Rationelle Energieverwendung
Nach der Verabschiedung des „Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz“ Ende des Jahres 2014 [1] wurde das Jahr 2015 aus energiepolitischer Sicht durch die Umsetzung der neuen und erweiterten Maßnahmen des Aktionsplanes geprägt. Gegenüber den ursprünglichen Planungen ergaben sich im politischen Alltag einige Anpassungen, die wesentlichen Kernpunkte zur Verminderung des Energiebedarfs wurden jedoch beibehalten. In dem vorliegenden Artikel werden die Entwicklungen des zurückliegenden Jahres 2015 dargestellt. Daneben werden längerfristige Trends zur rationellen Energieverwendung vorgestellt. Es wird auf die allgemeinen Veränderungen im Bereich Energieproduktivität und der Energie- und Klimapolitik eingegangen. Darauf folgend werden Entwicklungen in ausgewählten Nachfragesektoren dargestellt und erörtert. Als Querschnittsthemen sind dabei die Entwicklungen im Bereich Ökodesign und Energieaudits sowie ausgewählte Themen aus Industrie und Verkehr Gegenstand der Darstellung.
Für Unternehmen war insbesondere die Umsetzung von Artikel 8 der europäischen Energieeffizienzrichtlinie von Bedeutung. Durch die nationale Umsetzung dieses Artikels im Rahmen der Energiedienstleistungsrichtlinie wurden Energieaudits für große Unternehmen in Deutschland verpflichtend.
Auf europäischer Ebene ist die Diskussion um das Energieeffizienzziel für das Jahr 2030 auch nach der Verabschiedung im letzen Jahr noch nicht abgeschlossen. Eine Anhebung des Zieles auf mindestens 30 % (statt der aktuell gültigen 27 %) ist in intensiver Diskussion.
Auf globaler Ebene nahm die Energieeffizienz im Jahr 2015 weiterhin einen hohen Stellenwert ein. Der im Oktober 2015 von der Internationalen Energieagentur (IEA) veröffentlichte Marktbericht zur Energieeffizienz [2] hebt diese als wirksamstes Mittel zur Minderung von CO2-Emissionen hervor. Der Bericht stellt dar, dass Energieeffizienzmaßnahmen zu 40 % der erforderlichen Minderungen zur Begrenzung der Erderwärmung auf 2 °C beitragen können. Des Weiteren stellt der Bericht die positiven Auswirkungen von Energieeffizienz auf die Energiesicherheit sowie die Handelsbilanzen heraus.
Auch das Abschlusskommuniqué des G7-Energieministertreffens im Mai 2015 hebt den Stellenwert der Energieeffizienz zum Erreichen einer nachhaltigen Energieversorgungssicherheit hervor und fordert, dass die Energieeffizienz als „Energieträger Nummer eins“ und kostengünstigstes Mittel zur Deckung der Nachfrage nach Energie betrachtet werden soll.
Weitere positive Auswirkungen der Energieeffizienz auf eine Vielzahl von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen werden in der im September 2014 veröffentlichten IEA-Studie „Capturing the multiple benefits of energy efficiency“ [3] dargestellt und beinhalten neben Kosteneinsparungen auch positive Wachstums- und Beschäftigungseffekte, eine geringere Energieabhängigkeit sowie den Schutz der Gesundheit und des Wohlbefindens.
Allgemeine Entwicklung der Energieintensität und Energieeffizienz
Die Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland verzeichnete 2015 im Vergleich zum Vorjahr einen leichten Anstieg von etwa 1,4 % auf 13 343 PJ (etwa 455 Mio. t SKE) [4]. Um etwaige Wettereinflüsse bereinigt zeigt sich hier jedoch ein sehr leichter Rückgang um 0,2 %. Währenddessen stieg die Primärenergieproduktivität, also Einheit Bruttoinlandsprodukt pro Einheit eingesetzter Primärenergieverbrauch, leicht um 0,3 % an (wetterbereinigt etwa 1,9 %). Bild 1 zeigt die Entwicklung von Primärenergieverbrauch und -produktivität von 1991 bis 2015.
Im Durchschnitt sank der unbereinigte Primärenergieverbrauch in diesem Zeitraum um 0,4 %/a (bereinigt: 0,3 %/a). Die Primärenergieproduktivität stieg in gleicher Zeit um durchschnittlich 1,7 %/a (bereinigt: 1,6 %/a).
Das Energiekonzept der Bundesregierung von 2010 sieht eine Reduzierung des Primärenergieverbrauchs von 20 % im Jahr 2020 gegenüber 2008 auf rund 11 500 PJ (etwa 393 Mio. t SKE) vor [5]. Soll dieses Ziel zuverlässig erreicht werden, ist eine durchschnittliche jährliche Minderung des Primärenergieverbrauchs in Höhe von 1,8 % im Zeitraum von 2008 bis 2020 notwendig. Um das für 2050 gesetzte Ziel einer Reduktion des Primärenergieverbrauchs von 50 % – also auf etwa 7 200 PJ oder 245 Mio. t SKE – zu erreichen, wäre eine jährliche Minderung von 1,6 % erforderlich. Aktuell liegt dieser Wert der durchschnittlichen jährlichen Änderung jedoch mit – 1,1 % für den Zeitraum 2008 bis 2015 unter der angestrebten Zieltrajektorie und muss ausgehend von 2015 auf etwa 2,9 %/a erhöht werden, um das 2020-Ziel erreichen zu können (1,8 %/a für das 2050-Ziel). Dies macht deutlich, dass in Zukunft noch erhöhte Anstrengungen auf dem Gebiet der Energieeffizienz im Hinblick sowohl auf die kurzfristige als auch auf die längerfristige Zielerreichung nötig sind. Dieses Bild zeigt sich auch in der Entwicklung der Endenergieproduktivität, die mit einer durchschnittlichen Steigerung von 1,6 %/a im Zeitraum 2008 bis 2014 noch unter dem im Energiekonzept angestrebten durchschnittlichen Wachstum von 2,1 %/a von 2008 bis 2020 liegt.
