Hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung
Die Bemühungen zur Erhöhung der Effizienz der Strom- und Wärmeerzeugung rücken das Konzept der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in den Fokus. Eine innovative Lösung für effiziente KWK, die auf neue und bestehende gasbefeuerte Wärmeerzeuger im Megawattbereich angewendet werden kann, ist die Verwendung von Mikro-Gasturbinen-Abgas als Verbrennungsluft für Industriebrenner, die beispielsweise an industriellen Kesseln installiert sind. Der Beitrag fasst grundlegende Ergebnisse von thermodynamischen und wirtschaftlichen Untersuchungen zusammen.
Die Erzeugung von Wärme und Dampf erfolgt in Industriebetrieben überwiegend mit gasbefeuerten Wärmeerzeugern. Ersetzt man bei diesen Anlagen den Brenner durch eine Kombination aus Mikro-Gasturbine mit Zusatzfeuerung (Bild 1, siehe Aufmacherfoto), so wird aus dem Wärmeerzeuger eine Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage. Die eingebrachte Brennstoffenergie der Gasturbine wird dabei nahezu vollständig genutzt. Zunächst wird die Brennstoffenergie im Hochtemperaturbereich der Gasturbine zur Erzeugung von Strom verwendet. Die verbleibende Niedertemperaturwärme, die Abwärme der Gasturbine, wird zur Erzeugung von thermischer Energie genutzt. Aufgrund der niedrigen Abgastemperatur der Mikro-Gasturbine und des hohen Sauerstoffgehalts des Abgases (Verbrennung mit hohem Luftüberschuss) ist bei der Gasturbine ohne Zusatzfeuerung die Effizienz der Abgaswärmenutzung, etwa an Wärmeaustauschern, grundsätzlich eher niedrig. Diese kann durch die zusätzliche Verbrennung von Erdgas im Abgasstrom der Gasturbine, genannt Zusatzfeuerung, erhöht werden.
Die dabei zum Einsatz kommenden Mikro-Gasturbinen (Bild 2) sind mit einem Rekuperator ausgestattet, um in diesem für Gasturbinen eher kleinen Leistungsbereich akzeptable Wirkungsgrade zu erzielen.
Im Rekuperator wird die aus dem Verdichter austretende Luft vor dem Eintritt in die Brennkammer durch Abgaswärme vorerhitzt. Hierdurch wird der Brennstoffverbrauch reduziert und der Wirkungsgrad erhöht. Die Abgastemperatur von Mikro-Gasturbinen ist daher niedrig und der Sauerstoffgehalt hoch. Der hohe Sauerstoffgehalt ermöglicht somit eine Nachverbrennung im Abgasstrom der Gasturbine ohne zusätzliche Luftzufuhr.
Die nachfolgend dargestellten Ergebnisse wurden unter Verwendung der Daten der Mikro-Gasturbine C800 von Capstone berechnet.
Die Gasturbine C800, die aus vier Gasturbinen C200 besteht, erreicht bei ISO-Standard-Umgebungszustand (15 °C, 1,013 bar, 60 % relative Feuchte) eine elektrische Leistung von 800 kW, einen elektrischen Wirkungsgrad von 33 %, eine Abgastemperatur von 280 °C und hat aufgrund des etwa 6-fachen Luftverhältnisses bei der Verbrennung einen Sauerstoffgehalt im trockenen Abgas von rund 18 Vol.-%.
Die Zusatzfeuerung (ZF) im Abgas der Gasturbine führt zu einer Abnahme des Sauerstoffgehaltes und zu einer Zunahme der Abgastemperatur. In Bild 3 ist der Verlauf des Sauerstoffgehalts für verschiedene Leistungen der Zusatzfeuerung dargestellt.
Der Sauerstoffgehalt des trockenen Abgases sinkt mit zunehmender Zusatzfeuerung vom Ausgangswert 18 Vol.-% bis auf den Minimalwert 2 Vol.-%. Der Punkt, bei dem ohne die Zufuhr von Zusatzluft erstmals ein Sauerstoffgehalt von 2 Vol.-% erreicht wird, ist durch eine Zusatzfeuerungsleistung von 68 % gekennzeichnet. Die Leistung der Zusatzfeuerung kann über diesen Wert hinaus erhöht werden, wenn entsprechende Zusatzluft zugeführt wird. Die minimale Leistung der Zusatzfeuerung beträgt 30 % vom Maximalwert. Der Quotient aus Nutzwärmeleistung und elektrischer Leistung beträgt bei der Gasturbine ohne Zusatzfeuerung rund 1 und steigt durch die Zusatzfeuerung bis auf rund 25.
