weiterhin ergänzen Grafiken zur installierten elektrischen Bruttoleistung je Energieträger und zur Altersstruktur des konventionellen Kraftwerksparkes den jeweiligen Länderbericht.
Die Akteure auf dem europäischen Energiesektor müssen speziell vor dem Hintergrund einer hohen Versorgungssicherheit, der Wirtschaftlichkeit und des Klimaschutzes mit den speziellen Anforderungen des Emissionshandels und der Einbindung erneuerbarer Energien komplex und stark vernetzt betrachtet werden. Für die Versorgungssicherheit eines Landes ist es heute nicht unbedingt ausschlaggebend, ob die zur Deckung des Strombedarfs erforderliche Kraftwerkskapazität im eigenen Land steht. In immer stärkerem Maße sind im Rahmen des internationalen Stromverbundes die in den jeweiligen Nachbarstaaten vorhandenen Kapazitäten der Kraftwerke und grenzüberschreitenden Übertragungsnetze sowie die länderübergreifenden Ausgleichseffekte (zum Beispiel bei Über- und Minderkapazitäten und bei der Einspeisung aus erneuerbaren Energien) zu berücksichtigen.
Grundvoraussetzungen für einen reibungslosen grenzüberschreitenden Wettbewerb auf europäischer Ebene sind die Verstärkung und der Ausbau der Netzinfrastruktur sowie die Kenntnis des Kraftwerksparks der jeweiligen Anrainerstaaten. Weder die grenzüberschreitenden Kuppelstellen noch die Übertragungsnetze insgesamt sind ursprünglich so geplant und errichtet worden, dass sie als Basis für einen europaweiten Stromhandelsmarkt bzw. zur nur begrenzt planbaren und zum Teil alternierenden Stromeinspeisung aus erneuerbarer Energie zuverlässig eingesetzt werden können. So führt zum Beispiel die Netzeinspeisung der im Norden Deutschlands konzentrierten Windstromerzeugung zu einer extrem hohen Belastung des Übertragungsnetzes dahingehend, dass Lastflussverlagerungen in die europäischen Nachbarstaaten, insbesondere in die Niederlande, nach Frankreich und nach Polen, erfolgen.
Vom größten Stromtransiteur Deutschland in Europa erfolgt ein physikalischer Stromexport saldiert vorrangig nach Polen, Österreich, Schweiz und die Benelux-Länder. Die größten Importe erfolgen vorrangig aus Tschechien, Frankreich, Dänemark und Schweden.
Das UCTE-Netz (Union for the Coordination of Transmission of Electricity) verbindet 23 europäische Länder von Dänemark bis Griechenland und von Portugal bis Rumänien. Deutschland ist direkt oder indirekt auf den verschiedensten Spannungsebenen und Spannungs-arten mit seinen Nachbarländern elektrisch verbunden. Zukünftig sind auch zwei Gleichstromkupplungen mit Norwegen vorgesehen (NorGer- und NordLink-Verbindung), um ab 2018 sowohl norwegischen Wasserkraftstrom nach Deutschland als auch deutschen Überschussstrom nach Norwegen zu leiten.
Die Kraftwerksnettoleistungen der Deutschland umgebenden Länder sind in der Tabelle aufgelistet.
Neben der installierten Leistung ist natürlich auch die Kenntnis über die Zusammensetzung des Kraftwerksparks in den einzelnen Ländern hinsichtlich der eingesetzten Energieträger wissenswert (Bild 1).
In den letzten Jahren wurden, zusätzlich zum Ausbau der Stromnetze in Europa auf Land, verschiedene Seekabel-Projekte ins Leben gerufen. Diese dienen zum Ausgleich von Über- und Unterkapazitäten im europäischen Strommarkt (Bild 2).
Polen
Der polnische Energiemarkt ist ein Wachstumsmarkt. Derzeit entfallen rund 93 % der Bruttostromerzeugung des Landes auf heimische feste Brennstoffe. Die vorhandenen Großkraftwerke für Braun- und Steinkohlen sind in vielen Fällen veraltet und emittieren große Mengen an Kohlendioxid und klassischen Luftschadstoffen. Hohe Aufmerksamkeit genießt in Polen die Technologie der Wirbelschichtfeuerung, die zu einer effizienten, relativ umweltfreundlichen und wirtschaftlichen Kohlenverstromung beiträgt.
