Mit Rheinwasser heizen jetzt 3500 Haushalte
Die Wärmeenergie in Flüssen und anderen leicht zugänglichen Quellen kann zur CO2-armen Energieversorgung beitragen. Die größte Anlage dieser Art ist jetzt in Mannheim in Betrieb gegangen. Drei weitere sollen folgen.
3500 Haushalte im Raum Mannheim-Heidelberg-Speyer werden jetzt mit Fernwärme versorgt, die die deutschlandweit größte Wärmepumpe erzeugt, die in ein solches Netz eingebunden ist. Sie hat eine thermische Leistung von 20 und eine elektrische Leistung von sieben Megawatt. Rund zwei Drittel der Wärmeenergie, die sie bereitstellt, bezieht sie aus dem Rhein, den Rest, also den Betriebsstrom, aus dem Großkraftwerk Mannheim (GKM), das mit Steinkohle befeuert wird und ebenfalls Wärme ins Netz einspeist. Idealerweise würde der Strom aus erneuerbaren Quellen kommen. Doch schon die jetzige Lösung reduziert die Emissionen von Kohlenstoffdioxid (CO2) pro Jahr um 10.000 Tonnen. Die Investitionssumme lag bei 15 Mio. Euro, die teilweise aus dem Bundeshaushalt stammen.
Steinkohle bekommt zunehmend Konkurrenz
Die drei in Betrieb befindlichen GKM-Blöcke haben eine Nettoleistung von knapp 2000 MW. Ein vierter Block mit 425 MW dient als Reserve. Er wird nur hochgefahren, wenn sich eine Strommangellage abzeichnet. MVV erzeugt zudem Fernwärme und Dampf für die Industrie in einer Müllverbrennungsanlage. 2024 kommt eine Biomasse-Heizkraftwerk hinzu.
Bis 2030 will der Energieversorger MVV die Fernwärme in Mannheim und der Region vollständig aus klimafreundlichen Energiequellen erzeugen. Gleichzeitig soll das Fernwärmenetz kontinuierlich erweitert und vorhandene Fernwärmegebiete „verdichtet“ werden, das heißt, es sollen zusätzliche Haushalte an das bereits vorhandene Netz angeschlossen werden.
Wärmepumpen bis 70 Megawatt
Die Flusswärmepumpe in Mannheim ist im Rahmen des Reallabors der Energiewende „Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) errichtet worden. Die mächtige Maschine hat Siemens Energy geliefert. Das Unternehmen mit Sitz in München und Berlin bietet Wärmepumpen bis zu einer thermischen Leistung von 70 MW an. Die maximal erreichbare Temperatur liegt bei 150 Grad Celsius. Die Mannheimer Wärmepumpe ist eine von insgesamt vier Anlagen dieser Art in Berlin, Rosenheim und Stuttgart, die Wärme in Fernwärmenetze einspeisen sollen. Sie beziehen ihre Energie aus verschiedenen Quellen. In Frage kommen neben Flüssen Abwässer, Erdwärme und industrielle Abwärme.
Rhein und Neckar könnten 50.000 Haushalte versorgen
Das Wissen, das im Reallabor gewonnen wird, soll dazu beitragen, mit weiteren Wärmepumpen zusätzliche grüne Wärme zu erzeugen. Das technische Potenzial ist sehr groß. Allein in Mannheim könnten Rhein und Neckar selbst bei konservativer Schätzung mindestens 500 MW thermisch entzogen werden. Dies entspricht der maximalen Wärmeleistung von Block 9 im GKM und würde ausreichen, um rund 50.000 Haushalte mit Wärme und warmem Brauchwasser zu versorgen.
Auch Fische mögen Flusswärmepumpen
Das Wasser des Rheins in Mannheim erreicht im Sommer bis zu 25 Grad Celsius, im Winter sind es nur etwa fünf Grad. Diese Temperaturen reichen aus, um das Kältemittel in der Wärmepumpe zu verdampfen und dabei das entnommene Rheinwasser um zwei bis fünf Grad abzukühlen, was im Sommer auch die Fische schätzen dürften. Allerdings ist der Wärmebedarf dann gering, weil er lediglich für die Warmwasserbereitung benötigt wird.
Frühwarnsystem für Leckagen
Der Kältemitteldampf wird dann mithilfe eines strombetriebenen Verdichters komprimiert, damit Druck und Temperatur steigen. Die erzeugte Wärme des Kältemitteldampfs wird durch Kondensation in einem Wärmetauscher auf das Fernheizwasser übertragen, das Temperaturen von 83 bis 99 Grad erreicht, je nach Außentemperatur. Schließlich verflüssigt sich das Kältemittel wieder und wird im Wärmetauscher des Flusswassers entspannt. Dabei kühlt es sich ab und nimmt bei niedriger Temperatur wieder Wärmeenergie des Flusswassers auf – der Kreislauf beginnt von Neuem. Ein Detektionssystem meldet frühzeitig, wenn Kältemittel austritt und das Wasser des Rheins zu belasten droht.