Das Luftverhältnis der Verbrennung beträgt in der Mikro-Gasturbine rund 6. Die Zusatzfeuerung kann ab einem Luftverhältnis von rund 2 betrieben werden (Bild 4).
Bei einer weiteren Erhöhung der Zusatzfeuerungsleistung sinkt dieser Wert bis zum Minimum 1,1.
Wirkungsgrade der Anlage
Um die Effizienz und die Primärenergieeinsparung der KWK-Anlage zu bestimmen, muss die gesamte erzeugte Wärme um die mit der Zusatzfeuerung erzeugten Wärme vermindert werden, da der Brennstoff der Zusatzfeuerung nur für die Wärmeerzeugung und nicht für die KWK genutzt wird. Die mit der Zusatzfeuerung erzeugte Wärmeleistung wird hier aus der Brennstoffleistung der Zusatzfeuerung und einem repräsentativen Wirkungsgrad eines Wärmeerzeugers berechnet.
Bei den hier gewählten Randbedingungen der Wärmeerzeugung mit einer Abgasabkühlung auf 120 °C und einem Sauerstoffgehalt von 2 Vol.-% wird ein repräsentativer Wirkungsgrad des Wärmeerzeugers von 94,5 % angenommen.
Der Gesamtwirkungsgrad (Brennstoffausnutzungsgrad, Nutzungsgrad) der Anlage ist der Quotient aus der Summe der nutzbaren Energien, thermischer und elektrischer Nutzleistung, und der Brennstoffleistung. Er ist ein Maß für die Anlageneffizienz. Der Gesamtwirkungsgrad kann zum einen in Bezug auf die komplette Nutzwärmeleistung und die komplette Brennstoffleistung und zum anderen in Bezug auf die KWK-Anteile der Nutzwärmeleistung und Brennstoffleistung bestimmt werden. In Bild 5 sind die Verläufe dieser beiden Gesamtwirkungsgrade dargestellt, wobei eine Abkühlung der Abgase auf 120 °C angenommen wurde.
Der Gesamtwirkungsgrad in Bezug auf die gesamte Brennstoffleistung (KWK und Zusatzfeuerung) beginnt bei rund 70 %, dem Wert der Gasturbine ohne Zusatzfeuerung, und steigt dann kontinuierlich mit der Zusatzfeuerung bis auf rund 94 %.
Der Gesamtwirkungsgrad in Bezug auf den KWK-Brennstoff, der in der Brennkammer der Gasturbine eingesetzt wird, verdeutlicht die Erhöhung der Effizienz der KWK-Anlage durch die Zusatzfeuerung. Der Wert startet bei rund 70 % und steigt dann bis auf rund 91 %. Der gering erhöhte Wirkungsgradverlust bei Zusatzfeuerungsleistungen über 68 % ist auf die Abgasrezirkulation zurückzuführen, die bei Einsatz von Zusatzluft notwendig ist, um die NOX-Emissionen gering zu halten. Bei der Einstellung der Feuerung liegt der Fokus daher immer darauf, die Abgasrezirkulation auf das kleinste vertretbare Minimum in Bezug auf die Emissionsgrenzwerte zu reduzieren.
Die Gesamtwirkungsgrade in dieser Abbildung werden unter Berücksichtigung des elektrischen Eigenbedarfes der KWK-Anlage berechnet und sind damit Nettowerte. Die Leistung eines eventuell notwendigen Verdichters zur Erhöhung des Druckes des in der Gasturbine eingesetzten Erdgases wird hier nicht berücksichtigt.
Die in Bild 6 dargestellte Stromkennzahl der KWK-Anlage besteht aus dem Quotient aus elektrischer Nettoleistung und thermischer Nettoleistung.
Bei der Gasturbine ohne Zusatzfeuerung liegt sie bei rund 0,9. Beim Betrieb mit Zusatzfeuerung fällt die Stromkennzahl bis auf Werte zwischen 0,5 und 0,6.