Um die der Änderung des Primärenergieverbrauchs zugrundeliegenden Effekte im Detail betrachten zu können, wird die Gesamtänderung in verschiedene erklärende Komponenten zerlegt, die bestimmten Effekten zugeordnet werden können. Mit dieser Zerlegung kann die Aussagefähigkeit klassischer auf den Primärenergieverbrauch bezogenen Indikatoren erhöht werden. Außerdem lassen sich sowohl außerhalb der Energieeffizienz liegende Einflussfaktoren zumindest teilweise differenzieren als auch die Ursachen für Effizienzverbesserungen im Umwandlungssektor und deren Interaktion transparent machen [6; 7].
Bild 2 zeigt die Zerlegung der Änderung des Primärenergieverbrauchs (ohne nichtenergetischen Verbrauch) im Zeitraum 2000 bis 2013, der in dieser Zeit um etwa 600 PJ gesunken ist [8].
Die Gesamtänderung des Primärenergieverbrauchs ergibt sich in dieser Zerlegung aus den Effekten durch Änderungen des Endenergieverbrauchs, der Übertragungs- und Verteilungsverluste in der Energieversorgung, des Eigenverbrauchs und der Zusammensetzung der Energieerzeugung (Anteile der erneuerbaren Energien, Kernkraftwerke, der thermischen Kraftwerke usw.) und der Änderung des Gesamtwirkungsgrads der Energieerzeugung.
Den größten Effekt auf die Änderung des Primärenergieverbrauchs hat die Effizienz der Energieerzeugung mit einem senkenden Beitrag von etwa 616 PJ (Bild 2). Dies ist vor allem auf die Durchdringung der Energieerzeugung mit erneuerbaren Energien wie etwa Wind- und Solarenergie zurückzuführen, die primärenergetisch mit einem Wirkungsgrad von 100 % bilanziert werden. Der Anteil der erneuerbaren Energien insgesamt am Primärenergieverbrauch stieg von 2,9 % im Jahr 2000 auf 10,8 % im Jahr 2013 [9]. Dieser Effekt wird durch die Änderungen in der Struktur der Energieversorgung – vor allem durch einen gesteigerten Anteil von Elektrizität – mit einem steigernden Beitrag von 420 PJ zu einem Großteil kompensiert. Als nächstgrößter Effekt folgt die Reduzierung des Endenergieverbrauchs mit einem senkenden Beitrag von 292 PJ. Dazu im Vergleich spielen die Änderung der Übertragungs- und Verteilungsverluste und des Eigenverbrauchs in der Energieversorgung mit Effekten von – 36 beziehungsweise – 70 PJ eine eher untergeordnete Rolle.
In Summe zeigt diese Zerlegung, dass die Senkung des Primärenergieverbrauchs zu einem Großteil auf den Ausbau der erneuerbaren Energien zurückzuführen ist. Der Beitrag der Verbesserung im Bereich der Endenergieeffizienz zur Senkung des Primärenergieverbrauchs fällt demgegenüber deutlich geringer aus. Diese Wirkung der Erneuerbaren wird sich in Zukunft wahrscheinlich noch verstärken, da im Energiekonzept für den Anteil der erneuerbaren Energien am Brutto-Endenergieverbrauch ein Ziel von 18 % im Jahr 2020 und sogar 60 % für 2050 festgelegt wurde. Dieser Anteil lag im Jahr 2013 bei 12,6 % [9].
Klima- und Energiepolitik
Aus klimapolitischer Sicht war das Jahr 2015 sehr bedeutsam. Im Dezember ist es der internationalen Staatengemeinschaft auf den Klimaverhandlungen in Paris nach vielen Jahren gelungen, ein Nachfolgeabkommen zum Kyotoprotokoll zu verabschieden. Dieses Abkommen, das eigentlich schon 2009 in Kopenhagen erwartet worden war, bildet den Rahmen für den zukünftigen globalen Klimaschutz und seine nationale Umsetzung. In dem so genannten Pariser Abkommen einigten sich die Staaten darauf, den Temperaturanstieg auf unter 2 °C zu begrenzen. Für viele überraschend findet sich weiterhin der Verweis in dem Abkommen, dass Anstrengungen unternommen werden sollen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen. Zum Einhalten der Temperaturobergrenze sollen die globalen Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich abgesenkt werden mit dem Ziel, in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts einen Ausgleich zwischen anthropogenen Treibhausgasemissionen und Treibhausgassenken zu erzielen. Dies entspricht Netto-Nullemissionen noch vor dem Jahr 2100.