Ziel der polnischen Regierung ist es, den Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 15 % zu erhöhen. Dies entspricht etwa einer Verdreifachung der derzeitigen Situation. Mit dem 2014 von der Regierung beschlossenen Renewable Energy Sources Act (RES Act) wechselt Polen ab dem Jahr 2016 von einem Zertifikatesystem teilweise auf ein Ausschreibungsmodell.
Gleichzeitig existieren im Rahmen eines staatlichen Energie-Aktionsplanes aber auch Vorstellungen, bis zum Jahr 2024 in die Kernkraftwerksnutzung einzusteigen. Der kommerzielle Betrieb von zwei Kernkraftwerken ist ab Jahresende 2030 bzw. 2035 geplant, um Polens Abhängigkeit von der Kohlenverstromung zu vermindern. An den beiden Standorten Gąski bei Koszalin und Choczewo / Żarnowiec bei Gdańsk sollen nach Plänen des Betreibers PGE (Polska Grupa Energetyczna) und mit Beschluss der polnischen Regierung vom Mai 2011 KKW-Blöcke mit einer Gesamtleistung von etwa 6 GW errichtet werden. Welcher der gängigsten Reaktortypen zum Einsatz kommt, wird derzeit untersucht. Das polnische Kernkraftwerksprogramm ist allerdings umstritten.
Um größere Erdgasimporte zu vermeiden, ist der Bestand an Gaskraftwerken gering, und der zukünftige Gas- und Dampfturbinenkraftwerksbau kommt, auch wegen des momentan hohen Gaspreises, nur schleppend voran.
Polen setzt auch zukünftig auf die Verstromung von Braun- und Steinkohlen und ist mit einer Fördermenge von 80 Mio. t der größte Steinkohlenproduzent in der Europäischen Union (Bilder 3 bis 5).
Tschechien
Hauptrichtung der tschechischen Energiewirtschaft ist die Senkung des spezifischen Stromverbrauches in allen Sektoren. Derzeit erfolgt die Bruttostromerzeugung mit mehr als 50 % auf Kohlenbasis. Das Land setzt auch zukünftig auf die Kohlenverstromung sowie auf den Ausbau der Kernenergienutzung. So existieren Pläne, die Kernkraftwerke Dukovany und Temelin bis zum Jahr 2030 in der Summe um 4,4 GW auszubauen. Nach diversen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen des Betreibers ČEZ (České Energetické Závody) wurde das Projekt Temelin (2 1 700 MW) im April 2014 aufgrund erheblicher Zweifel an der Rentabilität des Projektes vorerst zurückgestellt. Das Projekt Dukovany (1 000 MW) ist noch in der aktuellen Planung. Die Zielstellung besteht, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Strombereitstellung bis 2030 auf 15 % zu erhöhen. Die Liberalisierung des Strommarktes erfolgte in Tschechien bereits im Zeitraum 2002 bis 2006 bis auf die Ebene der privaten Haushalte auf Basis des so genannten Unbundling. Anfang 2015 ging das von C-Energy betriebene Kraftwerk Tabor unter anderem wegen des steigenden Anteiles an erneuerbaren Energien zur Netzunterstützung in den kommerziellen Betrieb. Das in Kraft-Wärme-Kopplung arbeitende Kraftwerk ist mit vier 20-Zylindermotoren von Rolls-Royce (geliefert vom Betriebsteil Bergen Engines) ausgestattet und liefert 37 MW Strom und Wärme für die Stadt Tabor / Sezimovo Ústí, rund 100 km südlich von Prag gelegen (Bilder 6 bis 8).
Österreich
Österreich hat seinen Elektrizitätsmarkt seit dem Jahr 2001 für den Wettbewerb geöffnet. Allerdings sind die Netze noch nicht voll auf einen liberalisierten Markt ausgerichtet. Das Land setzt auf einen Energiemix aus Wasserkraft und Gas im Verhältnis 3:1. Österreich will wegen des steigenden Stromverbrauches und der somit wachsenden Importabhängigkeit, und um eine hohe Versorgungssicherheit zu gewährleisten, den Ausbau von Wasserkraftwerken und konventionellen Kraftwerken vorantreiben. Allerdings stehen dem die jüngsten Verwerfungen auf dem europäischen Elektrizitätsmarkt entgegen. So nahm der größte österreichische Kraftwerksbetreiber Verbund AG im Sommer 2014 sein gerade erst 2012 neu in Betrieb genommenes GuD-Kraftwerk in Mellach (838 MW) wegen Unrentabilität wieder vom Netz und konservierte es für mindestens fünf Jahre.
