Biomasse ist global meist genutzter regenerativer Energieträger
Egal ob fest, flüssig oder gasförmig – die Nutzungsmöglichkeiten von Biomasse sind vielfältig und machen sie als Energieträger weltweit beliebt.
7 Biomasse
Biomasse ist aufgrund der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten als fester, flüssiger und / oder gasförmiger Brennstoff im Strom-, Wärme- und Kraftstoffmarkt heute der global mit Abstand am meisten genutzte regenerative Energieträger.
7.1 Wärmeerzeugung
Biomasse wird zur Wärmebereitstellung in fester Form (das heißt als biogener Festbrennstoff wie zum Beispiel Scheitholz, Hackgut, Briketts, Pellets), als Brenngas (das heißt Biogas) und – sehr begrenzt – zum Teil auch als flüssiger Brennstoff (das heißt Pflanzenöl) eingesetzt. Zur festen Biomasse zählt zusätzlich zur naturbelassenen Biomasse, die noch nicht umgewandelt wurde (das heißt biogene Festbrennstoffe), auch die festen biogenen Abfallfraktion, die zum Beispiel nach der stofflichen Nutzung von fester naturbelassener Biomasse entsteht (zum Beispiel Bagasse, Stroh, Rinde). Neben der direkten Wärmebereitstellung wird auch Wärme aus Kraft-Wärme-Kopplungs (KWK)-Anlagen bereitgestellt.
7.1.1 Festbrennstoffe
Welt. Vergleichbar zur Vielfalt an möglichen Stoffströmen biogener Festbrennstoffe unterscheiden sich auch die Konversionsanlagen zur Wärmebereitstellung in Hinblick auf den jeweiligen thermischen Leistungsbereich, die eingesetzte Feuerungstechnik und den jeweiligen Stand der Technik, den entsprechenden Wartungszustand sowie den jeweiligen Wirkungs- bzw. Nutzungsgrad. Deshalb können die nachfolgend analysierte Nutzung sowie die zukünftige globale Entwicklung nur eine grobe Abschätzung darstellen.
„Traditionelle“ Feuerstätten und moderne Biomassefeuerungsanlagen werden genutzt, um Wärme aus fester Biomasse bereitzustellen.
- Traditionellen Biomassefeuerstätten (unter anderem Drei-Steine-Öfen) dienen je nach klimatischen Verhältnissen vorrangig zum Kochen und / oder Heizen. In solchen Biomassefeuerstätten wurden 2019 rund 26 EJ an fester Biomasse (primär: Brennholz) eingesetzt; im Vergleich zu den Vorjahren ist ein geringfügiger Rückgang zu verzeichnen [17]. Mit einem unterstellten Nutzungsgrad für diese einfachen Anlagen von rund 25 bis 30 % errechnet sich eine bereitgestellte Nutzenergie von rund 6,4 bis 7,8 EJ beziehungsweise 1,8 bis 2,2 PWh (2019) [17; 25].
- Moderne Feuerungsanlagen waren 2019 mit einer thermischen Leistung von knapp 315 GW weltweit installiert [17; 25]. Dieser Anlagenpark stellte etwa 12,8 EJ / 3,5 PWh (2019) an Wärmeenergie bereit [17]. Mit mittleren Nutzungsgraden zwischen 70 und maximal 90 % folgt daraus ein biogener Brennstoffeinsatz von rund 18 EJ / 5 PWh (2019) [17]. Europa ist hierbei weltweit die Region mit dem höchsten Anteil an Wärmeenergie aus modernen Biomasse-Feuerungsanlagen [25].
Insgesamt dürften damit aus fester Biomasse in traditionellen Feuerstätten sowie modernen Feuerungsanlagen inklusive der KWK-Wärme aus fester Biomasse zwischen 20 und 21 EJ / 5,6 und 6,0 PWh (2019) an thermischer Energie bei einem biogenen Primärenergieeinsatz von 44 bis 50 EJ (2019) bereitgestellt worden sein. Berücksichtigt wurde dabei die KWK-Wärme aus fester Biomasse von etwa 0,8 bis 1,0 EJ / etwa 0,2 bis 0,3 PWh (2019); das entsprechende Primärenergieäquivalent als Aufwand zum Ausgleichen des elektrischen Nutzungsgradverlustes liegt bei 0,4 bis 0,5 EJ/a.
Auch zukünftig wird feste Biomasse bedeutende Anteile im Wärmemarkt der meisten Industrie- sowie nahezu aller Entwicklungs- und Schwellenländer haben, da mit weiter steigender Bevölkerung eine Marktausweitung sehr wahrscheinlich ist. Aufgrund des sich tendenziell global relativ verlangsamenden Bevölkerungswachstums und des wachsenden Wohlstands dürfte die traditionelle Nutzung der festen Biomasse tendenziell stagnieren oder sogar weiter leicht zurückgehen. In vielen Industrie- und zum Teil auch in einigen Schwellenländern wird demgegenüber die moderne und effizientere Biomassenutzung weiter ansteigen. Gleichen sich derartige Effekte näherungsweise aus, könnte sich der Einsatz fester Biomasse zur Wärmebereitstellung zukünftig ähnlich wie in den vergangenen Jahren entwickeln (das heißt Zunahme von rund 1 bis 1,5 %/a). In den nächsten Jahren könnte sich damit der Primärenergieeinsatz bei 44 bis 54 EJ (2025) beziehungsweise 40 bis 55 EJ (2030) einstellen; die potenzielle Wärmebereitstellung würde dann jährlich zwischen 21 und 24 EJ / 5,8 bis 6,5 PWh (2025) beziehungsweise 22 und 26 EJ / 6,0 bis 7,1 PWh (2030) liegen. Einbezogen ist die KWK-Wärme aus fester Biomasse mit rund 1,0 bis 1,1 EJ / 0,3 PWh (2025) beziehungsweise 1,1 bis 1,3 EJ / 0,3 bis 0,4 PWh (2030); das entsprechende Biomasse-Primärenergieäquivalent zum Ausgleich der Effizienzverluste bei der Stromgewinnung liegt bei rund 0,5 bis 0,6 EJ/a [17; 25] (Tabelle 2).
