Zum E-Paper
Energiewende 11.10.2024, 10:00 Uhr

Region Arnsberg startet Verbundprojekt für Wasserstoffhochlauf

Ein regionales Wasserstoff-Projekt im Rahmen der deutschen Energiewende wurde jetzt mit „HydroNet“ gestartet. Das Vorhaben hat das Ziel, die Region Arnsberg im Sauerland zu einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft zu transformieren. Entlang einer elf Kilometer langen, umgewidmeten Erdgasleitung stehen dabei die enge Zusammenarbeit von Industrie, Wissenschaft und Politik sowie die Integration erneuerbarer Energien im Fokus. HydroNet soll auch als Modell für eine erfolgreiche Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff für andere Regionen dienen.

PantherMedia B667627142

In der Region Arnsberg im Sauerland ist jetzt ein Verbundprojekt für Wasserstoff an den Start gegangen.

Foto: PantherMedia/meshcube

Das auf fünf Jahre angelegte Projekt hat das ambitionierte Ziel, die Wasserstoffwirtschaft in der Region Sauerland zu etablieren. Die Region bietet sich dafür besonders an, da hier eine vielfältige Industrie angesiedelt ist, die stark von fossilen Energieträgern abhängig ist. Zu den Branchen, die von der Umstellung profitieren sollen, gehören die Metallverarbeitung, die Automobilzulieferung, die Papierherstellung und die Abwasseraufbereitung. Wasserstoff gilt in diesen Industriezweigen als Schlüsseltechnologie, um den CO2-Ausstoß drastisch zu senken oder gar vollständig zu eliminieren.

HydroNet verfolgt dabei einen integrativen Ansatz, der die gesamte Wertschöpfungskette abbildet: von der Produktion des Wasserstoffs über die Speicherung und Verteilung bis hin zur Nutzung in industriellen Prozessen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem experimentellen Einsatz von Elektrolyseur-Stacks sowie der Umstellung von industriellen Gasbrennern auf reinen Wasserstoff. Diese Umstellung erfolgt in Verbindung mit einer diskontinuierlichen Wasserstofferzeugung und der Zwischenspeicherung in Rohrleitungen. Dabei spielen die Mess-, Regel- und Steuerungstechniken eine zentrale Rolle in der Forschungsarbeit. Ziel ist es, nachhaltige Lösungen zu finden, die den Aufbau einer regionalen Wasserstoffinfrastruktur ermöglichen und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähig sind.

Das Besondere an HydroNet: Es stehen nicht nur technischen Aspekte, sondern auch betriebswirtschaftliche und prozessuale Entwicklungen im Fokus. Mit einem Gesamtvolumen von 75 Mio. €, von denen 18 Mio. € durch Bundesmittel gefördert werden, gehört HydroNet zu den größten Projekten im Bereich der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland. Die Investitionen der beteiligten Partner zeigen, dass das Projekt nicht nur technologisch, sondern auch wirtschaftlich von großer Bedeutung ist.

Digitale Nachweisführung in der Wasserstoffwirtschaft

Eine entscheidende Rolle im Projekt übernimmt das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT, das die digitale Nachweisführung für den grünen Wasserstoff entwickelt. In der Wasserstoffwirtschaft ist der Nachweis der Herkunft und Qualität des Wasserstoffs von zentraler Bedeutung. Es gibt jedoch bislang keine durchgängigen und standardisierten Verfahren, die eine lückenlose Verifizierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette ermöglichen. Genau hier setzt das Fraunhofer FIT an. Im Rahmen von HydroNet wird ein digitales Konzept entwickelt, das es Unternehmen ermöglicht, die Herkunft und andere relevante Eigenschaften des Wasserstoffs effizient zu erfassen, zu bewerten und zu überprüfen. Ziel ist es, eine sichere und transparente digitale Infrastruktur zu schaffen, die den Austausch von Daten entlang der Wertschöpfungskette erleichtert. Dies ist von entscheidender Bedeutung für die Zertifizierung von grünem Wasserstoff und den internationalen Handel, der stark von der Glaubwürdigkeit und Transparenz solcher Nachweissysteme abhängt.

Das Fraunhofer FIT arbeitet dabei eng mit Partnern aus Industrie und Forschung zusammen, um ein technisches System zu entwickeln, das nicht nur effizient, sondern auch skalierbar ist. Besonderer Wert wird auf die Automatisierung der Datenerfassung gelegt, um den Verifizierungsprozess zu beschleunigen und gleichzeitig die Sicherheit der Daten zu gewährleisten. Die digitale Nachweisführung wird es ermöglichen, in Echtzeit Informationen über die Herkunft des Wasserstoffs bereitzustellen, was insbesondere für Unternehmen, die auf eine lückenlose Rückverfolgbarkeit angewiesen sind, von großer Bedeutung ist.

Wasserstoff aus Meerwasser: Neue Technologien nicht besser als Bewährtes?

„Wir freuen uns darauf, in HydroNet die digitale Nachweisführung von Wasserstoff in der Wertschöpfungskette zusammen mit unseren Konsortialpartnern zu erarbeiten. Verifizierbare Daten zur ökologischen Nachhaltigkeit bilden die Basis für eine Vielzahl an Use Cases, die für Unternehmen zukünftig wichtig sind – angefangen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung bis hin zur finanziellen Risikobewertung“, erläutert Prof. Dr. Jens Strüker vom Fraunhofer FIT die Intention.

Sauerland als ideale Modellregion

Die Region Sauerland bietet durch ihre vielfältige Industrie und die bestehenden Infrastrukturen ideale Bedingungen für die Umsetzung des Projekts. Insbesondere die mittelständischen und großen Unternehmen der Region sind bisher in großem Maße von fossilen Energieträgern abhängig. Im Rahmen des Projekts soll intensiv untersucht werden, wie die Integration von Wasserstoff in bestehende Produktionsprozesse gestaltet werden kann. Dabei geht es nicht nur um die technischen Herausforderungen, sondern auch um die Anpassung betriebswirtschaftlicher Prozesse. Für viele Unternehmen bedeutet der Umstieg auf Wasserstoff einen tiefgreifenden Wandel, der neue Geschäftsmodelle erfordert. Im Rahmen des Projekts soll dieser Wandel unter realen Bedingungen erprobt werden, um daraus Erkenntnisse für die nationale und internationale Wasserstoffstrategie zu gewinnen.

Lesen Sie auch: Auf 130 Metern entsteht das Wasserstoffnetz der Zukunft

Neben dem Fraunhofer FIT sind zahlreiche weitere Partner aus Wissenschaft und Industrie an HydroNet beteiligt. Das Projekt wird von Westnetz, einem der größten Energieversorger Deutschlands, geleitet. Insgesamt sind zwölf Verbundpartner und neun assoziierte Partner Teil des Projekts. Dazu kommen ein Projekt-Forum mit interessierten Unternehmen und ein politischer Beirat, der sich aus Vertretern verschiedener Parteien zusammensetzt. Die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Industrie und Politik ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Nur durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit und den gemeinsamen Willen zur Veränderung kann es gelingen, die Herausforderungen der Wasserstoffwirtschaft zu meistern und die Weichen für eine nachhaltige Energiezukunft zu stellen.

Von Elke von Rekowski