50Hertz investiert Milliarden in neue Stromkabel
Der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz investiert in den kommenden Jahren 4,6 Mrd. € in leistungsstarke Stromleitungen. Das Unternehmen schloss mit europäischen Herstellern Verträge für tausende Kilometer zusätzlicher See- und Landkabel ab.
Die Vergabe umfasst vier Offshore-Netzanbindungen in der Nord- und Ostsee und drei Höchstspannung-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ) an Land mit einer Länge von 3500 km. Dazu kommen Rahmenverträge mit einer Option auf weitere 2700 km. Die Aufträge mit einem Volumen von 4,6 Mrd. € gehen an das dänische Unternehmen NKT sowie an Prysmian Power Link (Italien). Engineering, Produktion und Installation der jetzt beauftragten Kabelsysteme soll 2025 beginnen und Mitte der 2030er Jahre mit der vollständigen Inbetriebnahme abgeschlossen sein.
Unter anderem sollen mit den zusätzlichen Leitungen neue Windparks vor Rügen, das deutsch-dänische Offshore Projekt „Bornholm Energy Island“ sowie Offshore-Windparks in der Nordsee ins Netz eingebunden werden. Landseitig soll etwa die Hochspannungsleitung für Gleichstrom zwischen Pöschendorf (Schleswig-Holstein) und Klein-Rogahn bei Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) gebaut werden. Eine weitere HGÜ soll im Rahmen des SüdOstLink + (SOL +) zwischen Klein-Rogahn und Wolmirstedt bei Magdeburg (Sachsen-Anhalt) entstehen.
Netzausbau nimmt Fahrt auf
Laut Stefan Kapferer, CEO von 50Hertz, ist dies die größte Einzelinvestition in der Geschichte des ostdeutschen Übertragungsnetzbetreibers (ÜNB). „Mit diesen Verträgen schaffen wir eine wichtige Voraussetzung, damit Deutschland das Ziel Klimaneutralität bis 2045 erreichen kann“, sagte Kapferer bei einer Pressekonferenz in Berlin. Denn leistungsstarke Stromleitungen – ob als Kabel im Meeresgrund, als Erdkabel an Land oder als Freileitung – seien das Rückgrat der Energiewende.
Der Netzausbau habe mittlerweile deutlich an Fahrt aufgenommen „Wir haben derzeit so viele Baustellen bei laufendem Betrieb wie nie zuvor“, unterstrich Kapferer. Während vor ein, zwei Jahren noch die schleppenden Genehmigungen das Haupthindernis gewesen sei, seien mittlerweile allerdings die fehlenden Arbeitskräfte und die langen Lieferzeiten für Komponenten und Materialien Nadelöhre.
Man stehe hier angesichts der weltweiten Aktivitäten im Bereich der Energiewende in einem globalen Wettbewerb, dies gelte auch für Kabel. Umso wichtiger sei die langfristige vertragliche Sicherung durch den aktuellen Vertragsabschluss. Denn wenn man derzeit im größeren Stil auf dem Markt Kabel beschaffen wolle, bekomme man die normalerweise erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts, Konverter-Stationen für Windparks erst Anfang des kommenden Jahrzehnts, so Kapferer.
Wichtiger Aspekt Nachhaltigkeit
Ein wichtiger Aspekt der Zusammenarbeit mit NKT und Prysmian seien auch Nachhaltigkeitsaspekte, unterstrich der 50Hertz-Chef. So fertigten beide Unternehmen größtenteils in Europa und seien führend im Bereich der Hochleistungs-Gleichstromkabel mit einer Spannungsebene von 525 kV. Diese Technologie gilt als besonders effizient für die (Wind)Stromübertragung über lange Distanzen sowie bei fluktuierender Erzeugung.
Die NKT-Kabel werden in Köln und in Schweden gefertigt, unter Einsatz von 100 % erneuerbarem Strom, so NKT-CEO Claes Westerlind. Der Großteil der verwendeten Materialien und Rohstoffe stamme aus Europa und man sei dabei, die Produktion noch weiter zu regionalisieren, berichtete Hakan Ozmen, CEO von Prysmian Power Link.
Kosten weiter senken
Kapferer verwies gleichzeitig auf die enormen finanziellen Herausforderungen, die Energiewende-Ziele zu erreichen. Hierfür seien allein im Bereich der Netzinfrastruktur in den kommenden 15 Jahren Investitionen von mehreren hundert Mrd. € nötig. „Wir werden diese Investitionen nur schultern mit einer Verlässlichkeit der Politik und der Akzeptanz der Bürger“, betonte er. Hierzu zähle auch die Akzeptanz für die Finanzierung. Denn die Kosten müssten schließlich absehbar von den Stromkunden gegenfinanziert werden.
Umso wichtiger sei deshalb auch, die Kosten der Energiewende und den Netzausbau zu senken und effizienter zu gestalten, erklärte Kapferer. Hierbei sieht er auch noch Luft bei kostentreibenden Genehmigungsauflagen wie beispielsweise archäologischen Begleituntersuchungen für den Trassenbau oder das erforderliche barrierefreie Einreichen von Unterlagen.