Boom bei schwimmenden Solarkraftwerken
In Deutschland gibt es, anders als etwa in den Niederlanden, nur kleinere schwimmende Solaranlagen. Das soll sich ändern. In der Lausitz soll auf einem See, der nach dem Ende des Braunkohleabbaus entsteht, eine 21-MW-Anlage errichtet werden.
Wenn der Abbau von Braunkohle, Kies oder anderen übertage gewinnbaren Rohstoffen endet bleiben meist große Seen übrig. Sie lassen sich touristisch oder für sportliche Zwecke nutzen, wie der Blausteinsee in Eschweiler bei Aachen. Oder sie dienen der Stromerzeugung – eine Option, die weltweit immer häufiger genutzt wird, auch in Deutschland. So will der Braunkohleproduzent LEAG in Cottbus auf dem „Cottbuser Ostsee“, der bis 2025 komplett geflutet sein soll, das deutschlandweit größte schwimmende Solarkraftwerk errichten. Es soll eine Leistung von 21 MW(peak) (Megawatt peak – ein Maß für die Leistung bei maximaler Sonneneinstrahlung) haben und eine Fläche von rund 18 ha überdecken. 2023 soll die Photovoltaik (PV)-Anlage den Betrieb aufnehmen.
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Zwei Anlagen auf deutschen Baggerseen
Bisher sind in Deutschland nur wenige schwimmende Solaranlagen in Betrieb, die alle weit kleiner sind als die auf dem Ostsee geplante. So hat Rheinland Solar aus Neuss auf einem Baggersee bei Weeze nahe Düsseldorf eine 750-kW(peak)-Anlage gebaut. Ebenso groß ist ein Kraftwerk, das der Karlsruher Energiekonzern EnBW in Renchen bei Achern (Ortenaukreis) errichtet hat. Den Strom nimmt die Ossola GmbH ab, die dort Kies gewinnt. Leimersheim in Rheinland-Pfalz, derzeit genauso groß wie die beiden gerade genannten Anlagen, wird in diesem Herbst die Leistung durch einen zweiten schwimmenden Kraftwerksblock verdoppeln.
Was für schwimmende Solarkraftwerke spricht
Solarkraftwerke auf Wasserflächen sind aus zwei Gründen attraktiv: Sie verbrauchen keine Landflächen, die auch für andere Zwecke genutzt werden könnten, etwa zum Anbau von Nahrungsmitteln. Und sie produzieren um bis zu 10 % mehr Strom als landgestützte Solarkraftwerke, schätzt die Energieagentur Nordrhein-Westfalen. Das liegt an einem physikalischen Phänomen, das vor allem bei Solarzellen aus Silizium auftritt. Wenn sie sich aufgrund der Sonneneinstrahlung stark erwärmen, reduziert sich der Wirkungsgrad. Die kühlende Wirkung des Wassers unter den Anlagen und in der Umgebung wirken diesem Effekt entgegen.
Solarleistung ließe sich verdoppeln
Das Potenzial für schwimmende Solarkraftwerke in Deutschland ist gewaltig. Forschende am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg haben ausgerechnet, dass auf den rund 500 entstandenen und noch entstehenden Restseen, die nach dem Ende des Braunkohlentagebaus und anderer Förderstätten übrig bleiben, rein technisch gesehen schwimmende Solarkraftwerke mit einer Leistung „im mittleren zweistelligen Gigawattbereich“ gebaut werden könnten. Das würde die heute in Deutschland installierte PV-Leistung beinahe verdoppeln. Realistisch ist allerdings eine geringere Leistung, weil die Seen nicht komplett verschattet werden dürfen, um Fischen und anderen Seebewohnern Platz zum Leben zu lassen.
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Großanlagen in den Niederlanden
In Deutschland ist BayWa in München am aktivsten, was erneuerbare Energien angeht. Der international tätige Konzern wurde ursprünglich zur Unterstützung der heimischen Landwirtschaft gegründet. Später dehnte das Unternehmen seine Aktivitäten auf den Bau- und Energiesektor aus, gründete sogar ein Tochterunternehmen namens BayWa renewable energy GmbH (BayWa r.e.), in dem die Aktivitäten im Bereich erneuerbare Energien gebündelt sind. Weltweit betreibt das Unternehmen 140 große Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 2 000 MW(peak). Darunter sind elf schwimmende Solarparks mit einer Leistung von rund 180 MW(peak) in den Benelux-Ländern. Gerade hat das Unternehmen den 41-MW(peak)-Solarpark Sellingen und den 30-MW(peak)-Solarpark Uivermeertjes in Betrieb genommen. Nur knapp dahinter folgt der bereits im vergangenen Jahr fertiggestellte schwimmende Solarpark Bomhofsplas mit 27 MW(peak), alle in den Niederlanden, die für solche Kraftwerke ein spezielles Förderprogramm aufgelegt haben.
145-Megawatt-Anlage für Indonesien
In Deutschland hält sich die Politik bei speziellen PV-Anlagen zurück. Erst am 1. April 2022 will die Bundesnetzagentur bei den Innovationsausschreibungen für ein Gebotsvolumen von 150 MW vorrangig Anlagenkombinationen mit „besonderen“, also auch schwimmenden, Solaranlagen berücksichtigen.
In außereuropäischen Ländern boomt der Markt für schwimmende Solarkraftwerke noch stärker. Und sie werden immer größer. So haben der Energiekonzern Masdar aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und der indonesische Staatskonzern PT PLN Anfang August den Bau einer 145 MW(peak) großen Floating-Solaranlage in Indonesien bekanntgegeben. Die Anlage soll im vierten Quartal 2022 fertiggestellt werden.