In der künftigen Energieversorgung soll weiterhin die Nutzung der geothermischen Ressourcen vorangetrieben werden. So soll zum Beispiel der Geothermieanteil in der Fernwärmeversorgung von derzeit etwa 0,5 % auf 4,7 % im Jahr 2020 erhöht werden.
Ebenfalls sind Investitionen in den Ausbau und die Modernisierung grenzüberschreitender Techniken im Bereich Netze vorgesehen (Bilder 9 bis 11).
Schweiz
In der Schweiz besteht die Zielstellung, den Strommarkt dem EU-Binnenmarkt weiter anzunähern und zu öffnen. So könnte die Schweiz aufgrund der geografischen Lage zu einer der führenden Drehscheiben für den Stromhandel, speziell für die Vermarktung erneuerbarer Energien, werden.
Die Schweiz setzt bei der Stromerzeugung fast ausschließlich auf Wasserkraft und Kernenergie. Neu ist, dass zwar in der Schweiz keine neuen Kernkraftwerke errichtet werden, dafür aber im Rahmen der „Energiestrategie 2050“ die Laufzeiten der vorhandenen Meiler durch Retrofitmaßnahmen auf bis zu 80 Jahre verlängert werden können. Allerdings ist bei diesem Langzeit-Betriebskonzept durch den Betreiber ein Nachweis zu erbringen, dass die Auslegungsgrenzen der sicherheitstechnisch relevanten Anlagenteile mit einer Sicherheitsmarge während der geplanten Betriebszeit nie erreicht werden. Die Überprüfungen sind alle zehn Jahre durchzuführen. Danach verlängert sich der Reaktorbetrieb um jeweils zehn Jahre. Bei einer Erhöhung der Betriebslaufzeit auf 80 Jahre könnte zum Beispiel das Kernkraftwerk Leibstadt sogar bis 2064 laufen (Bilder 12 bis 14).
Frankreich
Frankreich verfügt nach Deutschland über die größte installierte Kraftwerksnettoleistung (128 289 MW) in Europa.
Wegen des geringen Bestandes an Bodenschätzen bezüglich der Energieträger Kohle, Gas und Erdöl bestand im 20. Jahrhundert der Hauptschwerpunkt der französischen Energiepolitik in der Beschaffung von Energierohstoffen im Ausland. Um eine fast völlige Unabhängigkeit von derartigen Importen zu erlangen, legte Frankreich 1974 ein groß angelegtes Atomprogramm auf. Heute erfolgt die Stromproduktion zu etwa 75 % aus Kernkraft. Dieser Anteil soll jedoch nach Beschluss des französischen Parlaments von Mitte Juli 2015 bis zum Jahr 2025 auf 50 % gesenkt und stattdessen die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Gleichzeitig beschloss das Parlament in einem Gesetzespaket von Reformvorhaben die Nutzung eines Endlagers für Atommüll in der Ortschaft Bure, westlich von Metz und Nancy im Departement Meuse gelegen.
Die EdF (Électricité de France) mit ihrer Tochter RTE (Réseau de Transport d’Electricité) beherrscht den gesamten französischen Elektrizitätsmarkt. Eine installierte Kommission zur Regulierung der Energiewirtschaft überwacht als unabhängiges Organ das angemessene Funktionieren des Energiemarktes.
Die Energiewirtschaft des Landes steht schon seit Jahren im Einklang der Öffnung, welches das von Frankreich im Januar 2006 bei der EU vorgelegte „Memorandum für eine Belebung der europäischen Energiepolitik im Sinne von nachhaltiger Entwicklung“ belegt. Im Juli 2015 brachte das französische Parlament ein Energiewende-Gesetz auf den Weg, wonach bis 2050 nur noch halb so viel Energie verwendet werden soll und knapp ein Drittel des Energiebedarfs aus Wind, Sonne und anderen erneuerbaren Energieträgern gedeckt wird. Die Höchstleistung aller französischen Kernkraftwerke soll auf den derzeitigen Stand begrenzt werden. Das hätte zur Folge, dass im Zuge der für 2017 vorgesehenen Inbetriebnahme des neuen EPR-Reaktors in Flamanville zwei bestehende Kernkraftwerke abgeschaltet werden müssen.
Hinsichtlich der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien wird besonders der Ausbau der Windkraftanlagen und die BHKW-Technik auf Basis Biomasse forciert. Frankreich verfolgt das Ziel, den Biomasseanteil im Bereich der erneuerbaren Energien auf etwa die Hälfte bis 2020 zu erhöhen. Weiterhin wird der Ausbau von Windkraftanlagen vorangetrieben, welches das Windparkprojekt „Onze Muids“ bei Hauteville (Picardie) mit einer installierten Leistung von 27 MW unterstreicht, das Anfang 2016 in den kommerziellen Betrieb gehen soll.