Um die Minderung der Treibhausgasemissionen voranzubringen, müssen Staaten zukünftig alle fünf Jahre so genannte „national festgelegte Beiträge“ vorlegen, in denen sie ihre Klimaschutzanstrengungen festhalten. Das Anspruchsniveau dieser Pläne soll dabei im Laufe der Zeit ansteigen. Ein „globaler Stocktake“ – wiederum alle fünf Jahre ab 2023 – soll überprüfen, zu welchen globalen Emissionsmengen die nationalen Pläne führen und wie dies mit der Erfüllung des 2-°C-Ziels übereinstimmt.
Neben der Festlegung des 2-°C-Ziels und den Rahmenbedingungen zu den Minderungsbeiträgen der Staaten beinhaltet das Pariser Abkommen Bausteine zur Einführung von flexiblen Markt- und Nichtmarktbasierten Mechanismen zur Erreichung der Minderungen, zur Transparenz, zu Anpassung und Technologietransfer, zu Finanzierung und zum Schutz der Wälder.
Die Verabschiedung des Abkommens von Paris ist ein klares Signal für die Fortsetzung von Klimaschutz in den nächsten Jahrzehnten. Es setzt dafür – mit allen Limitationen die ein derartiges Bottom-up-Abkommen ohne Festlegungen auf konkrete Ziele hat – einen langfristigen Rahmen. In den kommenden Jahren wird sich nun einerseits zeigen müssen, dass die Länder hinter dem Abkommen stehen und dieses ratifizieren. Andererseits ist klar, dass die im Vorfeld der Klimakonferenz eingereichten Minderungspläne der Staaten nicht ausreichend sind, um das 2-°C-Ziel zu erreichen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit an dieser Stelle eine klare Erhöhung des Ambitionsniveaus in den nächsten Jahren stattfinden wird, um damit das Ziel des Abkommens wirkungsvoll zu verfolgen.
Öko-Design und Labelling
Die Ökodesignrichtlinie (2009 / 125 / EG [10]) und die Richtlinie zur Energieverbrauchskennzeichnung (2010 / 30 / EU [11]) sind zwei zentrale Säulen zur Verbesserung der Energieeffizienz in Europa. Die Ökodesignrichtlinie erlaubt es der europäischen Politik, für bestimmte Produkte bzw. Produktgruppen europaweit bindende Umweltanforderungen zu stellen. Voraussetzung dafür ist, dass die entsprechenden Produkte in erheblicher Zahl auf den europäischen Markt gebracht werden und gleichzeitig eine deutliche Reduzierung ihrer Umweltauswirkungen in Aussicht steht. Bei der Betrachtung dieser Auswirkungen steht häufig der unmittelbare oder mittelbar verursachte Energieverbrauch im Vordergrund. Grundlage für die Formulierung von Anforderungen an die Umweltauswirkungen sind Vorstudien, in denen im Wesentlichen die Produkte abgegrenzt, die Markt- und Nutzungssituation analysiert, sowie technisch machbare und ökonomisch vorteilhafte Verbesserungspotenziale untersucht werden. Nach Abschluss der Studien folgt ein in der Regel mehrjähriger Konsultationsprozess, an dessen Ende üblicherweise die Verabschiedung von Umweltanforderungen steht. Häufig handelt es sich dabei um Mindestanforderungen, beispielsweise an den maximalen Energieverbrauch, oder um Selbstverpflichtungsvereinbarungen, durch die sich die Hersteller zur Erbringung bestimmter Verbesserungen verpflichten. Produkte, die durch die Ökodesignrichtlinie erfasst werden, dürfen nur noch in Verkehr gebracht werden, wenn sie die entsprechenden Anforderungen erfüllen. Bild 3 gibt einen Überblick über die derzeit im Rahmen der Ökodesignrichtlinie erfassten Produktgruppen.
Demgegenüber zielt die Richtlinie zur Energieverbrauchskennzeichnung darauf, Konsumenten durch einheitliche Informationen über den Ressourcenverbrauch von Produkten zu informieren. Die Energieverbrauchskennzeichnung wurde ursprünglich in den 1990er-Jahren mit den bekannten Energieklassen A bis G eingeführt. Um dem technologischen Fortschritt unter Beibehaltung des ursprünglichen Klassensystems Rechnung zu tragen, wurden seitdem über die Klasse A hinaus für verschiedene Produkte weitere Klassen A + bis A +++ eingeführt. Da die Richtlinie hauptsächlich auf Endverbraucher zielt, werden von ihr insbesondere Alltagsprodukte abgedeckt; die Anzahl der so abgedeckten Produkte ist gegenüber der Ökodesignrichtlinie kleiner.
Zu Beginn des vergangenen Jahres haben sich aus beiden Richtlinien einige Änderungen ergeben. Zum einen werden Händler ab 2015 verpflichtet, auch bei Online-Verkäufen künftig alle Energieverbrauchsklassen und nicht nur die für das Produkt relevante Klasse darzustellen. Dadurch soll für den Verbraucher die Orientierung innerhalb der Klassen vereinfacht werden. Daneben haben nun auch Dunstabzugshauben und Gasöfen eine Verbrauchskennzeichnung. Gleichzeitig sind Vorgaben zum Thema Stillstandsverbräuche bei Kaffeemaschinen sowie zu vernetzten Geräten in Kraft getreten. Durch Letzteres wird bei Geräten wie Modems, Netzwerkdruckern oder vernetzten Fernsehern ein reduzierter Verbrauch erwartet, der jährlichen Energiekosten von durchschnittlich 40 € je Haushalt entspricht [12].
