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Windenergienutzung 16.09.2024, 12:45 Uhr

Beim Windenergieausbau ist Deutschland Europameister

Deutschland nimmt eine zentrale Rolle in der europäischen Windenergiebranche ein und ist in Sachen Windenergieausbau 2024 der Spitzenreiter im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie des Branchenverbands WindEurope.

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Deutschland macht Tempo beim Windenergieausbau.

Foto: PantherMedia / Oliver Cramm

Im ersten Halbjahr 2024 installierte Deutschland mit 1,7 GW die meisten neuen Windkraftkapazitäten in Europa, was etwa 27 % aller neuen Windkraftinstallationen in Europa entspricht. Deutschland führt in Europa sowohl bei der Installation von Onshore- als auch Offshore-Windkraftkapazitäten. Von den 1,7 GW neuer Kapazitäten im ersten Halbjahr 2024 entfielen 1,3 GW auf Onshore-Wind, das waren 77 % der gesamten deutschen Neuinstallationen. Offshore wurden 386 MW hinzugefügt, was auf die Netzanbindung von zwei großen Offshore-Windparks Baltic Eagle und Gode Wind 3 zurückzuführen ist. Damit verstärkt Deutschland seine Offshore-Aktivitäten.

Der deutsche Markt ist auch durch eine hohe durchschnittliche Turbinenleistung geprägt. Mit einer Leistung von 5,2 MW pro Turbine verzeichnete Deutschland einen deutlichen Anstieg im Vergleich zu den 4,8 MW im Jahr 2023. Das zeigt, dass Deutschland weiterhin auf leistungsstärkere Turbinen setzt, um die Effizienz der Windenergie zu maximieren. Insgesamt wurden 250 neue Windturbinen installiert. Diese Zahlen belegen laut Studie den Fortschritt in der Entwicklung und Implementierung von Turbinen mit höherer Leistungskapazität. Der Anstieg der durchschnittlichen Turbinenleistung zeigt den Studienautoren zufolge auch, dass die Hersteller und Betreiber zunehmend auf technologische Fortschritte setzen, um den Energieertrag pro Anlage zu steigern und gleichzeitig die Fläche zu optimieren, die für Windparks zur Verfügung stehen.

Nach Einschätzung der WindEurope-Studie setzt sich der Trend hin zu leistungsstärkeren Turbinen auch in anderen Ländern Europas fort. Der technologische Fortschritt, der durch die gesteigerte Leistung der Turbinen sichtbar werde, sei ein zentraler Bestandteil der deutschen Strategie zur Erreichung der Klimaziele und zur weiteren Förderung der erneuerbaren Energien.

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Windenergieausbau: Wer noch vorne liegt

Frankreich und Spanien folgen Deutschland auf den Plätzen zwei und drei, was die Neuinstallationen betrifft. Frankreich installierte im ersten Halbjahr 2024 insgesamt 1,2 GW, davon 573 MW Onshore und 633 MW Offshore. Auch in Spanien wurden 876 MW Onshore-Kapazitäten hinzugefügt, was den zweiten Platz in dieser Kategorie belegt. Schweden und die Türkei sind ebenfalls wichtige Akteure, wobei Schweden 536 MW Onshore-Kapazitäten und die Türkei 426 MW hinzufügten.

Trotz des deutschen Vorsprungs bei den Neuinstallationen sieht der Bericht von Wind Europe Herausforderungen, insbesondere im Offshore-Bereich. So erwartet Deutschland bis Ende 2024 zusätzliche 2,7 GW an neuen Onshore-Windkraftwerken, um das Jahresziel von 4 GW zu erreichen. Diese sind schon teilweise in Umsetzung, doch es gibt Hindernisse. So erschweren logistische Engpässe die Umsetzung. Dazu zählt zum Beispiel die teilweise Schließung einer wichtigen Autobahn, wodurch der Transport von Rotorblättern aus dem Hafen von Cuxhaven zu den Installationsstandorten behindert, was zu Verzögerungen führt.

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Marktentwicklung und Herausforderungen

Bis 2030 wird Deutschland nach Ansicht von WindEurope seine Position als europäischer Marktführer weiter ausbauen. Es wird erwartet, dass das Land bis dahin insgesamt 88 GW Onshore-Windkraft installiert haben wird. Darüber hinaus plant Deutschland, seine Offshore-Kapazitäten bis 2030 auf rund 19 GW auszubauen, was eine zentrale Rolle für die Erreichung der Klimaziele und die Dekarbonisierung des Energiesektors spielen wird.

Trotz dieser positiven Zahlen gibt es weiterhin Herausforderungen. Besonders die Genehmigungsverfahren und die Netzkapazitäten werden als Hauptengpässe genannt. Während einige Länder wie Deutschland Fortschritte bei der Genehmigung von Windprojekten gemacht haben, gibt es weiterhin Verzögerungen, die das Wachstum verlangsamen könnten. Das Stromnetz wird als Flaschenhals identifiziert, da es nicht schnell genug ausgebaut wird, um die steigenden Kapazitäten zu bewältigen.

Was den Ausbau behindert

Es wird erwartet, dass Europa im Zeitraum von 2024 bis 2030 insgesamt 207 GW neue Windkraftkapazität installieren wird. Die 27 EU-Staaten werden davon laut Studie voraussichtlich 156 GW beitragen, was einem jährlichen Durchschnitt von 22 GW entspricht. Bis 2030 wird die EU somit über eine Windkraftkapazität von 350 GW verfügen, aufgeteilt in 296 GW Onshore- und 54 GW Offshore-Kapazität. Zum Vergleich: Aktuell hat die EU eine Gesamtkapazität von 225 GW, davon 205 GW Onshore und 20 GW Offshore. Um die Klimaziele der EU für 2030 zu erreichen, müssen durchschnittlich 33 GW pro Jahr neu gebaut werden. Der Ausbau der Windenergie wird jedoch zunehmend durch Engpässe im Stromnetz behindert. Die Netze werden nicht schnell genug ausgebaut oder modernisiert, um die steigenden Kapazitäten aufzunehmen. Gründe für die Probleme sind neben den Genehmigungsverfahren und den Lieferketten zum Teil auch fehlende Anreize und Geschäftsmodellen für Investitionen in die Stromnetze. Netzbetreiber müssen zudem beginnen, die große Menge an Netzanschlussanfragen zu filtern, um Prioritäten zu setzen. Darüber hinaus gibt es in Europa auch Engpässe in der Offshore-Windkraft-Lieferkette, die die Netzprobleme zusätzlich verschärfen könnten. Beispielsweise wird die Hafenkapazität nicht schnell genug ausgebaut, und es gibt Engpässe bei der Verfügbarkeit von Installationsschiffen, was den Ausbau von Offshore-Windprojekten verlangsamen könnte.

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Elke von Rekowski