Auf künstlichen Seen ist noch viel Platz
In Deutschland könnten schwimmende Solarkraftwerke mit einer Spitzenleistung von 2,5 Gigawatt installiert werden. Würden Vorschriften geändert wäre es noch viel mehr.
Der Platz für große neue Solarkraftwerke und Windparks wird in Deutschland langsam knapp. Naturschutz steht der Umwidmung von Flächen oft im Weg, ebenso landwirtschaftliche Interessen, die auch die der Allgemeinheit sind. Und Wölfe, wie viele auch immer, sollen ja auch leben, meine manche. Und die brauchen Platz.
Spitzenleistung liegt schon bei 85 GW(peak)
Obwohl die Photovoltaik (PV)-Spitzenleistung bereits bei fast 85 GW(peak) liegt, Deutschlands Bedarf in Sonnenzeiten also zu mehr als 100 % gedeckt werden kann, soll auch unter weniger günstigen Bedingungen eine Volleinspeisung erreicht werden, um dem Ziel Netto-Null in der Stromversorgung näher zu kommen. Immerhin ließe sich die Gesamtleistung um fast 3 % erhöhen, ohne dass auch nur ein einziger Quadratmeter Land geopfert werden müsste. Bagger- und andere künstliche Seen bieten genug Platz. Das ergab eine Untersuchung des Stromerzeugers RWE in Essen und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. 2,5 % ließen sich dort installieren.
Bis zu 45 GW(peak) sind drin
Das rein technische Potenzial aller künstlicher Seen ab 1 ha Mindestgröße sei mit mindestens 14 GW(peak) bei einer 15-prozentigen Gewässerabdeckung sowie 20 m Randstreifen sogar noch deutlich größer, so Karolina Baltins, Leiterin des Themenfelds Schwimmende Photovoltaik am Fraunhofer ISE. Und wären 35 % Abdeckung erlaubt, stiege das technische Potenzial auf bis zu 45 GW(peak). Derzeit dürfen nur 15 % eines Gewässers mit Photovoltaik bedeckt werden.
Enge rechtliche Grenzen
Existierende Solaranlagen auf Gewässern in Deutschland haben eine Spitzenleistung von 21 MW(peak). Weitere 62 MW(peak) sind im Genehmigungsverfahren oder bereits im Bau. Die Forschenden analysierten künstliche Gewässerflächen in Bezug auf die technische Umsetzbarkeit der schwimmenden Kraftwerke, sogenannter Floating-PV-Anlagen, sowie der Einhaltung von Vorgaben im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und im Wasserhaushaltsgesetz. Diese besagen, dass in Deutschland maximal 15 % einer Gewässeroberfläche mit Solaranlagen bedeckt werden dürfen und ein Abstand zum Ufer von mindestens 40 m eingehalten werden muss. Zudem kamen nur Gewässer in Betracht, die nicht in Naturschutzgebieten oder Biosphärenreservaten liegen, und – um die Wirtschaftlichkeit der Anlagen zu garantieren – nicht weiter als 5 km von Einspeisepunkten ins Mittelspannungsnetz entfernt sind.
Platz auf 6 043 Seen
In Deutschland gibt es 6 043 künstliche Seen mit einer Größe von mindestens 1 ha, die gemeinsam eine Fläche von über 90 000 ha haben. Die meisten von ihnen liegen in Sachsen und Baden-Württemberg.
Bei etwa 70 % handelt es sich um Kiesgruben. Daneben untersuchten die Studienautorinnen und -autoren Stauseen, Rückhaltebecken, Talsperren und wassergefüllte Bergbaurestlöcher.
Zusätzliche Flächen in Braunkohlerevieren
Die Mitarbeitenden von RWE und Fraunhofer ISE nutzten zur Erfassung der Flächen Geoinformationssysteme, die eine räumliche Analyse der einzelnen Gewässer ermöglichen. Die Potenziale der neu entstehenden Gewässerflächen in den Braunkohlerevieren wie beispielsweise dem Lausitzer oder Mittelrheinischen Gebiet wurden in der Studie nicht berücksichtigt. Diese besonders großen Seen bilden weitere potenzielle Wasserflächen für schwimmende Solaranlagen.
Schwimmende Kraftwerke leisten mehr
Schwimmende PV-Anlagen produzieren, verglichen mit Kraftwerken an Land, mehr Strom, weil allein die unmittelbare Nähe des Wassers kühlende Wirkung hat. Vor allem Solarzellen auf Siliziumbasis sind effektiver, je kühler sie sind. Das macht bis zu 10 % aus.
In Deutschland am aktivsten in diesem Bereich ist BayWa r.e. in München. Das Unternehmen hat bereits Floating-PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 200 MW(peak) errichtet, allerdings nur wenige in Deutschland. Die Niederlande sind hier aufgeschlossener. Dazu gehört der Standort Sellingerbeetse in den Niederlanden, mit 41,4 MW(peak) die drittgrößte Anlage dieser Art außerhalb von Asien.