EU. In der EU wurden 2018 etwa knapp 3,7 EJ / 1 PWh (2018) Wärmeenergie aus naturbelassener fester Biomasse (einschließlich KWK-Wärme aus Biomasse) in einem Anlagenpark mit einer installierten thermischen Leistung von schätzungsweise etwa 113 GW bereitgestellt [1]. Im Vergleich zu 2017 entspricht das einer geringen Abnahme der Wärmebereitstellung von rund 1 %. Dieser Rückgang ist auf das überdurchschnittlich warme Klima und den milden Winter 2018 zurückzuführen; das heißt die Wärmebereitstellung aus fester Biomasse zeigt eine hohe Sensitivität gegenüber den Temperaturen während der Heizperiode. Für viele EU-Länder (unter anderem Frankreich, Deutschland, Tschechien und Ungarn) war 2018 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen [28]. Geht man für 2019 im Vergleich zu 2018 von einer Fortsetzung dieser Entwicklung aus (das heißt von einer Stagnation beziehungsweise einem leichten Rückgang bei der Wärmebereitstellung aufgrund eines milden Winters) dürften in 2019 ebenfalls rund 3,7 EJ / 1 PWh (2019) an thermischer Energie aus Anlagen zur Wärmeerzeugung aus fester Biomasse (einschließlich KWK-Wärme aus Biomasse) bereitgestellt worden sein; dies inkludiert die KWK-Wärme in Höhe von 282 PJ / 78,3 TWh (2019; siehe unten). Die größten europäischen Produzenten von Wärme aus fester Biomasse sind Schweden, Finnland, Dänemark, Frankreich, Österreich und Deutschland; diese Staaten haben einen Anteil von knapp 75 % an der in Europa aus fester Biomasse bereitgestellten Wärme [28].
Neben der Nutzung naturbelassener biogener Festbrennstoffe wird Wärme auch aus festen biogenen Abfällen gewonnen; 2018 waren dies 120 PJ / 33,3 TWh (2018) an Wärme (97 PJ / 26,9 TWh an KWK-Wärme) [29]. Schreibt man das durchschnittliche Wachstum der letzten Jahre von etwa 4 %/a fort, ergibt sich für 2019 eine aus organischen Abfällen bereitgestellte thermische Energie von 125 PJ / 34,7 TWh (2019) mit einem Anteil von 100 PJ / 27,8 TWh (2019) an KWK-Wärme (Tabelle 2).
Insgesamt dürften somit im Jahr 2019 in der EU knapp 3,7 EJ / 1 PWh (2019) Wärme aus Biomasse (einschließlich biogener Abfälle und KWK-Wärme) erzeugt worden sein. Das entspricht einem Primärenergieäquivalent von etwa 6,7 EJ (2019) mit beziehungsweise 4,7 EJ (2019) ohne KWK-Wärme.
Der Beitrag fester Biomasse an der Energiebereitstellung in der EU wird in den nächsten Jahren wahrscheinlich zunehmen; ein Anstieg der Nutzung fester Biomasse zur Wärmeerzeugung von rund 2 %/a scheint derzeit wahrscheinlich. Daraus folgt für 2025 beziehungsweise 2030 bei einer installierten Leistung von etwa 124 GW (2025) beziehungsweise 139 GW (2030) eine jährliche Wärmebereitstellung von rund 3,8 EJ / 1,1 PWh (2025) beziehungsweise 4,1 EJ / 1,2 PWh (2030). Hinzu kommt noch die Wärmebereitstellung aus den festen biogenen Abfällen. Mit dem hier erwarteten Anstieg von rund 4 %/a ergibt sich ein Wärmeaufkommen von 159 PJ / 44,2 TWh (2025) beziehungsweise 209 PJ / 58,1 TWh (2030). Zusammen resultiert daraus für die gesamte Wärme in der EU ein Primärenergieäquivalent von rund 7,1 EJ (2025) beziehungsweise 7,6 EJ (2030) mit KWK-Wärme. Ohne Berücksichtigung der KWK-Wärme ergeben sich 4,7 EJ / 1,3 PWh (2025) beziehungsweise 4,9 EJ / 1,4 PWh (2030) (Tabelle 2).
7.1.2 Biogas
Biogas wird bei der anaeroben Fermentation landwirtschaftlicher Substrate (und Energiepflanzen), von organischen Abfällen aus Haushalten (zum Beispiel Biotonne) sowie aus Gewerbe (zum Beispiel Kantinenabfälle) und Industrie (unter anderem Lebensmittelindustrie), aus der Abwasserreinigung (Klärgas) und aus abgelagerten organischen Siedlungsabfällen (Deponiegas) gewonnen. Die Biogasanlagentechnologie wurde deshalb präferiert für die Energiewandlung feuchter organischer Abfälle optimiert. Biogas kann nach einer gegebenenfalls notwendigen Reinigung und/oder Aufbereitung direkt zur Wärmeerzeugung oder in KWK zur gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden. Erstere Option wird eher in Entwicklungsländern mit den dort zum Teil eingesetzten Einfachst- und Einfachanlagen primär im Bereich Kochen / Heizen und letztere Variante verstärkt in den Industriestaaten umgesetzt. Insbesondere erstere Option ist nur sehr unzureichend statistisch erfasst und sehr widersprüchlich dokumentiert.
Eine Biogaserzeugung erfolgt auf Basis organischer Stoffströme, die sonst oft keiner weiteren kommerziellen Nutzung mehr zugeführt werden können und die nach einer Nutzung in Biogasanlagen einfach in den landwirtschaftlichen Kreislauf rückgeführt werden können. Auch ergänzen sich eine Biogaserzeugung und eine Nutzung biogener Festbrennstoffe, da diese Optionen auf jeweils andere und nicht konkurrierende Biomasseressourcen zugreifen.
Welt. 2019 kann global eine in Biogasanlagen unterschiedlichster Technik installierte Gasleistung von etwa 26 GW abgeschätzt werden [17; 25; 30]; hierbei wird ein Wachstum von rund 2 % zum Vorjahr unterstellt. In einem Teil dieser Anlagen wird das Biogas in sehr einfachen Gasbrennern beispielsweise in Kochwärme umgewandelt. Mit einem mittleren Nutzungsgrad zwischen 60 und 80 % [30] können damit potenziell zwischen 430 und 570 PJ / 119 und 159 TWh (2019) an Wärme bereitgestellt werden. Zusätzlich zur Biogasnutzung zur Koch- und Heizwärme in Einfachanlagen kann Wärme aus Biogas auch über KWK bereitgestellt werden; die entsprechende Wärmeerzeugung dürfte bei rund 26 bis 36 PJ / 7,2 bis 10 TWh (2019) liegen. Insgesamt entspricht diese Biogas-Wärme von zusammen 453 bis 609 PJ / 126 bis 169 TWh (2019) einem Biomasseprimärenergieäquivalent von 1,7 bis 2,3 EJ (2019) [17; 25].
