Strom und Salat vom gleichen Acker
Landwirte können sich einen Zuverdienst verschaffen, wenn sie auf Äckern Solarmodule so installieren, dass ein großer Teil der Fläche für den Anbau von Nahrungsmitteln erhalten bleibt. In Vietnam wird eine Spezialform dieser Technik gebaut: Eine Photovoltaik-Farm für Shrimps und Fische.
Auf Äckern wachsen Getreide, Rüben, Gemüse, Salat, Kartoffeln und andere Nahrungsmittel. Das lohnt sich oft nur, wenn Subventionen fließen. Landwirtschaft kann aber auch auf andere Art Gewinn bringen: Agri-Photovoltaik (Agri-PV) lautet das Stichwort. Auf dem gleichen Feld, auf dem Nahrungsmittel gedeihen, können Solarmodule zur Stromerzeugung installiert werden. Sie müssen so hoch montiert sein, dass Traktoren und Erntemaschinen drunter durchfahren können. Und der Abstand zwischen den Modulreihen muss ein wenig größer sein als üblich.
Auf Deutschlands Äcker passen 50 Gigawatt
Seit im Jahr 2016 auf einem 3 500 m2 großen Acker der Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach in Herdwangen-Schönach eine derartige Anlage installiert worden ist, sind in Europa und auf anderen Kontinenten mehrere dazugekommen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE schätzt, dass mit dieser Kombitechnik allein in Deutschland 50 GW Solarenergie installiert werden könnten, ohne den Ertrag der heutigen Äcker zu schmälern.
Manche Pflanzen wachsen auf Solaräckern besser
Ehe die Anlage gebaut wurde haben ISE-Forscher sie simuliert. Sie funktioniert am besten, wenn die Modulreihen von Südost nach Südwest angelegt werden. Dann fällt zwar zeitweise Schatten auf die Feldfrüchte, doch das behindert den Wuchs nicht, haben Experten der Universität Hohenheim in Stuttgart herausgefunden. Manche Pflanzen wachsen dann sogar besser. Zudem verlangsamt der Schattenwurf das Austrocknen der Böden. Die Betreiber solcher Anlagen müssen weniger bewässern.
Solardächer können auch Obstplantagen schützen
Was jetzt zunehmend Wirklichkeit wird hat Professor Adolf Goetzberger, der Gründer des ISE, schon in den 1980er Jahren als Ziel genannt. Er wollte Landwirtschaft und Solarenergie miteinander versöhnen. Auch beim Obstanbau könnte das gelingen. Im Zuge des Klimawandels prasselt immer häufiger Hagel auf die noch nicht reifen Früchte. Er hinterlässt hässliche Flecken, die den Verkauf als A-Ware unmöglich machen. Derzeit schützen sich die Obstbauern mit Netzen gegen Hagelschlag oder auch mit festen Dächern. Diese könnten durch Solarmodule ersetzt werden.
Agri-PV im Obstanbau ziele vorrangig nicht auf eine Maximierung der Ernteerträge ab, sondern auf eine sichere und qualitativ hochwertige Apfelproduktion mit zusätzlicher Solarstromproduktion, heißt es beim ISE. Der landwirtschaftliche und der energetische Teil des Systems sind durch weitere Synergien verbunden. So kann die erzeugte elektrische Energie in den vor- und nachgelagerten Bereichen genutzt werden, beispielsweise durch den Einsatz von elektrifizierten Landmaschinen oder bei der Lagerung der Apfelernte im elektrisch betriebenen Kühlhaus.
Es klappt auch mit senkrecht stehenden Modulen
Eine ungewöhnliche Anordnung der Solarmodule lässt sich auf einem 14 ha großen Acker bei Donaueschingen besichtigen. An den 5 800 in Reihen angeordneten Gestellen hat Next2Sun, ein Start-up aus dem saarländischen Merzig, die Module senkrecht befestigt. Es handelt sich um sogenannte bifaziale Zellen, die sowohl mit der Vorder- als auch mit der Rückseite Strom erzeugen. Das gleicht den Nachteil des schlechteren Einfallwinkels für die Sonnenstrahlen teilweise aus. Landwirtschaftlich nutzbar sind 90 % der Fläche. Der Solarpark hat eine Leistung von 4,1 MW.
Internationales Interesse an Agri-Photovoltaik
Die Innovation aus Deutschland stößt laut Christian Meyer, Projektentwickler bei Next2Sun, auch im Ausland bereits auf Interesse: „Wir haben eine Vielzahl von Projekten in der Pipeline“, kündigt er an. Neben einer ganzen Reihe von Anfragen aus der gesamten Bundesrepublik gibt es schon Kooperationen mit Unternehmen in Österreich, der Schweiz, Polen und Frankreich. Weitere sollen in Skandinavien, Italien sowie den USA entstehen. „Wir erwarten ein starkes Wachstum und bauen derzeit hierfür die nationalen und internationalen Strukturen auf“, sagt Meyer.
Solardächer steigern den Ertrag
„Shrimps“ ist das wohl ungewöhnlichste Beispiel für Agri-PV, wenn man diesen Begriff denn auch hier verwenden darf. Die SMA Sunbelt Energy GmbH; die Suntrace GmbH und eine Reihe von Partnern in Deutschland und Vietnam entwickeln Shrimps- sowie eine Pangasius-Zuchtanlagen, die in ländlichen Regionen in Vietnam errichtet werden. Sie bestehen aus großen Becken, in denen Shrimps und Fische heranwachsen, die von Solardächern überspannt werden. Außer zur Stromerzeugung dienen sie als Schattenspender, sodass sich das Wasser nicht allzu sehr erwärmt. Das würde den Ertrag schmälern.