Renaissance für das Heizen mit Strom
Nachtspeicheröfen sind nicht mehr „in“, stattdessen hat die Widerstandsheizung eine glänzende Zukunft. Betrieben wird sie vor allem mit Strom vom eigenen Dach.
Für Timo Leukefeld sind die Heizungssysteme der Gegenwart, bei denen meist warmes Wasser die Wärme via Heizkörper verteilt, ein Auslaufmodell. Nicht einmal die Wärmepumpe lässt er gelten, die ebenfalls ein komplexes Rohrsystem und Pumpen benötigt. „Wartungs- und Reparaturkosten werden mit hoher Wahrscheinlichkeit die eingesparten Energiekosten übersteigen“, sagt der Honorarprofessor an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, der sich auf das Thema vernetzte energieautarke Gebäude spezialisiert hat. Seine Lösung: Selbst erzeugten Solarstrom nicht nur für die normalen elektrischen Verbraucher zu nutzen, sondern auch zum Heizen. Er favorisiert das „Toaster-Prinzip“. Dabei fließt Strom durch Spulen aus einem Material mit elektrischem Widerstand, sodass sie sich erwärmen. Leukefeld plädiert dafür, derartige Spulen in den Boden von Privat- und Bürohäusern zu verlegen. „Ich gehe davon aus, dass im Neubau in zehn Jahren die Flüssigkeitsheizung verschwinden wird.“
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Energieautarke Unternehmenszentrale
Ein Beispiel findet er im neuen Unternehmenssitz des österreichischen Photovoltaik (PV)-Unternehmens MyPV im Örtchen Neuzeug nahe Steyr. Auf dem Dach und an den Fassaden sind 300 Solarmodule mit einer Spitzenleistung von rund 100 kW installiert. Bei einer Nutzfläche von 2 600 m2 erwartete das Unternehmen jährliche Kosten für Strom, Elektrofahrzeuge, Heizung und Warmwasser – alles auf der Basis von elektrischer Energie – von 2 100 €. Die Wirklichkeit verblüffte die Unternehmensleitung, denn im ersten Jahr war die Bilanz negativ: Die Module erzeugten mehr Strom als verbraucht wurde. Die Investitionskosten lagen bei 2 Mio. €.
750 Euro Energiekosten pro Jahr
Das Prinzip „Kabel statt Rohre“ zum Beheizen von Gebäuden hat MyPV zuvor schon in Einfamilienhäusern realisiert. Bei einem davon mit einer Wohnfläche von 150 m2 in Oberösterreich schlagen die Stromkosten für Heizen, Warmwasser, Beleuchtung und Elektrogeräte mit 750 € zu Buche. Das Haus ist mit einer 11-kW-PV-Anlage und einer Pufferbatterie ausgestattet.
Die Vorteile der Stromheizung beginnen laut MyPV schon beim Einbau. Heizspiralen lassen sich mit geringem Aufwand verlegen, anders als Rohre, Kessel, Ventile, Heizkörper und Pumpen. Außerdem entfallen die Wartungskosten, die bei konventionellen Heizungen für Einfamilien-Häuser im günstigsten Fall bei 150 € im Jahr liegen.
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Es geht auch mit dem Heizstab
Anders als Leukefeld rechnet MyPV-Geschäftsführer Gerhard Rimpler nicht mit einem schnellen Siegeszug der einst verpönten Elektroheizung in völlig neuer Form. Deshalb hat sein Unternehmen auch ein System entwickelt, mit dem sich konventionelle Kessel mit Solarenergie unterstützen lassen. Das Unternehmen bietet auch Heizstäbe an, die in den Warmwasser-Vorratstank der Heizungsanlage eingebaut werden. Dass reduziert den Bedarf an Erdgas und Heizöl und erleichtert, wenn es eine intelligente Regelung gibt, sogar die Energiewende. Der Heizstab muss dazu so gesteuert werden, dass er in Betrieb geht, wenn das Stromangebot im Netz größer ist als der Bedarf. Das hat den zusätzlichen Vorteil, dass Strom in dieser Zeit besonders billig ist. Im Regelbetrieb wird der Heizstab jedoch mit Strom aus den eigenen Solarmodulen betrieben, wenn die Pufferbatterie voll geladen ist.
Heizkessel als Notnagel
Der Heizungsanlagenhersteller Stiebel Eltron hat sich etwas für Einfamilienhausbesitzerinnen und -besitzer einfallen lassen, die mit Strom vom Dach heizen, aber nicht komplett auf Wärmepumpe umsteigen, sondern in Spitzenzeiten weiterhin auf ihre alte Heizungsanlage zurückgreifen wollen. Das „Hydraulik-Modul Hybrid“ besteht aus einer kleinen und damit preiswerteren Wärmepumpe, die die Versorgung mit Warmwasser und Heizwärme übernimmt. Nur wenn die Temperaturen so niedrig sind, dass die Pumpe es nicht mehr schafft, springt der konventionelle Kessel ein.