Bei diesen Angaben handelt es sich um Abschätzungen; statistische Angaben über die weltweit installierte Biogasanlagenleistung beziehungsweise die bereitgestellte Gasenergie sind nicht verfügbar. Beispielsweise sind in einigen asiatischen Ländern Kleinst-Biogasanlagen in Betrieb, über deren Anzahl, Substrateinsatz, Betriebsweise, Gaserträge, Gasnutzung und Effizienz nur sehr wenig bekannt ist. In Indien sollen zum Beispiel 4,9 Millionen Kleinstbiogasfermenter zur Produktion von Haushaltsenergie genutzt werden [17]. Auch sollen angeblich allein in China derzeit etwa 100 000 größere und 43 Millionen kleinere Biogasanlagen betrieben werden, die täglich etwa 1,4 PJ / 0,5 TWh Wärme vorrangig zu Heiz- und Kochzwecken produzieren [17; 25].
Obwohl kleinere Biogasanlagen global betrieben werden, ist die Produktion und Nutzung von Biogas im mittleren und größeren Maßstab in Entwicklungs- und Schwellenländern nur wenig verbreitet; typischerweise werden hier derartige Anlagen insbesondere im kleinen Maßstab zur Versorgung eines Haushalts mit Kochbrennstoff betrieben [25]. Wesentliche Voraussetzung für eine angestrebte Marktausweitung der Biogasanlagentechnik insbesondere zur ländlichen Energieversorgung ist deshalb die Entwicklung und Markteinführung robuster, kostengünstiger, umweltfreundlicher und vor allem betriebssicherer (Klein-) Biogasanlagen. Gelingt dies, kann Biogas merklich zum globalen Wärmemarkt (Koch- und Heizwärme) – und hier insbesondere in eher ländlich strukturierten Gegenden – beitragen. Eine derartige Entwicklung wird aber stark von staatlichen Programmen beeinflusst, die zum Beispiel in Indien in der Vergangenheit zwar vorhanden, aber bisher ohne wirklich nachhaltigen Erfolg waren. Unterstellt man, dass die in einigen Ländern laufenden Programme zum Ausbau der Biogasnutzung zunehmend erfolgreich sind, könnte die Biogasnutzung zukünftig um rund 2 %/a wachsen. Dies würde 2025 einer installierten Gasleistung von etwa 29 GW entsprechen. Mit unterstellten Nutzungsgraden zwischen 60 und 80 % resultiert daraus eine Wärmebereitstellung von maximal 644 PJ / 179 TWh (2025). Dazu addiert sich die in KWK erzeugte Biogaswärme von 29 bis 41 PJ / 8,1 bis 11,4 TWh (2025). Bis 2030 kann bei einer gleichbleibenden Entwicklung von einer installierten Anlagenleistung von etwa 32 GW und einer Wärmebereitstellung von maximal 711 PJ / 197,5 TWh (2030) (Heiz- und Kochwärme) beziehungsweise 45 PJ / 12,5 TWh (2030) (KWK) ausgegangen werden. Insgesamt resultiert daraus ein Biomasseprimärenergieäquivalent von 1,8 bis 2,4 EJ (2025 und 2030).
EU. 2018 wurden in der EU 182,3 PJ / 50,6 TWh (2018) an Wärme aus Biogasanlagen erzeugt [29]. Bei einem unterstellten Wachstum von rund 4 %/a beträgt die Wärmebereitstellung Ende 2019 etwa 189 PJ / 52,5 TWh (2019). Das entsprechende Primärenergieäquivalent liegt bei rund 605 PJ (2019) (der Primärenergieanteil der KWK-Wärme ist beim Stromanteil berücksichtigt) [29]. Biogaswärme stammt zum einen aus Biomethan, das ins Erdgasnetz eingespeist wird, und dann wie Erdgas im Wärmemarkt genutzt werden kann. Zum anderen ist KWK-Wärme aus Biogasanlagen nutzbar (rund 36 PJ / 10 TWh (2019)); letztere Variante ist energiewirtschaftlich relevant, da der überwiegende Teil (etwa 96 % (2018)) bezogen auf die Wärmebereitstellung) der in der EU installierten Biogasanlagen zur Stromproduktion – und das üblicherweise in KWK – betrieben wird. Die Bereitstellung von KWK-Wärme aus Biogasanlagen ist 2018 im Vergleich zum Vorjahr um rund 3 % gestiegen [29].
Die Biogasanlagentechnologie soll unter anderem aus Gründen des Klimaschutzes für die Energiewandlung feuchter organischer Abfälle in der EU weiter ausgebaut werden. Aufgrund der begrenzten Potenziale derartiger Stoffströme und einer eher rückläufigen nationalen Förderung ist aber tendenziell eine stagnierende Zubauentwicklung zu erwarten. Setzt sich das durchschnittliche Wachstum der letzten Jahre von 2 bis 3 %/a fort, könnten bis Ende 2025 rund 224 PJ / 62,2 TWh beziehungsweise bis 2030 rund 263 PJ / 73,1 TWh einschließlich KWK-Wärme (43 PJ / 11,9 TWh (2025) beziehungsweise 52 PJ / 14,4 TWh (2030)) an thermischer Energie aus Biogasanlagen bereitgestellt werden (Primärenergieäquivalent 674 PJ (2025) beziehungsweise 708 PJ (2030); Primärenergieanteil der KWK-Wärme wird beim Strom berücksichtigt).
7.1.3 Flüssige Brennstoffe
Wärme kann auch aus flüssigen Bioenergieträgern (zum Beispiel Ethanol, Pflanzenöle) erzeugt werden. Global und auch EU-weit hat diese Option jedoch nur eine nahezu vernachlässigbare Bedeutung, da Flüssigkraftstoffe für eine ausschließliche Wärmeerzeugung oft zu teuer sind und üblicherweise – wenn überhaupt – im Transportsektor eingesetzt werden.
