Weltatlas für Wasserstoff-Produzenten
Fraunhofer-Forschende haben die Regionen ermittelt, an denen es sich lohnt, Wasserstoff zu produzieren. Er lässt sich in Kraft- und Treibstoffe, synthetisches Erdgas umwandeln oder direkt zur Stromerzeugung nutzen, um Flauten zu überbrücken.
Wenn alle technisch und wirtschaftlich geeigneten Standorte in der Welt genutzt würden, um grünen Wasserstoff aus Solar- und Windstrom zu erzeugen, kämen pro Jahr 69.000 TWh zusammen. Das entspricht rund 40 % des Weltenergiebedarfs. Rechnet man die potenziell zur Verfügung stehenden Mengen nach dem heutigen Anteil an der Weltbevölkerung auf Deutschland herunter, stünden 770 TWh Wasserstoff beziehungsweise 640 TWh flüssige Brenn- und Treibstoffe zur Verfügung, die aus Wasserstoff und Kohlendioxid aus der Luft hergestellt werden können. „Das genügt, um den verbleibenden Brenn- und Kraftstoffbedarf zu decken – vorausgesetzt, Energieeffizienz und direkte Stromnutzung haben jederzeit absoluten Vorrang“, sagt Norman Gerhardt, Gruppenleiter Energiewirtschaft und Systemanalyse am Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik in Kassel, der gemeinsam mit einem Team einen interaktiven Weltatlas entwickelt hat, auf dem alle möglichen Standorte verzeichnet sind.
Wasserstoff: Lösungen für den Verkehr im Vordergrund
PtX-Atlas (PtX heißt Power-to-X, wobei Power für Ökostrom und X für flüssige und gasförmige Brenn- und Kraftstoffe sowie Wärme steht) heißt er, weil er im Rahmen des vom Bundesumweltministerium geförderten Projekts DeVKopSys entstanden. Es soll vor allem Lösungen für den Verkehrssektor finden, damit etwa Flugzeuge, Schiffe und Lkw emissionsarm unterwegs sein können. Eine direkte Nutzung des Wasserstoffs etwa zur Stromerzeugung ist natürlich auch möglich.
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Die Bewertung der technischen und ökonomischen Potenziale basiert auf umfangreichen Analysen beispielsweise von Flächenverfügbarkeit und Wetterbedingungen. Auch Faktoren wie die lokale Verfügbarkeit von Wasser, das für die Elektrolyse zur Wasserstoffherstellung nötig ist, der Naturschutz, die Investitionssicherheit und die Transportkosten haben die Forschenden berücksichtigt. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass an Standorten mit großem Windangebot, eventuell mit zusätzlich hoher Sonneneinstrahlung, Wasserstoff beziehungsweise PtX am kostengünstigsten produziert werden kann. Der Atlas zeigt auch, dass es meist billiger ist, den Wasserstoff an Ort und Stelle in die gewünschten Produkte umzuwandeln, weil diese kostengünstiger zu transportieren sind als das Gas.
Deutschland wird zum Wasserstoff-Importeur
Auf grünem Wasserstoff ruhen große Hoffnungen. Der Energieträger, der mit Wind- und Solarstrom emissionsfrei hergestellt werden kann, lässt sich in flüssige Treibstoffe wie Diesel, Benzin und Kerosin, in Methan und in Wärme umwandeln. Wenn Deutschland sich zu einer Wasserstoffwirtschaft entschließt muss der größte Teil des energiereichen Gases importiert werden. Es würde unter anderem genutzt, um Gas- und Dampfkraftwerke zur Stromerzeugung zu versorgen, wenn einheimische Windgeneratoren und Solarkraftwerke nicht genügend Strom liefern.
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Europanah haben Russland, Ägypten, Libyen und Saudi-Arabien die höchsten Potenziale. Von dort aus könnte verflüssigter Wasserstoff nach Europa geliefert werden, weil die Entfernungen relativ klein sind. Dieser könnte in umgebauten Flüssig-Erdgasterminals angelandet werden, etwa im belgischen Zeebrugge, das seit kurzem per Pipeline, Zeelink genannt, mit Nordrhein-Westfalen verbunden ist.
Auch Transportkosten sind abrufbar
„Mit dem Atlas können Interessenten unter anderem die für PtX in Frage kommenden Flächen, die dort erreichbaren Volllaststunden und möglichen Erzeugungsmengen, die jeweiligen Gestehungskosten für die verschiedenen PtX-Energieträger sowie die Kosten für deren Transport nach Europa abrufen“, sagt Maximilian Pfennig vom IEE, der den PtX-Atlas maßgeblich entwickelt hat. Dieser ist vom 1. Juni an hier zu finden: https://devkopsys.de/ptx-atlas/.
Angesichts der 69.100 TWh, die sich mit Wind- und Solarmengen einfangen lassen, nehmen sich die Verbräuche der weltweiten Luftfahrt mit 6700 TWh und des Schiffsverkehrs mit 4500 TWh in Form von synthetischem Kerosin beziehungsweise Diesel bescheiden aus. Diese beiden Sektoren lassen sich neben schweren Lkw am schlechtesten elektrifizieren. Mit synthetischen Treibstoffen wären sie jedoch zumindest klimaneutral.