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Wärmewende 06.11.2024, 10:00 Uhr

Geothermie als Schlüsseltechnologie für nachhaltige Wärmeversorgung

In Zeiten, in denen Kommunen und die Industrie verstärkt nach nachhaltigen Lösungen zur Deckung ihres Wärmebedarfs suchen, wird der Blick auf alternative, emissionsarme Energiequellen immer relevanter. Vor allem Geothermie, sowohl in oberflächennahen als auch in tiefen Anwendungen, bietet ein großes Potenzial. Auf der Heatexpo (26. bis 28. November 2024) in Dortmund präsentiert die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG ihre Konzepte und Lösungen zur Integration von Geothermie in bestehende und neue Wärmesysteme.

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Geothermie, sowohl in oberflächennahen als auch in tiefen Anwendungen, bietet ein großes Potenzial für die Wärmewende.

Foto: PantherMedia / Leo Viktor Wolfert

Die Vorteile von Geothermie liegen insbesondere in der effizienten Nutzung der natürlichen Erdwärme. Sie kann zur Beheizung und Kühlung von Gebäuden und Industriebetrieben genutzt werden und ermöglicht es, den Einsatz von fossilen Primärenergieträgern signifikant zu reduzieren. Doch gerade im Bestand, also bei bereits bestehenden Gebäuden und Quartieren, ist die Einbindung von geothermischen Systemen eine Herausforderung.

Die effiziente Nutzung von Geothermie erfordert maßgeschneiderte Lösungen, die individuell auf die jeweiligen Rahmenbedingungen eines Standorts abgestimmt sind. Dabei spielen sowohl die oberflächennahe als auch die tiefe Geothermie eine Rolle. Oberflächennahe Geothermie, die auf die Nutzung der ersten 100 m der Erdkruste setzt, wird insbesondere in Kombination mit Wärmepumpen eingesetzt, um Heizung und Kühlung in Gebäuden bereitzustellen. Das Fraunhofer IEG unterstützt diese Anwendungen durch umfassende Analysen und numerische Simulationen, die die Effizienz solcher Systeme optimieren sollen. Auch Grubenwasser aus stillgelegten Bergwerken bietet Potenzial zur Nutzung als Wärmequelle. Das Fraunhofer IEG untersucht in Machbarkeitsstudien die Eignung solcher untertägiger Ressourcen für die Wärmenutzung und deren Integration in bestehende Infrastrukturen.

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Integration in bestehende Wärmesysteme als Herausforderung

Vor allem bei bestehenden Wärmesystemen, wie sie in vielen Städten und Industriegebieten vorzufinden sind, ist die Einbindung von Geothermie nicht ganz einfach. Damit es trotzdem gelingt, werden am Fraunhofer IEG ganzheitliche Nutzungskonzepte entwickelt, die unter anderem die Nutzung von unterirdischen Wärmespeichern und die Kopplung mit Fernwärmenetzen umfassen. So können beispielsweise stillgelegte Bergwerke als thermische Speicher genutzt werden, um Wärme in Zeiten geringer Nachfrage zu speichern und bei Bedarf wieder abzurufen. Solche Konzepte helfen dabei, die schwankende Nachfrage nach Wärme und Kälte effizienter zu managen und die Abhängigkeit von externen Energiequellen zu minimieren. Neben der technischen Realisierbarkeit solcher Projekte wird auch die Wirtschaftlichkeit betrachtet. Hierbei geht es darum, Projekte so zu gestalten, dass sie langfristig tragfähig und ökologisch sinnvoll sind. Die Potenzialstudien des Fraunhofer IEG befassen sich daher nicht nur mit den geophysikalischen Rahmenbedingungen, sondern auch mit den wirtschaftlichen Aspekten der geothermischen Nutzung. Ziel ist es, eine fundierte Entscheidungsgrundlage für Investoren, Kommunen und Versorgungsunternehmen zu schaffen, die auf eine nachhaltige Wärmelösung setzen wollen.

Innovative Konzepte zur Sektorenkopplung und Quartiersentwicklung

Die Einbindung geothermischer Energie in bestehende Quartiere und Fernwärmesysteme erfordert jedoch nicht nur eine Anpassung der Technologie, sondern auch ein Umdenken in der Planung und Verwaltung von Energiesystemen. Das Fraunhofer IEG bietet hierzu Werkzeuge und Beratungsleistungen an, die es ermöglichen, die Integration von Geothermie in städtische Wärmesysteme optimal zu gestalten. Mit dem Open District Hub (ODH) District Planner wird ein Planungswerkzeug bereitgestellt, das die Sektorenkopplung in Gebäuden und Quartieren unterstützt. Dies umfasst die Verknüpfung von Wärme-, Strom- und Kältenetzen sowie die Integration von Wärmespeichern und thermodynamischen Umwandlern, um eine effiziente und nachhaltige Wärmeversorgung zu gewährleisten. Dabei steht nicht nur die technische Umsetzbarkeit im Fokus, sondern auch die Anpassung an die jeweiligen rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen. Besonders in Deutschland, wo die Energiewende stark politisch geprägt ist, müssen solche Projekte mit Förderprogrammen und politischen Zielsetzungen in Einklang gebracht werden. Das Fraunhofer IEG unterstützt seine Partner daher auch bei der Beantragung von Fördermitteln und der Durchführung von Machbarkeitsstudien, die eine realistische Bewertung der Projekte erlauben.

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Transformation des Fernwärmesektors

Ein weiteres zentrales Thema ist die Transformation des Fernwärmesektors. Hier gilt es, bestehende Wärmenetze auf die Nutzung regenerativer Energiequellen umzustellen und die Wärmeversorgung effizienter zu gestalten. Die Einbindung von Geothermie in Fernwärmenetze bietet dabei eine Möglichkeit, um fossile Brennstoffe zu ersetzen und gleichzeitig eine stabile und zuverlässige Wärmeversorgung zu gewährleisten. Die Fraunhofer-Forschenden entwickeln hierzu Konzepte, die auf die spezifischen Anforderungen von Städten und Gemeinden zugeschnitten sind und gleichzeitig die Nutzung lokaler geothermischer Ressourcen maximieren. Die Transformation hin zu CO2-neutralen Wärmesystemen ist auch für die Industrie von großer Bedeutung. Die Forschenden arbeiten dazu mit verschiedenen Partnern aus der Industrie zusammen, um Lösungen zur Dekarbonisierung von Produktionsprozessen zu entwickeln. Dabei spielen Hochtemperatur-Wärmepumpen eine zentrale Rolle. Diese sind in der Lage sind, industrielle Abwärme zu nutzen und in den Produktionskreislauf zurückzuführen. Solche Lösungen sollen dazu beitragen, den Energieverbrauch in der Industrie zu senken und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern.

Von Elke von Rekowski