7.2 Stromerzeugung
Neben der Nutzung von Biomasse zur Bereitstellung von Wärme wird diese auch zur Stromerzeugung genutzt.
7.2.1 Festbrennstoffe
Der Einsatz von fester Biomasse zur Stromerzeugung kann allein oder in Kombination mit fossilen Energieträgern erfolgen; dabei kann die prozesstechnische Auslegung der Anlagen mit oder ohne KWK realisiert werden.
Welt. Die weltweit installierte Leistung von Anlagen zur Verstromung fester Biomasse, der biogenen Abfallfraktion und des produzierten Biogases lag 2019 bei rund 139 GW; das sind im Vergleich zu 2018 schätzungsweise 6 % mehr. Die daraus resultierende Elektrizitätserzeugung aus biogenen Festbrennstoffen und aus Biogas lag damit bei rund 594 TWh (2019); das heißt im Vergleich zu 2018 mit rund 546 TWh (2018) etwa 9 % mehr. In den letzten Jahren konzentrierte sich das Wachstum im Bereich der Biomasseverstromung auf die EU und Asien (hier insbesondere auf China, Japan und Südkorea). China baute seinen Vorsprung als größter Landproduzent von Bioenergie aus, gefolgt von den USA. Die anderen Hauptproduzenten waren 2019 Brasilien, Deutschland, Indien, das Vereinigte Königreich und Japan. Die EU blieb unter anderem durch einen politisch motivierten Anstieg der Biomasseverstromung der größte weltweite Erzeuger an Strom aus Biomasse (33 % des weltweit erzeugten Stroms aus Biomasse kommen aus der EU) [17; 25].
Unterstellt man einen Anteil der weltweiten KWK-Erzeugung aus fester Biomasse von 55 %, einen Stromwirkungsgrad zur Verstromung fester Biomasse mit teilweiser KWK von 26 % und einen Wärmenutzungsgrad von 50 % sowie einen Anteil der durchschnittlichen tatsächlichen Wärmenutzung fester Biomasse weltweit von 50 % dürften global 2019 zusätzlich 617 bis 717 PJ / 171 bis 199 TWh (2019) KWK-Wärme aus derartigen Anlagen erzeugt worden sein. Wird wie 2018 ein globaler KWK-Anteil aus fester Biomasse an der gesamten Erzeugung aus fester Biomasse in gleicher Höhe wie in der EU (61 %) unterstellt [29], dürften global rund 709 bis 824 PJ / 197 bis 228 TWh (2019) KWK-Wärme aus derartigen Anlagen erzeugt worden sein. Die meisten (KWK-)Anlagen zur Verstromung biogener Festbrennstoffe sind in der holzbe- und -verarbeitenden Industrie vorhanden; hier wird im Allgemeinen sowohl Strom als auch Wärme unter anderem für den Betrieb von Trockenkammern benötigt und gleichzeitig muss der anfallende organische Abfall (zum Beispiel Rinde) entsorgt werden.
Neben der Nutzung fester Biomasse wird auch die Verwendung organischer Abfälle im Allgemeinen zur biogenen Energiebereitstellung gezählt. Heute sind weltweit rund 2 450 thermische Abfallbehandlungsanlagen in Betrieb. Sie haben eine Entsorgungskapazität von rund 368 Mio. t/a. [31; 32]. Im Jahr 2018 wurden mehr als 60 neue Anlagen mit einer Gesamtbehandlungskapazität von mehr als 14 Mio. t/a installiert. Diese Anlagen ermöglichen bei einer installierten elektrischen Leistung von rund 19 GW die Bereitstellung von maximal 120 TWh (2019) Strom.
Global wird, mit Ausnahme der in Europa vorhandenen Abfallverwertungsanlagen, kaum Wärme aus derartigen Anlagen ausgekoppelt. Vielfach sind aufgrund von standortspezifischen Gegebenheiten und einer geringen Wärmeabnahmedichte im Umfeld dieser Abfallverwertungsanlagen keine Wärmeverteilnetze installiert, mit denen die anfallende Wärme zum Verbraucher transportiert werden könnte [31]. Wird hier ein globaler Anteil der durchschnittlichen tatsächlichen Wärmenutzung aus biogenen Abfällen von 35 % und ein Anteil der weltweiten KWK-Erzeugung aus fester Biomasse von 55 % unterstellt, kann eine Wärmeauskopplung von 214 bis 277 PJ / 59 bis 77 TWh (2019) abgeschätzt werden. Würde wie für 2018 nur die in der EU realisierte Wärmeauskopplung unterstellt, ergäbe sich eine Wärmeauskopplung von 100 PJ / 28 TWh.
Insgesamt wurden damit durch die Verstromung von fester Biomasse und biogenen Abfällen global 417 bis 496 TWh (2019) an elektrischer Energie und parallel dazu geschätzte 831 bis 994 PJ / 231 bis 276 TWh (2019) an Wärme erzeugt. Dies entspricht einem Primärenergieäquivalent von 6,7 bis 8,1 EJ (2019).
Durch die zunehmend höheren ökologischen Anforderungen an die Abfallentsorgung, dem parallelen Abbau von Deponierungsmöglichkeiten und dem weltweit steigenden Abfallaufkommen wächst der Bedarf an thermischen Abfallverwertungsanlagen für die Entsorgung von Siedlungsabfällen und anderen organischen Biomasseabfällen. Schätzungsweise werden deshalb bis 2028 fast 2 800 Abfallverwertungsanlagen mit einer geplanten Verwertungskapazität von etwa 530 Mio. t/a in Betrieb sein; dies entspricht einem Wachstum von rund 3 bis 4 %/a in der Dekade zwischen 2020 und 2030 [31]. Mit diesem Zuwachs könnten bis 2025 rund 128 GW Leistung an Anlagen zur Umwandlung fester Biomasse und rund 24 GW Leistung an Anlagen zur Verwertung organischer Abfälle installiert sein. Damit könnten zwischen 387 und 449 TWh (2025) Strom aus fester Biomasse und zwischen 111 und 143 TWh (2025) aus Abfall erzeugt werden. Dieser wachsende Anlagenpark dürfte zukünftig auch zunehmend mehr Wärme auskoppeln; die Wärme aus der Verstromung von fester Biomasse wird auf 724 bis 840 PJ / 201 bis 233 TWh (2025) und die aus Anlagen zur Nutzung der biogenen Abfälle auf 230 bis 298 PJ / 64 bis 83 TWh (2025) geschätzt. In der Summe könnte damit der biogene Primärenergieeinsatz für Strom und Wärme auf 7,5 bis 9,0 EJ (2025) (Primärenergieäquivalent) ansteigen.