In das Bewusstsein der Öffentlichkeit dürften die Richtlinien 2015 insbesondere durch die Diskussion um die Auslegung von Messtoleranzen bei Leuchtmitteln gelangt sein [13 bis 15]. Weniger in die Breite dürfte hingegen die Überprüfung der Energieverbrauchskennzeichnungsrichtlinie gedrungen sein. Im Juli 2015 hat die Europäische Kommission dazu ihren Überprüfungsbericht vorgelegt [16]. Laut Bericht sind die bestehenden Richtlinien zu Ökodesign und Energieverbrauchskennzeichnung effektive Instrumente für Energie- und Kosteneinsparungen. Sie tragen der Analyse zufolge bis 2020 rund ein Fünftel zum europäischen Energieeffizienzziel (20 % Einsparung gegenüber der Referenzentwicklung) bei. Gleichzeitig sparen Haushalte im Schnitt etwa 400 bis 500 € Energiekosten pro Jahr durch die Richtlinien. Allerdings wird auch festgehalten, dass Konsumenten durch die Verwendung der mehrfachen A-Klassen (A bis A +++) weniger motiviert sind, die effizientesten Produkte zu erwerben, und dass auch die verfügbare Spannbreite teilweise nicht mehr vollständig genutzt wird. So reicht im Fall von Waschmaschinen, Geschirrspülmaschinen und Gefriergeräten zwar die Klassifikation von A +++ bis D, aber es dürfen nur noch Produkte innerhalb der Klassen A + bis A +++ überhaupt auf den Markt gebracht werden. Daher hat die Kommission einen Überarbeitungsvorschlag für die Energieverbrauchskennzeichnung [17] vorgelegt, mit dem unter anderem eine Rückkehr zu den ursprünglichen Klassen A bis G angestrebt wird und gleichzeitig eine Stärkung der Marktüberwachung erreicht werden soll.
Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz
Mit dem Ende des Jahres 2014 beschlossenen „Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz“ (NAPE) hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Steigerung der Energieeffizienz vorgelegt [18].
Im Jahr 2015 wurde mit der Umsetzung einer Vielzahl von Maßnahmen begonnen. Ihre volle Wirkung werden diese jedoch erst im Laufe der nächsten Jahre entfalten. Zwei wesentliche Elemente für den Bereich der Industrie sind die Einführung verpflichtender Energieaudits für KMU und die Initiative zur Gründung von 500 Energieeffizienznetzwerken, die im weiteren Verlauf des Artikels detailliert beschrieben werden. Daneben stellt die Einführung wettbewerblicher Ausschreibungen für die Durchführung von Energieeffizienzprojekten im Strombereich ein wesentliches Element des Planes dar. Die organisatorischen Grundlagen für die Umsetzung wurden im Jahr 2015 gelegt, in diesem Jahr sollen nun die Ausschreibungen in größerem Umfang umgesetzt werden.
Im Bereich der energetischen Gebäudesanierung wurde die Einführung einer steuerlichen Förderung zu Gunsten eines weiteren Ausbaus der klassischen Förderinstrumente im „Anreizprogramm Energieeffizienz“ aus politischen Gründen aufgegeben.
Eine Übersicht des Standes der Maßnahmenumsetzung gibt das vom BMWi veröffentlichte NAPE-Meter (Bild 4).
Die meisten Maßnahmen wurden von politischer Seite erfolgreich umgesetzt. Inwieweit die angenommenen Einsparungen im Verlauf der nächsten Jahre tatsächlich erreicht werden, wird sich im Laufe der nächsten Jahre zeigen.
Rationelle Energieverwendung in Industrie, Gewerbe und Handel sowie im Dienstleistungssektor
Energieaudits
Die Steigerung der Energieeffizienz sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene ist eine der beiden zentralen Säulen für den Klimaschutz und die Energiewende. Mit einem Endenergieverbrauch von etwa 30 % kommt der Industrie für dieses Ziel eine wesentliche Rolle zu [19]. Als ein wichtiges Instrument für Unternehmen zur Steigerung ihrer Energieeffizienz haben sich in der Vergangenheit Energieaudits und Energiemanagementsysteme bewährt [20; 21]. Um dieses Instrumentarium weiterhin zu stärken, erließ die Europäische Kommission im Jahr 2012 im Rahmen des Artikel 8 der Energieeffizienzrichtlinie (EED) eine Energieauditpflicht für große Unternehmen (definiert als Nicht-KMU), die bis zum 5. Juni 2014 in nationales Recht überführt werden sollte (Art. 8 (1) EED). Darüber hinaus sind die Mitgliedsstaaten dazu angehalten, weitere Instrumente zur Förderung von Energieaudits und Energiemanagementsystemen in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) voranzutreiben (Art. 8 (2) EED).