Primärenergieeinsparungen von bis zu 23 Prozent möglich
Die Primärenergieeinsparung der KWK-Anlage wird unter Verwendung der Vorgaben aus der entsprechenden EU-Richtlinie berechnet. Für die Stromerzeugung aus Erdgas wird hierbei ein Referenzwirkungsgrad von 52,5 % verwendet, bei der Wärmeerzeugung aus Erdgas liegt dieser bei 90 %. Auf eine Korrektur dieser Werte anhand der vor Ort vorliegenden klimatischen Bedingungen und der vermiedenen Netzverluste wird hier verzichtet, um möglichst allgemeingültige Ergebnisse zu erhalten.
Die Gasturbine ohne Zusatzfeuerung erreicht eine Primärenergieeinsparung von rund 4 % (Bild 7).
Dieser Wert kann durch die Zusatzfeuerung auf bis zu 23 % erhöht werden. Diese Erhöhung der Primärenergieeinsparung verdeutlicht den effizienzsteigernden Effekt der Zusatzfeuerung auf die KWK-Anlage.
Das hier betrachtete Mikro-Gasturbinen-System C800 besteht aus vier Modulen der Gasturbine C200. Diese Module sind sowohl einzeln als auch gemeinsam im Bereich von 7,5 bis 100 % der produzierten elektrischen Energie kaskadierbar. Dadurch können mit der Gasturbine mit Zusatzfeuerung nahezu über den gesamten Leistungsbereich hohe Gesamtwirkungsgrade erreicht werden (Bild 8).
Stufenlos regulierbarer Brenner
Die Zusatzfeuerung wird durch einen speziellen Industriebrenner der Saacke GmbH vom Typ DDG-GTM gewährleistet, der sowohl im Turbinenabgas- als auch im Frischluftbetrieb die notwendige Wärmeleistung für den nachgeschalteten Wärmeerzeuger bereitstellt.
Dieser Brennertyp zeichnet sich durch einen hohen Regelbereich aus und ist stufenlos innerhalb dieses Regelbereiches modulierbar. Er ist in der Variante DDZG-GTM auch als Zweistoffbrenner erhältlich (Bild 9).
Als weiterer Hauptbrennstoff würde dann leichtes Heizöl HEL Verwendung finden können. Zusatzbrennstoffe wie zum Beispiel Biogas, Flüssiggas, Deponiegas und Sondergase sind auf Anfrage möglich.
Um möglichst früh 100 % der maximal möglichen Abgasmenge der Turbine als Verbrennungsluft zu nutzen, wurde dieser Brennertyp zusätzlich für den Betrieb mit hohem Luftüberschuss konzipiert. Diese Kombination reduziert die Notwendigkeit, im Teillastbetrieb einzelne Gasturbinen abschalten zu müssen. Nur in der Grundlast der Zusatzfeuerung wird ein Modul der C800 abgeschaltet (Bild 8), um weiterhin einen hohen Gesamtwirkungsgrad zu behalten. Dadurch kann die KWK-Anlage auch im Teillastbetrieb nahezu ohne die ansonsten üblichen Wirkungsgradverluste betrieben werden. Die in Bild 8 dargestellten Gesamtwirkungsgrade verdeutlichen dies und sind, wie schon in Bild 5 geschehen, einmal in Bezug auf die gesamte Brennstoffleistung und einmal in Bezug auf die Brennstoffleistung der KWK-Anlage (Gasturbine) dargestellt.
Das in diesem Beitrag vorgestellte Konzept von Mikro-Gasturbinenabgas als Verbrennungsluft für den Saacke-Industriebrenner vom Typ DDG-GTM kann sowohl bei Neuanlagen als auch bei vorhandenen Wärmeerzeugern angewendet werden. Aufgrund der großen Anzahl an vorhandenen gasbefeuerten Wärmeerzeugern im Megawattbereich gibt es eine beträchtliche Auswahl an potenziellen Anwendungsmöglichkeiten für diese KWK-Systeme.
Als Referenz für dieses Anlagenkonzept sei der erfolgreich umgesetzte Umbau auf ein Saacke-Mikro-KWK-System bei der Brauerei C. & A. Veltins GmbH & Co. KG in Meschede erwähnt. Hier wurde eine erst seit zwei Jahren existierende Feuerungsanlage auf das bereits erwähnte System umgebaut. Zum Einsatz kommen hier als wesentliche Kernkomponenten der Saacke-Brenner vom Typ DDZG-GTM 20 mit einer maximalen Feuerungswärmeleistung von 15 MW im Frischluftbetrieb und eine Capstone-Mikrogasturbine vom Typ C600.