Unterstellt man dieselben Wachstumsraten bis 2030, könnte die installierte Leistung zur Nutzung fester Biomasse und organischer Abfälle auf zusammen etwa 184 GW ansteigen. Damit könnten maximal 521 TWh (2030) Strom aus biogenen Festbrennstoffen und bis zu 166 TWh (2030) aus Abfällen produziert werden. Somit kann die jährliche Wärmeauskopplung auf bis zu 958 PJ / 266 TWh (2030) aus Anlagen zur Verstromung von fester naturbelassener Biomasse und auf rund 315 PJ / 87 TWh (2030) aus Anlagen zur Nutzung der biogenen Abfallfraktion geschätzt werden. Der biogene Primärenergieeinsatz für Strom und Wärme steigt damit auf 7,7 bis 9,2 EJ (2030) (Primärenergieäquivalent).
EU. Der Trend zur Stromerzeugung aus fester Biomasse wird weitgehend von der Politik einiger Mitgliedstaaten in der EU bestimmt; Ziel ist hier, den Einsatz von Kohle zur Stromerzeugung (gegebenenfalls auch Wärmeerzeugung (KWK)) zu reduzieren. EU-weit lag die Stromerzeugung aus fester Biomasse 2018 bei 99,5 TWh. Dabei wurden beispielsweise in Großbritannien 23 % (2018) und in Finnland 12 % (2018) des EU-Stromes aus fester Biomasse erzeugt [28]. Etwa 56 % dieses Stroms (56 TWh (2018)) stammen aus KWK-Anlagen [28]. Wird für 2019 eine ähnliche Zunahme der Stromproduktion aus solchen Anlagen wie zwischen 2017 und 2018 angenommen und werden für die Anlagen zur Verstromung der Biomasse etwa 5 000 bis 6 000 h/a (Volllast) unterstellt, dürfte in der EU 2019 eine Kraftwerksleistung zwischen 17 bis 21 GW installiert gewesen sein [28]. Diese Anlagen könnten rund 104 TWh (2019) – zum Teil in KWK – erzeugt haben; dabei ist von einem Anteil an KWK-Wärme von etwa 282 PJ / 78,3 TWh (2019) auszugehen.
Zusätzlich zur Stromerzeugung aus fester Biomasse werden auch in der EU biogene Abfälle verstromt; dies wird unter anderem durch die im Juli 2018 überarbeitete europäische Abfallgesetzgebung (Circular Economy Package) definiert. Diese enthält klare Ziele für die Abfallreduzierung und einen ehrgeizigen langfristigen Weg für die Abfallbewirtschaftung und das Recycling.
2018 lag die aus biogenen Abfällen produzierte Strommenge bei rund 23 TWh (2018) [29]. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Wachstum von rund 3 %/a [29]. Deutschland ist dabei der größte Stromerzeuger von biogenem Abfall in der EU (27 % (2018)) an der in der EU weiten Stromerzeugung aus biogenen Abfällen. Großbritannien, Italien, Frankreich, Niederlande und Schweden folgen mit ebenfalls hohen Anteilen von rund 16, 11, 10, 9 und 8 % [29]. Wird für 2019 ein ähnliches Wachstum der Stromerzeugung aus biogenen Abfällen wie in den Vorjahren unterstellt, ist mit einer Stromerzeugung aus biogenen Abfällen von etwa 24 TWh (2019) auszugehen. Geht man für die KWK-Nutzung von ähnlichen Entwicklungen aus, dürfte die genutzte thermische Energie bei etwa 100 PJ / 27,8 TWh (2019) liegen. Mit unterstellten Volllaststunden zwischen 5 000 bis 7 000 h/a für die zur Verstromung der Abfälle genutzten Anlagen entspricht dies einer 2019 installierten elektrischen Leistung zwischen 3,4 und 4,7 GW.
In der Summe wurden damit etwa 128 TWh (2019) an elektrischer Energie und zusätzlich rund 382 PJ / 106 TWh (2019) an Wärme aus fester Biomasse unterschiedlichster Zusammensetzung und Herkunft in der EU erzeugt. Dies entspricht einem Biomasseprimärenergieäquivalent von 2,0 EJ (2019).
Der weitere Ausbau der Biomasseverstromung wird wesentlich durch die Ressourcenverfügbarkeit begrenzt. Das in der EU anfallende Altholz wird bereits weitgehend genutzt; dies gilt auch für viele Rückstände, Nebenprodukte und Abfälle (zum Beispiel Olivenkerne, Rinde). Frischholz wird demgegenüber aufgrund der Konkurrenz zu einer (hochpreisigeren) stofflichen Nutzung kaum verstärkt eingesetzt werden. Daher geht die Tendenz bei einer weitergehenden Nutzung auch in Richtung eines vermehrten Imports (zum Beispiel als Holzpellets). Unabhängig davon werden die nach wie vor vorhandenen ungenutzten Potenziale sukzessive erschlossen. Kann von einer Fortschreibung der Entwicklung wie in der Vergangenheit ausgegangen werden (Wachstum von rund 3 %/a), könnte 2025 eine Stromerzeugung aus fester Biomasse (Summe aus einer Mono- und Mitverbrennung) und biogenen Abfällen von 164 TWh (2025) (feste Biomasse: 136 TWh (2025), biogene Abfälle: 28 TWh (2025)) realisiert werden [28]. Parallel dazu dürfte die KWK-Wärmeauskopplung rund 460 PJ / 128 TWh (2025) (feste Biomasse: 342 PJ / 95 TWh (2025), biogene Abfälle: 118 PJ / 32,8 TWh (2025)) betragen [29]. Hierbei wird innerhalb der EU durch das Erfordernis der verpflichteten Abfallverwertung die Strombereitstellung aus biogenen Abfällen insbesondere in den osteuropäischen EU-Mitgliedsländern deutlich zunehmen. Insgesamt entspricht dies einem Biomasseprimärenergieäquivalent von 2,4 EJ (2025).