Verpflichtende Energieaudits in großen Unternehmen
Deutschland ist seiner Umsetzungspflicht von Artikel 8 der EED in nationales Recht mit zeitlicher Verzögerung nachgekommen und änderte am 23. April 2015 das Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) [22]. Demnach sind alle großen Unternehmen, die kein KMU sind, bis zum 5. Dezember 2015 verpflichtet, ein Energieaudit durchzuführen und dieses alle vier Jahre ab dem Stichtag des letzten Energieaudits zu wiederholen. Die dreidimensionale Definition der EED zur Abgrenzung von großen Unternehmen basiert dabei primär auf der Anzahl der Mitarbeiter und sekundär auf zwei finanziellen Kennzahlen. Dementsprechend ist ein großes Unternehmen definiert als eines, dass mindestens 250 oder mehr Mitarbeiter beschäftigt. Falls das Unternehmen weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt, gilt es trotzdem als großes Unternehmen, wenn es mehr als 50 Mio. € Umsatz und mehr als 43 Mio. € Gewinn generiert (vgl. dazu auch [23], für einen KMU-Schnelltest in Deutschland vgl. [24]). Für die Berechnung der Schwellenwerte der drei genannten Kriterien für ein Nicht-KMU müssen ferner Verknüpfungen mit anderen Unternehmen in die Berechnung der Schwellenwerte hinzugezogen werden (für eine nähere Erläuterung des Verfahrens vgl. [25]). In Deutschland sind Betriebe mit vorwiegend hoheitlicher Tätigkeit von der Energieauditpflicht ausgenommen. Schätzungen der Bundesregierung gehen derzeit davon aus, dass in Deutschland etwa 50 000 Unternehmen von der Pflicht zur Durchführung eines Energieaudits betroffen sind [26].
Zur Erfüllung der Konformität besteht für betroffene Unternehmen neben der Durchführung eines alleinstehenden Energieaudits ebenso die Möglichkeit, das Energieaudit im Rahmen der Einführung eines Energiemanagementsystems oder im Rahmen der Teilnahme an einem Energieeffizienznetzwerk durchzuführen [25]. Aufgrund des erhöhten Aufwands zur Einführung eines Energiemanagementsystems ist die Frist der Nachweisführung für Unternehmen, die sich für die Möglichkeit eines Energiemanagementsystems entscheiden, bis zum 31. Dezember 2016 verlängert. In jedem Fall muss das Energieaudit nach den Vorgaben der Europäischen Norm DIN EN 16247 – Teil 1 verhältnismäßig und repräsentativ sein, das heißt mindestens 90 % des Gesamtenergieverbrauchs abdecken [25]. Mit Blick auf das Monitoring und die Kontrolle besteht für Unternehmen keine Pflicht, die Durchführung des Energieaudits proaktiv an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu melden. Vielmehr ist eine Stichprobenkontrolle bei rund 20 % der betroffenen Unternehmen geplant [25]. Falls jedoch das verpflichtende Energieaudit bis zum 5. Dezember 2015 nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig umgesetzt wurde, die Nicht-KMU-Eigenschaft geleugnet oder die angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt werden, können Bußgelder bis zu maximal 50 000 € verhängt werden [25].
Energieaudits und Energiemanagementsysteme in KMU
Die Bundesregierung förderte in Deutschland bereits in der Vergangenheit finanziell sowohl durch eine direkte Förderung als auch durch Steuererleichterungen Energieaudits und die Einführung von Energiemanagementsystemen in KMU (und auch großen Unternehmen). Mit Blick auf Steuererleichterungen können Unternehmen unter Maßgabe der Einführung eines Energiemanagementsystems beziehungsweise KMU mit der Durchführung eines Energieaudits Steuererstattungen im Rahmen des so genannten Spitzenausgleichs [27] beziehungsweise der Besonderen Ausgleichsregelung (§ 64 Abs. 1 Nr. EEG 2014) beantragen. Daneben bietet das BAFA Unternehmen eine finanzielle Förderung für ein Energieaudit im Rahmen der Energieberatung Mittelstand [28] sowie ebenfalls eine Förderung für die Einführung eines Energiemanagementsystems [29] 1).
Lernende Energieeffizienz-Netzwerke
Anfang Dezember 2014 wurde die „Initiative Energieeffizienz-Netzwerke“ ins Leben gerufen. Die Bundesregierung und 20 Wirtschaftsverbände unterzeichneten eine Vereinbarung über die Einführung von Energieeffizienz-Netzwerken mit dem Ziel, bis 2020 insgesamt 500 Energieeffizienz-Netzwerke zu gründen. Die angestrebte Energieeinsparung dieser Netzwerke beruht auf einer Hochrechnung der Ergebnisse aus dem Projekt „30 Pilot-Netzwerke“, in dem das Konzept der „Lernenden Energieeffizienz-Netzwerke“ (LEEN) anhand der gesammelten Erfahrungen mit knapp 400 teilnehmenden Betrieben weiterentwickelt wurde. Auf Basis dieser Erfahrungen geht die Regierung davon aus, dass die Initiierung und Durchführung von 500 zusätzlichen Netzwerken zu Einsparungen von bis zu 75 PJ Primärenergie bis zum Jahr 2020 führen kann. Ende 2015 wurde die Geschäftsstelle für diese Initiative eingerichtet, die von der Deutschen Energie-Agentur (dena) geleitet wird.
In einem Energieeffizienz-Netzwerk schließen sich Betriebe einer Region oder Branche zusammen, um zeit- und kosteneffizient gemeinsam ihre Energieeffizienz zu steigern und CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Teilnehmer tauschen ihre Erfahrungen aus, lernen voneinander und setzen sich ein gemeinsames Netzwerkziel zur Energieeinsparung und CO2-Reduktion. Um die Bildung der Netzwerke zu erleichtern und auch zögernde Betriebe anzusprechen, wurden die Mindeststandards für Netzwerke von der Initiative gegenüber den lernenden Energieeffizienz-Netzwerken abgesenkt (zum Beispiel Start bereits mit fünf teilnehmenden Betrieben, Mindestlaufzeit nur zwei Jahre). Auf Basis dieses Mindeststandards oder des LEEN-Standards initiieren verschiedene Akteure – wie die Unterzeichnerverbände, EVU / Stadtwerke, Wirtschaftsförderungen – Energieeffizienz-Netzwerke.