Laut dem deutsch-französischen Büro für erneuerbare Energien (DFBEE) wurden im Jahr 2014 in Frankreich Onshore-Windparks mit einer Gesamtleistung von 1 042 MW in Betrieb genommen. Damit hat Frankreich seine Leistung beim Zubau von Windenergieanlagen gegenüber dem Stand von 2013 nahezu verdoppelt. Zu Beginn des Jahres 2015 hatte Frankreich eine kumulierte Windkraft-Kapazität von rund 9 000 MW am Netz. Ziel ist es, im Jahr 2020 eine Kapazität von 20 000 MW installiert zu haben (Bilder 15 bis 17).
Benelux
Die drei benachbarten Monarchien Belgien, Niederlande und Luxemburg bilden einen historisch gewachsenen Wirtschaftszusammenschluss. Die installierte Kraftwerksnettoleistung liegt in der Summe bei 54 266 MW. Alle Energieträger kommen zum Einsatz.
Die Niederlande lassen Gaskraftwerke längerfristig vom Netz, weil der Importstrom aus Deutschland billiger ist als der Betrieb der eigenen Kraftwerke. So wurde Anfang Juli 2014 das erst im Sommer 2012 neu in Betrieb genommene GuD-Kraftwerk Maasbracht C („Claus“, 1 305 MW brutto, elektrischer Wirkungsgrad 58,5 %; siehe Aufmacherfoto) vom Betreiber RWE in Langzeit-Kaltreserve gesetzt, „bis die energiepolitischen und wirtschaftlichen Bedingungen eine Wiederinbetriebnahme ermöglichen“. Geringe Einsatzzeiten bei einem gleichzeitig sehr niedrigen Stromgroßhandelspreis ließen laut RWE einen wirtschaftlichen Betrieb nicht mehr zu. Die neue Regierung in Belgien, bestehend aus Liberalen und Konservativen setzt zwar weiterhin auf den Atomausstieg, allerdings bei einer Verlängerung der Laufzeiten einiger älterer Kernkraftwerksblöcke bis 2025. So sollen zum Beispiel die beiden Kraftwerksblöcke Doel 1 und 2 in der Nähe von Antwerpen, die 2015 vom Netz gehen sollten, bis 2025 weiter betrieben werden. Dies ist zur Deckung der Spitzenlast im Winter erforderlich. Zur Sicherung des verlängerten Betriebes auch älterer Kernkraftwerke muss der Betreiber Electrabel besonders in Belgien eine Vielzahl von Investitionen vornehmen.
Weil die Küsten der Niederlande und Belgiens hervorragende Möglichkeiten für den Betrieb von Offshore-Windparks und küstennahen Onshore-Windparks bieten, soll der Ausbau der Windenergie bis zum Jahr 2018 / 2019 vorangetrieben werden. So sind in den Niederlanden Offshore-Großprojekte (Windparks mit einer Leistung von jeweils mindestens 100 MW) mit einer Gesamtleistung von rund 4,5 GW in der engeren Planung, in Belgien von rund 2 GW (Bilder 18 bis 22).
Dänemark
Dänemark liefert mit einer Kraftwerksnettoleistung von über 14 865 MW oft den nach Frankreich zweitgrößten Stromfluss in die Bundesrepublik (alternierend mit Tschechien) und setzte dabei auf einen starken fossilen Energieträgermix (Steinkohle, Öl und Gas). Allerdings beabsichtigt die dänische Regierung, bis 2020 den Anteil fossiler Energieträger signifikant zu reduzieren und den Anteil der erneuerbaren Energien an der gesamten Energie- und Wärmeversorgung von derzeit 25 % (Stand: Dezember 2014) auf 100 % bis zum Jahr 2050 zu erhöhen.
Beim Kraftwerksbau auf Basis fossiler Energieträger setzte die dänische Energiewirtschaft vorrangig auf Steinkohlenkraftwerke mit teilweise superkritischen Parametern. Allerdings liegt die Inbetriebnahme des letzten Steinkohlenkraftwerks etwa 23 Jahre zurück (Esbjerg, 400 MW, Inbetriebnahme 1992). Innerhalb der letzten zehn Jahre kam im fossilen Kraftwerkspark in immer stärkerem Maße die Mitverfeuerung von Biomasse unter gleichzeitiger Reduzierung des Einsatzes von Kohlen und Gas zur Anwendung.