Werden auch ab dem Jahr 2025 Zuwächse von rund 3 %/a angesetzt, ergibt sich für 2030 eine Stromproduktion von 192 TWh (2030) (feste Biomasse: 157 TWh (2030), biogene Abfälle: 35 TWh (2030)) beziehungsweise eine Wärmeauskopplung von 574 PJ / 159 TWh (2030) (feste Biomasse: 430 PJ / 119 TWh (2030), biogene Abfälle: 144 PJ / 40 TWh (2030)) aus biogenen Festbrennstoffen und aus biogenen Abfällen.
7.2.2 Biogas
Biogas wird – überwiegend in den Industriestaaten – aus den unterschiedlichsten Substraten verstromt; dies wird ebenfalls zum Teil in KWK realisiert.
Welt. Die weltweite Produktion von Biogas hat in den letzten 15 Jahren erheblich an Dynamik gewonnen. Die global installierte Leistung in Biogasanlagen unterschiedlichster Technik wird für 2019 mit knapp 19,5 GW abgeschätzt; dies entspricht einem Wachstum von rund 5 % im Vergleich zu 2018 [33; 34]. Dabei bestehen jedoch erhebliche Unterschiede zwischen einzelnen Ländern in Bezug auf die aktuelle Entwicklung und die jeweilige Anlagenanzahl. Die meisten Anlagen zur Biogasverstromung befinden sich nach wie vor in Europa (rund 18 000 Biogasfermenter) und den USA (rund 2 200 Standorte in allen 50 Bundesstaaten; hier werden jedoch hauptsächlich Deponiegase genutzt). Mittlerweile wird die hauptsächlich in Europa und Nordamerika eingesetzte Technologie aber auch zunehmend in anderen Ländern genutzt (zum Beispiel Afrika, Indien, Lateinamerika und Naher Osten; im asiatischen Raum ist vor allem ein erheblicher Zuwachs der Stromerzeugung aus Biogas in China und Thailand zu verzeichnen) [17].
Mit der 2019 installierten Anlagenleistung ist eine potenzielle Stromerzeugung zwischen 125 und 150 TWh (2019) möglich. Bei den zur Stromerzeugung genutzten Biogasanlagen, die parallel eine Wärmeauskopplung ermöglichen (KWK-Anlagen), wird die produzierte Wärme vor allem lokal genutzt. Demnach dürfte die Wärmeauskopplung global zwischen 26 und 36 PJ / 7,2 und 10 TWh (2019) liegen. Diese Biogasverstromung entspricht einem Biomasseprimärenergieäquivalent von 2,2 bis 2,7 EJ (2019) [17].
Biogassubstrate, insbesondere biogene Abfallstoffströme, sind in den unterschiedlichsten Formen vorhanden und bisher oft ungenutzt. Durch die Weiterentwicklung der Biogasanlagentechnik in den letzten Jahren ist heute aber für fast jedes Substrat eine technische Lösung zur biochemischen Umwandlung verfügbar, die – auch wegen der insgesamt verschärften Umweltstandards (Ausnahme: USA) – zunehmend eingesetzt wird. Damit dürfte die Biogasverstromung vor allem auf Grundlage von biogenen Abfällen global weiter zunehmen; hierbei kann ein vielversprechendes Abfallmanagement und die Möglichkeit zur (teilweisen) Schließung der Stoffkreisläufe mit einer effizienten Energiebereitstellung kombiniert werden. Dabei ist lokal abhängig zu entscheiden, ob dieses Biogas im Stromsektor, im Wärmemarkt (zum Beispiel als Erdgas- oder Heizöl-Substitut) und / oder im Transportsektor eingesetzt wird. Da potenziell die Nachfrage nach elektrischer Energie weltweit am schnellsten steigt und dieser Markt – im Unterschied zum Wärmemarkt – nicht unmittelbar von dem Energiepreisverfall der letzten Jahre betroffen war, dürfte tendenziell aber ein guter Teil des Biogases verstromt werden.
Geht man von einer Wachstumsrate von 5 %/a aus (das entspricht der durchschnittlich jährlichen Zunahme an weltweit installierter Leistung an Biogasanlagen in den letzten Jahren [34]), könnten global bis 2025 rund 26 GW Leistung in Biogasanlagen zur Verstromung installiert sein; dies entspräche einer Stromerzeugung von maximal 201 TWh (2025). Entwickelt sich die Wärmeauskopplung parallel zur steigenden Anzahl an Biogasanlagen, ist eine potenzielle Wärmeauskopplung von maximal 41 PJ / 11,4 TWh (2025) möglich. Insgesamt entspricht dies einem Biomasseprimärenergieäquivalent von 2,9 bis 3,4 EJ (2025). Schreibt man diese Entwicklung fort, könnten maximal 256 TWh (2030) an Strom und 45 PJ / 12,6 TWh (2030) an KWK-Wärme aus Biogasanlagen mit einer installierten Leistung von rund 33 GW (2030) erzeugt werden.
EU. Der europäische Biogasanlagenbestand wurde maßgeblich durch eine wohlwollende energiewirtschaftliche Rahmensetzung in den letzten Jahren ausgebaut, welche insbesondere auch durch die Verpflichtung zur Verwertung von kommunalen und industriellen Abfällen unterstützt wurde [32]. Damit ist die EU die Region auf der Welt mit der höchsten installierten Leistung an Biogasanlagen; hierbei befinden sich in Deutschland mit knapp 10 000 Anlagen und einer Leistung von insgesamt 5,2 GW die meisten Anlagen [29; 35]. 2017 wurden in der EU 63 TWh (2017) an Biogas-Strom erzeugt [36]; 2018 blieb diese Primärenergieproduktion aus Biogas (aus anaerober Fermentation und thermischen Prozessen) in der EU weitgehend stabil [29]. Ursache dafür sind unter anderem die Einführung strengerer Vorschriften für die Verwendung von Nahrungsmitteln (wie Mais), die Begrenzung der Kapazitäten für Biogasausschreibungen und die weitaus weniger attraktiven Vergütungsbedingungen für Biogasstrom.
Bei einem unterstellten Wachstum von 1 %/a dürften 2019 EU-weit etwa 61 TWh (2019) an Strom aus Biogasanlagen bereitgestellt worden sein. Ausgehend davon dürfte die 2019 installierte elektrische Leistung an Biogasanlagen rund 11 GW betragen [29]. Die aus Biogasanlagen ausgekoppelte KWK-Wärme wird auf etwa 36 PJ / 10 TWh (2019) geschätzt [29]. Damit wird durch die Stromerzeugung aus Biogas ein Biomasseprimärenergieäquivalent von rund 1,1 EJ (2019) genutzt.