Das ursprünglich aus der Schweiz stammende LEEN-Konzept wurde 2002 erstmals auf Deutschland übertragen und seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Lernende Energieeffizienz-Netzwerke bauen auf einer strukturierten Potenzialanalyse anhand eines vorhandenen oder eines durchzuführenden Energieaudits (DIN EN 16247 / DIN ISO EN 50001 konform) auf und sichern – auch durch das obligatorische Monitoring – einen hohen Qualitätsstandard. Zu den entsprechenden arbeitserleichternden Tools wird der energietechnische Berater geschult. An einem Netzwerken nehmen zehn bis fünfzehn Betriebe teil, um einen ausreichenden Wissenspool und damit einen breiten, intensiven Austausch unter den Betrieben zu sichern. Eine gemeinsame Betriebsbegehung ist elementarer Bestandteil der drei bis vier Netzwerktreffen pro Jahr, da Anschauung und Diskussion vor Ort die Umsetzung im eigenen Betrieb erleichtern. Die Laufzeit eines Netzwerks ist auf mindestens drei Jahre festgelegt, um auch die Umsetzung aufwendiger Maßnahmen im Netzwerk zu begleiten sowie langfristige Kooperationen zu etablieren, die sich nach Zielerreichung neue Etappenziele setzen. Das Mari:e-Konzept wurde als angepasstes System für kleinere Betriebe mit Jahresenergiekosten zwischen 100 000 und 1 Mio. € entwickelt.
Trotz der Aktivitäten und Anstrengun-gen vonseiten der Bundesregierung, der Wirtschaftsverbände, dem Projekt LEEN100plus und anderen Akteuren konnten im Rahmen der Initiative im Jahr 2015 nur etwa 40 Energieeffizienz-Netzwerke gegründet werden. Eine hohe Auslastung der Personalressourcen potenzieller energietechnischer Berater, Netzwerkträger als auch potenziell teilnehmender Betriebe durch die verpflichtenden Energieaudits für große Unternehmen mit Frist zum 5. Dezember 2015 dürften bewirkt haben, dass bisher eine geringere Anzahl an Netzwerkinitiierungen erfolgt ist. Allerdings könnten nun diese Audits eine wesentliche Grundlage für Netzwerkinitiierungen im Jahr 2016 sein, denn die erstellten energetischen Berichte bieten eine ideale Startposition für Energieeffizienz-Netzwerke. In einem ersten Schritt auf einen annähernd gleichen Qualitätsstand gebracht, dienen diese Berichte als Basis für die Zielsetzung der teilnehmenden Betriebe und die gemeinsame Umsetzung der identifizierten Maßnahmen, das heißt für eine erfolgreiche Energieverbrauchs- und CO2-Emissionsreduktion. Um diese Potenziale für die Entstehung von Netzwerken zu nutzen, schildern die beiden nachfolgenden Abschnitte Erfahrungen mit der Initiierung der 30 Pilot-Netzwerke beziehungsweise im LEEN100plus-Projekt sowie mit der Weiterführung von Netzwerken.
Erfolgreiche Netzwerk-Initiation
Für die konkrete Initiierung eines Energieeffizienz-Netzwerks haben sich in der Vergangenheit folgende Herangehensweisen etabliert: So gelingt zunächst solchen Institutionen oder Personen leichter eine Initiierung, die bereits über gute (häufig persönliche) Kontakte zu potenziellen Teilnehmern verfügen. Sofern eine Initiierung durch eine Institution geplant ist, die über diese Kontakte nicht verfügt, bietet sich eine entsprechende Kooperation, beispielsweise mit Unternehmensnetzwerken oder auch Energieversorgern, an. Strategisch empfiehlt es sich, zunächst eine begrenzte Auswahl an Unternehmen anzusprechen und sich deren Teilnahme zu versichern. Hierbei ist es ratsam, zum einen solche anzusprechen, die etwa aufgrund früherer gemeinsamer Projekte mit hoher Wahrscheinlichkeit teilnehmen. Zum anderen sind solche zu adressieren, deren Teilnahme das Netzwerk für andere attraktiver macht, zum Beispiel weil das Unternehmen in der Region oder Branche eine herausragende Rolle spielt. Ein solcher feststehender Teilnehmerkreis unterstützt bei der Ansprache weiterer Teilnehmer.
Letztendlich ist für interessierte Firmen häufig der Kontakt zu früheren, erfolgreichen Teilnehmern an anderen Netzwerken überzeugend. Dieser kann im Rahmen einer Informationsveranstaltung für Interessierte oder auch durch die Herstellung eines persönlichen Kontakts ermöglicht werden. Unverzichtbar ist in der Entscheidungsphase aber häufig ein persönlicher Termin des Initiators – eventuell auch eines bereits feststehenden Mitglieds des Netzwerkteams (energietechnischer Berater oder Moderator) – vor Ort im potenziell teilnehmenden Betrieb. Insgesamt ist zur erfolgreichen Initiierung eines Netzwerks eine Zeitperiode von rund einem halben Jahr vorzusehen. Netzwerke, die sich über ein Jahr in der Initiationsphase befinden, kommen häufig nicht mehr zustande. Aufgrund der Dauer ist aber ein aktives Kontakthalten zu denjenigen wichtig, die sehr früh eine Zusage oder Absichtserklärung gegeben haben, um diese über die Zeit nicht zu verlieren.
