Klimawandel reduziert die Stromproduktion
Schmelzwasser wird knapp in den Alpen, weil sich die Schneegrenze kontinuierlich in die Höhe bewegt. Das bekommen die Laufwasserkraftwerke zu spüren. Deren Ertrag geht um bis zu sieben Prozent zurück.
Die Laufwasserkraftwerke in den Alpenländern werden aufgrund des Klimawandels weniger Strom produzieren. Swiss Small Hydro, der Schweizer Verband der Kleinwasserkraft in St. Gallen, rechnet mit einem Minus von 7 %. Die Projektionen basieren auf der mittleren und saisonalen Stromproduktion über einen Zeitraum von 30 Jahren. Zwischenjährliche Schwankungen werden ausgeklammert. Verglichen wurden zukünftige Perioden mit der Referenzperiode 1981 bis 2010.
Beispielhafte Simulation für die Schweiz
Die Studie simuliert die zukünftige Stromproduktion unter drei Emissionsszenarien für 21 Schweizer Laufwasserkraftwerke mit einer Gesamtproduktion von 5,9 TWh/a und bezieht dabei den Restwasserbedarf und die möglichen technischen Steigerungspotenziale mit ein. Für alle Szenarien zeigen die Simulationen einen Anstieg der Winterproduktion (4 bis 9 %) – also zu einer Jahreszeit mit höherem Energieverbrauch – und einen Rückgang der Sommerproduktion um 2 bis 22 %, was insgesamt zu einem jährlichen Produktionsrückgang von 2 bis 7 % führt, je nach zugrundeliegendem Klimawandelszenario. Insgesamt gibt es in der Schweiz 576 Laufwasserkraftwerke mit einer Leistung von jeweils 300 kW, die etwa 31 % des Strombedarfs decken.
Regen statt Schnee
Die simulierten Auswirkungen auf die Produktion zeigen eine starke Korrelation mit der mittleren Höhe des Einzugsgebietes. Die Kraftwerke in niedrigen Höhenlagen werden Produktionseinbußen haben. Die in den höheren Lagen werden ihre Jahresproduktion dagegen um 3 bis 23 % steigern, da ein größerer Anteil der Niederschläge als Regen und nicht als Schnee fällt. Das wirkt sich im Frühjahr und Sommer aus. Weil weniger Schnee in den hohen Regionen fällt taut nach Ende des Winters natürlich weniger, sodass die Laufwasserkraftwerke weniger „Material“ bekommen.
Übertragbar auf den ganzen Alpenraum
„Da in dieser Studie die kritischen Aspekte Klimawandel, Restwasserabfluss und Optimierung des Ausbaudurchflusses berücksichtigt wurden, ist das Resultat einer siebenprozentigen Produktionsabnahme verlässlicher als die in anderen Studien prognostizierte mittlere Zunahme von 4 %, die nicht multifaktoriell begründet ist“, heißt es beim Kleinwasserverband. Die Ergebnisse könnten auf Laufwasserkraftwerke in anderen Alpenländern übertragen werden.
22 Kraftwerke bekommen weniger Wasser
Beispielsweise die 22 Laufwasserkraftwerke, die ein Düsseldorfer Energiekonzern am Lech betreibt. Sie produzieren weniger Strom, weil der Forggensee im bayerischen Allgäu, der vom Lech gespeist wird und diesen auch wieder verlässt, zur Vorbereitung auf die Schneeschmelze in den Alpen nur noch um 4 statt der erlaubten 15 m abgesenkt wird. Mehr Platz zum Auffangen von Wasser ist einfach nicht nötig. Entsprechend weniger Wasser erhalten die Kraftwerke am Lech. Fließen im Durchschnitt rund 60 m3 Wasser pro Sekunde in den Forggensee, kann diese Menge während der Schneeschmelze um das Zwanzigfache steigen, in vergangenen Jahren jedenfalls. Pro Sekunde flossen dann bis zu 1 200 m3 Wasser in den See.
Faktoren, die die Simulation berücksichtigt
Die Simulationen basieren auf einem hydrologischen Modell mit dem Kürzel „Prevah“ (Precipitation-Runoff-Evapotranspiration HRU Model). Es wandelt räumlich verteilte Niederschläge in Abflüsse in ausgewählten Einzugsgebieten um und berücksichtigt dabei explizit die Schneeakkumulation sowie die Schnee- und Gletscherschmelze, ebenso wichtige hydrologische Prozesse wie Verdunsten und Versickern von Wasser im Boden. Beides steht für die Stromproduktion natürlich nicht mehr zur Verfügung.
Neben den wichtigsten räumlichen Daten, die aus einem digitalen Höhenmodell abgeleitet werden, fließen in die Simulation Lufttemperaturen, Niederschläge und die voraussichtliche Verdunstung unter der Berücksichtigung von Wind, relativer Luftfeuchtigkeit, Lufttemperatur und Globalstrahlung ein.