Anlagen zur Biogasverstromung in der EU (primär aus der Nutzung biogener Abfälle und kaum durch Energiepflanzen) dürften zukünftig weitergehend installiert werden, wenn auch deutlich verlangsamt im Vergleich zur Vergangenheit; in einer ersten Näherung kann von einem Wachstum von rund 1 %/a ausgegangen werden. Demzufolge könnte die jährliche Stromerzeugung aus Biogas auf 68 TWh (2025) beziehungsweise 76 TWh (2030) bei einer installierten Leistung von 12 GW (2025) beziehungsweise 13 GW (2030) ansteigen. Parallel dazu wird auch die Wärmeauskopplung zunehmen; zukünftig ist eine Auskopplung von bis zu 43 PJ / 12 TWh (2025) beziehungsweise 52 PJ / 14 TWh (2030) zu erwarten. Das entsprechende Biomasseprimärenergieäquivalent liegt bei 1,2 EJ für 2025 und 2030.
7.2.3 Flüssige Brennstoffe
Elektrische Energie kann auch aus flüssigen Bioenergieträgern (zum Beispiel Ethanol, Pflanzenöle) insbesondere in KWK-Anlagen erzeugt werden. Global und auch EU-weit hat diese Möglichkeit jedoch nur sehr wenig Bedeutung, da Flüssigkraftstoffe für einen KWK-Einsatz im Allgemeinen zu teuer sind und – wenn überhaupt – im Transportsektor genutzt werden.
7.3 Kraftstoffbereitstellung
Bioethanol als Otto-Kraftstoffsubstitut und Biodiesel beziehungsweise FAME (Fettsäuremethylester) als Dieselsubstitute sind die beiden bedeutenden Biokraftstoffe auf den globalen Kraftstoffmärkten. Diese beiden Optionen decken etwa 59 beziehungsweise 35 % der globalen Biokraftstoffnachfrage (in energetischer Hinsicht) ab. Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Biokraftstoffe, die teilweise nur eine regionale beziehungsweise Nischenbedeutung haben (zum Beispiel Biomethan mit einem Anteil von unter 1 % der global genutzten Bioenergie im Mobilitätssektor). Jedoch gewinnen mit inzwischen etwa 11 % der weltweiten Biokraftstoffproduktion HVO- oder HEFA-Kraftstoffe zunehmend an Bedeutung [17]. Sie zeigen im Vergleich zu FAME bessere Kraftstoffeigenschaften und können zusätzlich minderwertigere Rohstoffe (zum Beispiel Altspeisefette) nutzen, sodass sie sich sehr gut als Substitut für Dieselkraftstoff eignen [17].
7.3.1 Bioethanol
Welt. Die weltweite Jahresproduktion von Ethanol stieg zwischen 2018 und 2019 um 1,6 % von 111,9 auf 113,7 Mrd. l/a (2 395 PJ (2019), Bild 11).
Damit verringert sich das globale Marktwachstum im Vergleich zum Vorjahr (Zuwachs 2017 /2018 knapp 6 %) [17; 29]; einen erheblichen Anteil daran hat Brasilien mit einer Produktionsausweitung von 7 % in 2019. Die USA erzeugten mit 52,5 % die größten Ethanolmengen weltweit (1 259 PJ (2019); primär aus Mais). Auf Platz 2 folgt Brasilien mit 31 % (744 PJ (2019), primär aus Zuckerrohr). Der verbleibende Rest wurde vorrangig in China (85 PJ (2019)), Kanada (42 PJ (2019)) und Thailand (34 PJ (2019)) produziert [17]. Diese globale Ethanolproduktion entspricht einem Biomasseprimärenergieäquivalent von etwa 5,4 EJ (2019).Die Ethanolerzeugung ist insbesondere für zucker- und stärkehaltige Biomassen Stand der Technik. Auch sind bisher in den großen Produzentenländern die dafür benötigten natürlichen Ressourcen aufgrund einer die globale Nachfrage deutlich übersteigenden Maisproduktion in den USA und großen verfügbaren Zuckerrohr-Anbauflächen in Brasilien vorhanden. Aufgrund von Akzeptanzproblemen infolge der Nutzung von Nahrungsmittelpflanzen laufen aber parallel dazu weltweit Anstrengungen, Lignozellulose (zum Beispiel Stroh, Holz) zur Ethanolerzeugung marktgängig zu machen. Ein Marktdurchbruch ist aber auch die kommenden Jahre aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich; das heißt auch in den kommenden Jahren wird „konventionelles“ Ethanol den Markt global dominieren [37].
Geht man von einem weltweiten Wachstum der Jahresproduktion von Bioethanol von rund 3 bis 4 % aus, könnte die globale Ethanolproduktion zukünftig auf etwa 3,0 EJ (2025) bis 3,7 EJ (2030) ansteigen; dies entspricht einem Biomasseprimärenergieäquivalent von maximal 6,9 EJ (2025) beziehungsweise 8,4 EJ (2030).
EU. Der EU-Biokraftstoffmarkt ist bis 2020 durch die Richtlinie 2015/1513, die sogenannte ILUC-Richtlinie (indirekte Landnutzungsänderungen), geregelt; dadurch wird der Energieanteil aus Biotreibstoffen auf 10 % des Endenergieverbrauchs im Verkehr bis 2020 begrenzt. Ausgehend davon wurden 2019 in der EU 5,6 Mrd. l/a Bioethanol verbraucht; dies bedeutet einen leicht gestiegenen Verbrauch im Vergleich zu 2018 (5,5 Mrd. l/a) [38]. Hauptproduzenten und Hauptverbraucher sind Deutschland (0,9 Mrd. l/a produziert und 1,9 Mrd. l/a verbraucht) und Frankreich (0,8 / 1,4 Mrd. l/a) [17; 39]. In Frankreich stieg der Verbrauch von Bioethanol von 2017 bis 2019 um etwa 22,6 %. Dies ist ein Effekt der Popularisierung von E85 aufgrund der Homologation von Umrüstsätzen zur Flexibilisierung der Verwendung dieses Kraftstoffs in Pkw mit Ottomotor.