Weiterführung von Netzwerken
Eine weitere spannende Phase der Netzwerkarbeit ist der Zeitpunkt, zu dem die vereinbarte Laufzeit zu Ende geht und sich die beteiligten Akteure und Betriebe Gedanken über die weitere Verankerung des Themas Energieeffizienz machen müssen. Die lernenden Energieeffizienz-Netzwerke des Projekts „30 Pilot-Netzwerke“ haben dies schon hinter sich und die Erfahrungen sind vielfältig. Erwartungsgemäß verabschiedet sich eine größere Anzahl an Betrieben aus der aktiven Netzwerkarbeit: Sei es, weil davon ausgegangen wird, die wichtigsten Potenziale seien bereits realisiert oder intern seien Prozesse ausreichend implementiert, um Potenziale zu heben; sei es, weil andere Prioritäten in den Mittelpunkt treten. Vielerorts besteht jedoch auch großes Interesse, die erfolgreiche Zusammenarbeit fortzusetzen. Wie dies konkret gestaltet wird, ist jedoch unterschiedlich. So gibt es zum einen Netzwerke, in denen neue Teilnehmer den Teilnehmerkreis erweitern. Insbesondere für diese Fälle haben sich Netzwerk-Modelle mit so genannten modularen Angeboten entwickelt: Energieaudit oder Monitoring sind optional, zum Beispiel nur für neue Betriebe im Netzwerk. Andere Netzwerk-Modelle beschränken sich ausschließlich auf gemeinsame Netzwerktreffen, während wieder andere wie bisher alle LEEN-Elemente (gemeinsame Zielsetzung, Netzwerktreffen, Energieaudit und Monitoring) umsetzen.
Bei allen Herangehensweisen bleibt das Netzwerktreffen zentraler Bestandteil. Nach Einschätzung von Netzwerkträgern und Moderatoren ist dieses das Element der Netzwerkarbeit, das von den Teilnehmern am meisten geschätzt wird. Nicht zuletzt spielt dabei die Arbeit des Moderators (intensive Kontaktpflege mit den Teilnehmern im Nachgang nach den Treffen, Feedback und Nachfrage, falls jemand nicht kommen konnte) eine sehr wichtige Rolle.
Rationelle Energieverwendung im Transportsektor
Der Verkehrssektor macht etwa 30 % des Primärenergieverbrauches der Bundesrepublik Deutschland aus [4]. Obwohl der spezifische Energieverbrauch im Personenverkehr seit 1990 kontinuierlich sinkt, ist der Energieverbrauch über die Jahre durch das erhöhte Verkehrsaufkommen praktisch konstant geblieben. Zur Steigerung der Energieeffizienz sowie zur Reduktion der verkehrsbedingten CO2-Emissionen ist eine Reihe politischer Maßnahmen in Kraft getreten. Innerhalb der Europäischen Union ist für Pkw insbesondere die Verordnung zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen (EG 443 / 2009) für die nächsten Jahre zentral [30]. Die Hersteller von Pkw sind verpflichtet, den Durchschnitt der CO2-Emissionen ihrer verkauften Fahrzeuge bis 2015 auf 130 g CO2/km und bis 2021 auf 95 g CO2/km zu verringern [31; 32]. Dieser Zielwert war in offiziellen Messungen bereits 2014 erreicht [33]. Allerdings gibt es inzwischen erhebliche Abweichungen zwischen den nominalen CO2-Emissionen gemäß dem Testzyklus und den realen CO2-Emissionen und Energieverbräuchen von Pkw [34]. Mit neuen Daten konnten diese Ergebnisse bestätigt werden, und die Abweichung scheint in den Jahren 2014 und 2015 weiter gewachsen zu sein [35]. Über alle Daten hinweg ergibt sich eine mittlere Abweichung von rund 38 % zwischen Real- und Normverbrauch. Die Europäische Gesetzgebung hat auf die wachsende Abweichung zwischen Zyklus- und Realverbrauch reagiert und die Prüfung eines neuen Testzyklus bis 2017 angekündigt [34].
Zur langfristig weiteren Senkung der Treibhausgasemissionen in Deutschland um 80 % oder mehr gegenüber 1990 muss der erdgebundene Verkehr fast CO2-neutral werden [36]. Für den Pkw-Verkehr stellen ganz oder teilweise Batterie betriebene Elektrofahrzeuge eine realistische Option zur Erreichung der CO2-Neutralität dar, sofern Strom aus CO2-neutralen Quellen zum Laden der Fahrzeuge verwendet wird [37]. Für den Lkw-Verkehr hingegen, insbesondere der Fernverkehr, kommen Batterien als zentrale Energiespeicher aufgrund der erforderlichen Reichweiten und der gravimetrischen und volumetrischen Energiedichten nicht in Frage. Das Problem wird durch das prognostizierte Wachstum der Güterverkehrsleistung über die nächsten Jahrzehnte verschärft [38].