Amortisationszeiten je nach Rahmenbedingungen
Im Folgenden soll die Wirtschaftlichkeit am Beispiel der Nachrüstung einer Gasturbine C800 mit Zusatzfeuerung durch den Saacke-Brenner vom Typ DDG-GTM bei einem vorhandenen Wärmeerzeuger dargestellt werden. Hierzu muss der vorhandene Brenner durch einen neuen Brenner für die Zusatzfeuerung ersetzt werden.
Die Gesamtinvestition dieser Nachrüstung inklusive Gasturbine liegt bei rund 1,8 Mio. €. Die Leistungsgröße der Gasturbine sollte so gewählt werden, dass die jährlichen äquivalenten Volllastbetriebsstunden der Gasturbine mit Zusatzfeuerung bei mindestens 5 000 h/a liegen. Hier werden 6 500 h/a angenommen.
Die Vorgaben der Wirtschaftlichkeitsberechnung sind in der Tabelle aufgeführt.
Der Wert des selbsterzeugten Stroms beträgt 140 €/MWh und der Erdgaspreis 33 €/MWh. Der erzeugte Strom wird mit 40 % der EEG-Umlage belastet. Eine Förderung entsprechend dem KWKG 2012 wird berücksichtigt.
Unter diesen Bedingungen ergibt sich eine Amortisationszeit von rund vier Jahren. Die mit dem EEG 2014 eingeführte Belastung der Eigenerzeugung mit 40 % der EEG-Umlage hat die Amortisationszeit um gut ein Jahr verlängert. Falls diese wirtschaftliche Benachteiligung der KWK-Anlagen bei der anstehenden Überarbeitung des KWKG kompensiert werden sollte, um den von der Politik gewünschten Ausbau der KWK weiter zu forcieren, könnte die Amortisationszeit der Gasturbine mit Zusatzfeuerung wieder bei rund drei Jahren liegen. Dies ist für energietechnische Anlagen ein durchaus akzeptabler Wert, zumal die Amortisationszeit mit jeder weiteren Betriebsstunde sinkt. Bei 7 500 h/a verkürzt sich die Amortisationszeit gegenüber 6 500 h/a zum Beispiel um rund ein halbes Jahr.
Fazit
Die Zusatzfeuerung im Abgasstrom einer Mikro-Gasturbine erhöht die Effizienz dieser KWK-Anlage erheblich. Die Anforderungen des KWKG und des EnergieStG an die Effizienz der Anlage, ein Gesamtwirkungsgrad von mindestens 70 % und die Erzielung einer Primärenergieeinsparung (P (el.) < 1 MW), werden deutlich übertroffen. Diese Voraussetzungen für die Gewährung des KWK-Zuschlages und der Energiesteuerentlastung werden damit ohne Probleme in jedem Lastpunkt mit Zusatzfeuerung erfüllt. Auch die bei größeren Anlagen (P (el.) > 1 MW) geforderte Primärenergieeinsparung von mindestens 10 % stellt bei Betrieb mit Zusatzfeuerung kein Problem dar. Die Mikro-Gasturbine mit Zusatzfeuerung ist damit eine hocheffiziente KWK-Anlage, die aufgrund ihrer Nachrüstbarkeit bei vielen Wärmeerzeugern im MW-Bereich ein großes Anwendungspotenzial besitzt.
Prof. Dr.-Ing. Christoph Kail, Jahrgang 1965 Studium des Maschinenbaus an der Universität Hannover. Von 1991 bis 1999 Tätigkeit bei der Siemens AG in Erlangen als Projektmanager bei der Entwicklung von fortschrittlichen Gas- und Dampfkraftwerken. Seit 1999 Professor für Energietechnik an der Fachhochschule Südwestfalen.
Dipl.-Ing. (FH) Jens von der Brüggen, Jahrgang 1967, Studium der Elektrotechnik an der Fachhochschule Bremen. Seit 2013 Leiter der Fachgruppe für kleine und mittlere Prozessfeuerungsanlagen bei der Saacke GmbH
Dipl.-Ing. (FH) Claas Rohde, Jahrgang 1970, Studium des Maschinenbaus an der Fachhochschule Bremen. Seit 2003 Regional Director für Nordeuropa bei der Saacke GmbH.