Im EU-Bioethanolmarkt wurden 2019 4,7 Mrd. l/a (99 PJ) produziert; der verbleibende Rest zum Verbrauch von 5,6 Mrd. l/a wurde importiert. Dies entspricht einem Biomasseprimärenergieäquivalent von etwa 225 PJ (2019) [28; 29; 36].
Mit der Verabschiedung der RED II (Erneuerbare Energien Richtlinie 2018/2001 der EU) wurde der Anteil der Biokraftstoffe im Verkehrssektor auf 14 % bis 2030 angehoben. Aktuell ist das resultierende Marktwachstum aber eher moderat und die bekannten Ausbaupläne verhalten, während die Akzeptanz in der Bevölkerung im Allgemeinen weiterhin begrenzt ist. Hinzu kommt, dass die Anrechenbarkeit von konventionellen Biokraftstoffen in der RED II auf 7 % limitiert ist. Da Kraftstoffe der sogenannten zweiten Generation (zum Beispiel aus Lignozellulose) noch sehr teuer sind, wird der Subventionsbedarf ansteigen. Damit dürfte aus jetziger Sicht in der EU die Ethanolerzeugung bis 2025 eher auf dem heutigen Niveau – und damit primär beim Ethanol der ersten Generation – verbleiben. Sollten sich in den kommenden Jahren die Anreize zum Ausbau der Biokraftstoffproduktion EU-weit jedoch verbessern, könnte sich das Marktwachstum bis 2030 noch erholen [37; 40].
7.3.2 Biodiesel
Welt. Global zeigte die Biodieselproduktion 2019 (FAME und HVO) ein Wachstum von 15 % im Vergleich zu 2018; sie lag damit bei 47,4 Mrd. l/a (1 548 PJ (2019), Bild 11) [17]. Dieser Anstieg ist erneut vorrangig auf Produktionsausweitungen in Indonesien zurückzuführen; hier stieg die Biodieselerzeugung von 4,0 auf 7,9 Mrd. l/a. Weitere Länder mit einer signifikanten Biodieselproduktion waren 2019 neben Indonesien (17 % der Weltproduktion) die USA (14 %), Brasilien (12 %), Deutschland (8 %) und Argentinien (5 %) [17]. Insgesamt entspricht diese Biodieselproduktion einem Biomasseprimärenergieäquivalent von 5,3 EJ (2019).
Auch die Biodieselherstellung ist Stand der Technik; die eingesetzten Rohstoffe sind verfügbar und die Verwendung von Biodiesel im Kraftstoffmarkt ist in der bisher realisierten Größenordnung unkritisch. Aber auch hier stößt die energetische Nutzung des benötigten Pflanzenöls auf eine begrenzte gesellschaftliche Akzeptanz; kritisch beurteilt wird unter anderem die Flächen- und Nutzungskonkurrenz zum Nahrungs- und Futtermittelmarkt sowie die Ausweitung der Palmölanbauflächen insbesondere in Südostasien (Rodung von Regenwald). Allerdings profitiert der Biodieselmarkt zum Teil vom Futtermittelmarkt (zum Beispiel Einsatz von Rapsextraktionsschrot als Kraftfutter); nimmt der globale Fleischkonsum auch zukünftig – erwartungsgemäß – weiter zu, könnte das auch Auswirkungen auf die Biodieselmärkte haben [25].
Geht man von einem weltweiten Wachstum der Jahresproduktion von Biodiesel von etwa 3 bis 4 % aus, könnten 2025 zwischen 1 848 und 1 958 PJ (2025) Biodiesel weltweit bereitgestellt werden (Biomasseprimärenergieäquivalent bis rund 6,8 EJ (2025)). Bis Ende des kommenden Jahrzehnts könnte sich die Biodieselproduktion dann auf 2 142 bis 2 382 PJ (2030) erhöhen; dies entspricht einem Biomasseprimärenergieäquivalent von etwa 8,2 EJ (2030). Die größten Produktionskapazitäten dürften dabei nach wie vor in der EU, in Indonesien, in den USA, in Brasilien und in Argentinien vorhanden sein [41]. Innerhalb des Biodieselsortimentes ist mit einer weiter wachsenden Bedeutung von HVO- oder HEFA-Kraftstoffen zu rechnen.
EU. In der EU wurden 2019 rund 15,3 Mrd. l/a (500 PJ (2019) Biodiesel (FAME und HVO) erzeugt (Biomasseprimärenergieäquivalent 1,7 EJ (2019)). Dabei sind die Hauptproduzenten Frankreich (3,6 Mrd. l/a), Deutschland (2,7 Mrd. l/a) und Spanien (2,0 Mrd. l/a) [29; 36; 39; 42; 43].
Die Abschätzung des Biodieselverbrauchs der kommenden Jahre ist aufgrund der erst Ende 2018 veröffentlichten neuen EU-Ziele (RED II) und der damit verbundenen legislativen Umsetzung in den Einzelstaaten unklar. Insgesamt dürften derartige Effekte aus heutiger Sicht bis 2025 beziehungsweise 2030 aber keine signifikanten Änderungen bei der Biodieselherstellung bewirken; damit kann näherungsweise für 2025 und 2030 von einem weitgehend konstanten Biodieselmarkt in der EU ausgegangen werden.
M. Sc. Daniel Christ, Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE) der Technischen Universität Hamburg (TUHH)
Prof. Dr.-Ing. Martin Kaltschmitt, Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE) der Technischen Universität Hamburg (TUHH)
Dr.-Ing. Annika Magdowski, Stromnetz Hamburg GmbH
M. Sc. Niels Kirstein, Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH (DBFZ), Leipzig
Gabriel Costa de Paiva, Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH (DBFZ), Leipzig
M. Sc. Christopher Schmid, Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH (DBFZ), Leipzig
Dr.-Ing. Volker Lenz, Deutsches Biomasseforschungszentrum gemeinnützige GmbH (DBFZ), Leipzig
Bisher erschienen:
Aktueller Ausbaustand der erneuerbaren Energien weltweit
Wasserkraft als Stromquelle und -speicher
Energie aus Gezeiten und Wellen
Windenergie: Offshore gewinnt an Bedeutung
Vielseitig nutzbar: Solarenergie
Geothermie: Energie aus den Tiefen der Erde
Das Online-Special wird mit folgendem Beitrag abgeschlossen:
Zusammenfassung und Einordnung Energiesystem