Eine Vielzahl der Kraftwerke befindet sich in der Nähe von Häfen, in denen Importsteinkohlen umgeschlagen werden, und besitzen Seewasserkühlung. Etwa 80 % der dänischen Kraftwerke sind mit einer Wärmeauskopplung ausgestattet. Der Einsatz von Kernenergie ist nicht vorgesehen.
Mit dem Kraftwerk Avedøre (Block 1: 270 MW, Inbetriebnahme 1990; Block 2: 615 MW, Inbetriebnahme 2002), südlich von Kopenhagen gelegen, verfügt Dänemark über eines der modernsten Kraftwerke der Welt mit einem flexiblen Multibrennstoffeinsatz (Steinkohle, Schweröl, Gas, Holzpellets, Stroh) und Wärmeauskopplung.
Hinsichtlich des Stromversorgungsnetzes ist anzumerken, dass die wegen des Inselcharakters Dänemarks früher getrennten Netze (Jütland / Fünen und Seeland) seit 2010 mittels des Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungskabels (HGÜ) „StoreBælt“ (400 kV) verbunden sind und bereits 1996 eine HGÜ-Übertragung zum europäischen Netz errichtet wurde (Kontek-Kabel, 400 kV) (Bilder 23 bis 25).
Schweden
Der hochentwickelte Industriestaat Schweden verfügt über eine Kraftwerksnettoleistung von 38 273 MW. Im Nordteil Schwedens dominiert die Wasserkraft. Einen bemerkenswerten Kontrast dazu stellt der im Südteil etablierte Kraftwerksmix, bestehend aus allen Kraftwerksarten, dar. Allerdings dominieren hier die Kernkraftwerke Forsmark, Ringhals und Oskarshamn, die zu etwa einem Drittel an der Stromerzeugung in Schweden beteiligt sind. Ein langfristig angelegtes Forschungsprogramm hat das Ziel, ein verantwortbares Endlagerkonzept zu entwickeln, das einen sicheren Einschluss von radioaktivem Material für mindestens 100 000 Jahre gewährleistet.
Das im Norden Schwedens gelegene Wasserkraftwerk „Harsprånget“ und das an der Südküste gelegene ölbefeuerte Kraftwerk „Karlshamn Kraft“ sind mit ihren jeweils rund 1 000 MW die größten nicht-nuklearen Kraftwerke in Schweden. Das Anfang der 1970er-Jahre erbaute Kraftwerk „Karlshamn Kraft“ dient aber seit 2010 nur noch als Reservekraftwerk in Spitzenlastzeiten.
Das Heizkraftwerk „Rya“ (270 MW) liegt am Fluss Göta in Göteborg und ist seit vielen Jahren das erste größere realisierte konventionelle Kraftwerk in Schweden. Das nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung arbeitende Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk (GuD) erreicht einen Brennstoffausnutzungsgrad von bis zu 92,5 %.
Die schwedische Regierung plant, bis zum Jahre 2020 weitgehend auf fossile Brennstoffe (insbesondere Öl) zu verzichten und noch mehr auf erneuerbare Energien zu setzen.
Weiterhin kündigt das schwedische Unternehmen Vattenfall an, die Reaktoren Ringhals 1 und 2 an der Westküste vorzeitig zwischen 2018 und 2020 und nicht wie geplant 2025 abzuschalten. Allerdings muss der Aufsichtsrat noch zustimmen.
Auch E.on, der Betreiber des ostschwedischen KKW Oskarshamn, prüft den Weiterbetrieb des bereits 43 Betriebsjahre aufweisenden Reaktors Oskarshamn 1.
Das deutsche Stromnetz ist seit 1994 durch das HGÜ-Kabel „Baltic Cable“ mit dem schwedischen Stromnetz verbunden. Es verwendet mit 450 kV die höchste Betriebsspannung aller Anlagen zur Stromübertragung auf deutscher Seite und war bis zur Inbetriebnahme des NorNed-Kabels (Norwegen-Niederlande, Inbetriebnahme 2008, etwa 580 km) mit etwa 250 km das europaweit längste Gleichstrom-Hochspannungskabel (Bilder 26 bis 28).
PD Dr.-Ing. habil. Jörg Schneider, Berlin, Jahrgang 1952, studierte Energiewandlung und Kraftwerkstechnik an der Technischen Universität Dresden.Gunter Kuhs, Halle (Saale), Jahrgang 1962, war als Kartograph im amtlichen Vermessungs- und Kartenwesen sowie in der Verlagskartographie tätig.