Small Modular Reaktor: Premiere geplatzt
Mini-Reaktoren sollten bei der Dekarbonisierung helfen. Jetzt ist das erste Projekt in den USA gescheitert, weil die Kosten aus dem Ruder liefen. Projekte in Rumänien und Südkorea werden weiter verfolgt.
Spätestens 2020 sollten sechs Kraftwerksblöcke mit einer Leistung von jeweils 77 MW auf dem Gelände des Idaho National Laboratory (INL) in Idaho Falls, Idaho, USA, Strom für diverse regionale Versorger produzieren. Die Abnehmer in der Organisation Utah Associated Municipal Power Systems und der Hersteller der Reaktoren, die NuScale Power Corporation (NuScale) in Portland im US-Bundesstaat Oregon, beendeten jetzt die Planung.
Der Grund sind gestiegene Stromgestehungskosten. Anfangs sollte die Megawattstunde noch 55 US-$ kosten, zuletzt waren es 89 US-$. Wind- und Solarstrom sind preiswerter, allerdings im Gegensatz zur Kernenergie wetterabhängig. Lücken aufgrund von Flaute oder fehlendem Sonnenschein müssen bisher meist konventionelle Kraftwerke überbrücken.
Simulatoren sind schon in Betrieb
John Hopkins, CEO des Reaktorbauers, sieht in der Stornierung des Vorhabens noch nicht das Ende seiner Anlagen. Je ein Projekt in Rumänien und Südkorea würden weiter verfolgt. In Südkorea ging kürzlich ein Simulator für ein NuScale-Kraftwerk mit zwölf Blöcken in Betrieb. Es dient der Ausbildung von Personal für die Bedienung der Anlagen, wenn sie gebaut worden sind, wovon Professor Eung Soo Kim, Leiter der Abteilung für Nukleartechnik an der Seoul National University (SNU) ausgeht, unter dessen Regie das Simulationszentrum betrieben wird.
Nuklearstrom für Rechenzentren?
Eine weitere Simulationsanlage wird bereits in Rumänien betrieben. Auch dort werden Reaktortechnikerinnen und -techniker ausgebildet – Rumänien will seinen nuklearen Kraftwerkspark, der derzeit aus zwei Anlagen in Cernavoda mit einer Leistung von rund 1 400 MW besteht, unter anderem durch NuScale-Kraftwerke erweitern.
Hopkins gibt sich zudem sicher, dass ein Vorhaben mit dem Rechenzentren-Dienstleister Standard Power, NuScale-Anlagen mit einer Listung von insgesamt 2 GW für die Versorgung von Rechenzentren in Pennsylvania, USA, zu bauen, „auf dem richtigen Weg ist“. Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) und der Handel mit Kryptowährungen sorgen für einen starken und anhaltenden Anstieg des Strombedarfs. Eine CO2-freie Erzeugung werde immer wichtiger. Kernenergie sei hier eine Option.
Kostenvorteil hat sich nicht bewahrheitet
Der Small Modular Reaktor (SMR) von NuScale ist der einzige seiner Größe, der von der Nuclear Regulatory Commission eine Genehmigung besitzt. Anders als bei Großanlagen mit einer Leistung von heute gut 1 600 MW werden die nuklearen Komponenten von SMR komplett in der Fabrik hergestellt und montiert, nicht auf der Baustelle. Das soll die Kosten senken und Überraschungen etwa durch das Wetter vermeiden. Mit der Kostensenkung hat es zumindest bei der Premiere offensichtlich nicht geklappt.
Die fertig montierte Anlage wird per Tieflader oder Schiff zum Aufstellungsort transportiert. Dort werden dann die nicht-nuklearen Komponenten angeschlossen wie Turbogenerator und Leitstand, von dem aus die Anlage bedient wird. Befürworter der SMR sagen, dass weniger neue Stromleitungen gebaut werden müssen, wenn die kleinen Stromerzeuger in der Nähe von Verbrauchern platziert werden, die den gesamten Strom abnehmen.
Zu schön um wahr zu sein?
Das US-Energieministerium hatte das Projekt seit 2020 mit insgesamt 232 Mio. US-$ gefördert. Weitere 1,2 Mrd. US-$ hätten bis zur Fertigstellung folgen sollen. Das Scheitern des Utah-Projekts zeige, dass die Behauptung falsch sei, SMRs seien billiger, sagte David Schlissel vom Institute for Energy Economics and Financial Analysis dem Branchenmedium Energy Wire. „Wenn etwas so klingt, als wäre es zu schön um wahr zu sein, dann ist es das vermutlich auch.“