Derzeit wird eine Reihe von alternativen Kraftstoffen oder alternativen Antriebssystemen für den Lkw-Verkehr diskutiert, und einige der Konzepte befinden sich derzeit in Erprobung. Zum einen können flüssige oder gasförmige CO2-neutrale Kraftstoffe eingesetzt werden. Dafür kann erneuerbarer Strom über Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt, der mittels Brennstoffzellen und Elektromotoren direkt für den Fahrzeugantrieb verwendet oder in andere Gase wie Methan oder flüssige Kraftstoffe umgewandelt wird (Power-to-Liquid). Alternativ werden Biokraftstoffe als CO2-neutrale Kraftstoffe diskutiert. Allerdings stehen Biokraftstoffe aus landwirtschaftlicher Anbau- oder Abfallbiomasse (1. Generation) nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung [39], und auch Biokraftstoffe auf Basis von Waldholz oder schnellwachsender Biomasse (2. Generation) sind in ihrer Menge begrenzt, so dass sie vermutlich vordringlich für den Flug- und Schiffsverkehr eingesetzt werden [39]. Bei Biokraftstoffen auf Algenbasis (3. Generation) besteht derzeit noch Forschungsbedarf [40; 41]. Alternativ kann Strom direkt für den Antrieb von Lkw im Fernverkehr verwendet werden. Technisch sind hierfür neben Oberleitungssystemen [42 bis 45] auch induktives Laden während der Fahrt oder mittels Schleifkontakten in der Fahrbahn möglich. Letztere werden derzeit beispielsweise in Schweden erprobt [46]. Die verschiedenen Optionen stehen dabei in Konkurrenz zueinander oder können sich in verschiedenen Segmenten ergänzen. Allen gemein ist ein Handlungsbedarf zur technologischen Förderung beziehungsweise dem Aufbau von Infrastruktur.
Lkw werden heute fast ausschließlich als Dieselfahrzeuge angeboten. Bei den alternativen Kraftstoffen und Antriebssystemen ist die gravimetrische und volumetrische Energiedichte deutlich unterschiedlich. Dies begrenzt zum einen die abdeckbare Reichweite und hat zum anderen einen deutlich Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit, wenn hierdurch eine Volumen- und Gewichtsbeschränkung der Zuladung erfolgt. Deshalb ist es sinnvoll, bei den Lkw eine Differenzierung aufgrund des zulässigen Gesamtgewichtes sowie den Einsatzzwecken (Fernverkehr und Regionalverkehr) vorzunehmen. Die interessanteste Gewichtsklasse sind die Sattelzugmaschinen und die Lkw mit 12 bis 26 t zulässigem Gesamtgewicht, da sie heute – und nach Prognosen künftig weiter steigend [41] – mit Abstand den größten Teil der Treibhausgasemissionen im Lkw-Verkehr zu verantworten haben (etwa 20 Mio. t CO2/a). Hier steht die Biomasseoption in Konkurrenz zu Power-to-Liquid und den Hybridoberleitungs-Lkw. Mengenmäßig interessant ist weiterhin die Klasse der leichten Nutzfahrzeuge (bis 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht), für die Elektromobilität sowie Wasserstoffbrennstoffzellen neben den Biomasse- und den Power-to-Liquid-Optionen im Mittelpunkt der Betrachtung der Studie stehen sollen. Die Größenklasse von 3,5 bis 7,5 t zulässiges Gesamtgewicht verliert derzeit wegen der geänderten Führerscheine an Relevanz, und in der Größenklasse von 7,5 bis 12 t zulässigem Gesamtgewicht sind die Fahrzeugtypen und Einsatzzwecke sehr heterogen, so dass keine einfachen Aussagen möglich sind.
Trend 2016
Aus Sicht der rationellen Energieverwendung wird das Jahr 2016 weiter stark von der Umsetzung des „Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz“ (NAPE) geprägt werden. Nach der flächendeckenden Umsetzung der ersten Runde der verpflichtenden Energieaudits für große Unternehmen wird sich zeigen, inwiefern die Unternehmen nun an die Umsetzung der identifizierten Einsparmaßnahmen herangehen. Auch die Initiative zur Einrichtung von 500 Energieeffizienznetzwerken wird weiter an Dynamik gewinnen und zur Gründung weiterer Netzwerke führen. Spannend und auch international viel beobachtet, werden der Erfolg und die Ergebnisse der ersten Runden der wettbewerblichen Ausschreibungen werden. Bei diesem neuen Instrument ergeben sich für viele Akteure am Energiedienstleistungsmarkt neue Chancen zur Entwicklung innovativer Produkte.
1) Dies gilt jeweils nur, sofern das beantragende Unternehmen nicht der Energieauditpflicht gemäß EDL-G unterliegt oder bereits eine Steuererleichterung gemäß Spitzenausgleich oder besonderer Ausgleichsregelung in Anspruch nimmt.
Literatur
Die Literaturstellen zu dieser Jahresübersicht sind auf der BWK-Homepage über den Menüpunkt „Literaturverzeichnisse“ aufrufbar.
Dr.-Ing. Clemens Rohde, Dr. Patrick Plötz, Dr. Sibylle Braungardt, Dr. Vicki Duscha, Dr. Tobias Fleiter, Dr. Simon Hirzel, Katharina Mattes, Ursula Mielicke, Lisa Nabitz, Matthias Reuter, Dr. Barbara Schlomann, alle Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI, Karlsruhe.
Farikha Idrissova, Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien GmbH (IREES), Karlsruhe.