„Renovation Wave“ wiederbeleben
Das Potential für mehr Energieeffizienz ist riesig. Dennoch gibt es nur geringe Fortschritte. Wo es klemmt und wie es vorwärts gehen könnte, zeigte ein Parlamentarischer Abend in Berlin auf.
Carsten Müller, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorstandsvorsitzender der DENEFF (Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz), ist besorgt. „Es wird langsam echt knirsch, die Klimaziele noch zu erreichen. Die zu geringen Effizienzfortschritte machen Bevölkerung und Wirtschaft durch unnötig hohe Energiekosten zunehmend zu schaffen“, erklärte er zum Auftakt des Parlamentarischen Abend des Branchenverbands am Dienstag dieser Woche (26.09.).
Müller beklagte ein Zurückrudern bei der Energieeffizienz und verwies auf die schlechte Stimmung in der Branche. Denn die jährliche energetische Sanierungsrate von Gebäuden ist auf einen Tiefstand von unter einem Prozent gefallen, verknüpft mit einem Konjunktureinbruch im Bau. „Leider ist die Renovation Wave verebbt“, beklagte er. Gleichzeitig wies er im Hinblick auf die kontroverse Diskussion über Energiestandards darauf hin, dass man Gebäude auch ohne hohen finanziellen Aufwand gut energetisch sanieren kann.
Deutschland nur noch Mittelmaß
Deutschland sei bei der Sanierungsrate innerhalb der EU stark zurückgefallen, weit hinter Länder wie Dänemark, Irland, Estland oder den Niederlanden, beklagte Müller. Nun gelte es auch hierzulande die nötige Trendwende einzuleiten Dies erfordere „neue und an manchen Stellen auch harte Weichenstellungen“. Allerdings dürfe der Blick auf „das Mach- und Zumutbare, vor allem aber auf das Möglichmachen“, nicht verloren gehen.
Vizekanzler Robert Habeck griff diesen Ball bei der DENEFF-Veranstaltung auf. Politisch sei der Klimaschutz stark unter Druck geraten, „der Veränderungswille beschränkt“ und höhere Preise politisch kaum durchsetzbar, räumte er ein. Dazu kämen „viel lähmende Bürokratie“ und rechtliche Hürden. Hier gelte es anzusetzen, also Genehmigungsverfahren beschleunigen und verschlanken, auch um das serielle Sanieren und Bauen voranzubringen. So sei es beispielsweise unnötig, dass bei einer Dachstuhlsanierung im Kombipack mit der Installation einer Solaranlage eine neue Genehmigung nötig sei.
Umsetzung bereits beschlossener Regelungen angehen
„Alles, was bisher ein bis zwei Jahre lang geprüft und genehmigt wurde, sollte künftig in drei bis vier Monaten geplant und umgesetzt werden können“, so Habeck. Primär müsse es nun darum gehen, „nicht noch die nächste Vorschrift zu erlassen“, sondern darauf hinzuwirken, dass „die Dinge einfacher, günstiger umgesetzt werden können“ und Prozesse zu verschlanken. Im Fokus müsse nun die Umsetzung von bereits beschlossenen Regelungen und Gesetzen zur Energieeffizienz stehen. Als Chance sieht Habeck die kommunale Wärmeplanung.
Kritisch beurteilt Habeck auch die Einführung neuer Berichts- und Monitoringpflichten. Zudem gelte es, auch soziale Aspekte zu beachten und die Anforderungen an die am schlechtesten gedämmten Gebäude, wo die sozial schwächsten wohnten, nicht zu hoch zu schrauben. Auch der SPD-Energiepolitiker Timon Gremmels wies darauf hin, dass energetische Mindeststandards bezahlbar bleiben müssten und eine schnelle und preiswerte Sanierung nicht behindern dürften. Dazu komme das Nadelöhr beim qualifizierten Fachhandwerk. Andererseits müsse es auch darum gehen, die europäischen Vorgaben umzusetzen und das Bewusstsein über die Notwendigkeit des Energiesparens wach zu halten.
Beratungsangebote besser kommunizieren
Weniger Berichtspflichten, mehr Anreize, höhere CO2-Preise bei gleichzeitiger sozialer Kompensation, so die Botschaft von Andreas Jung, Sprecher für Klimaschutz und Energie der Unionsfraktion im Bundestag. Über eine „Boosterförderung“ (incl. steuerliche Förderung) der Energieeffizienz könne man auch mehr Planungssicherheit schaffen, so der CDU-Fraktionsvize. Ob dies im Einklang mit Forderungen der Union steht, viele Regelungen im Bereich Energieeffizienz und Klimaschutz wieder den Prüfstand zu stellen, blieb bei dem Parlamentarischen Abend offen – ebenso, ob die Union entsprechende zusätzliche Ausgaben absegnen würde.
Auf einen Instrumentenmix für mehr Energieeffizienz setzt Julia Verlinden, Klima- und Energiepolitikerin der Grünen Bundestagsfraktion. Zudem müsse es darum gehen, nicht die falschen Technologien zu subventionieren und die Beratung zu den Menschen zu bringen. So sei beispielsweise das Angebot der Erstellung eines Gebäudesanierungsfahrplans vielfach noch unbekannt. Um die Energieeffizienz voranzubringen, sei es zudem entscheidend, Energie nicht pauschal zu subventionieren, so die Fraktionsvize der Grünen.