Windenergie: Deutschland hat Platz für 200 Gigawatt
Fraunhofer-Forschende und Umweltplaner*innen haben genügend Flächen gefunden, um die Windenergie an Land massiv auszubauen. Auch die Stadtstaaten können einen Beitrag leisten.
Deutschland hat so viel Platz für landgestützte Windgeneratoren, dass das Energiewendeziel der Bundesregierung erreichbar ist. Danach sollen künftig auf 2 % der Gesamtfläche des Landes Windräder schnurren. Bei „konsequenter Ausweisung von entsprechenden Flächen“ könne jedes der 16 Bundesländer die Quote erfüllen, auch die Stadtstaaten, haben das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE in Kassel und das Umwelt- und Landschaftsplanungsbüro Bosch & Partner in München festgestellt.
Windenergie ist eine Frage des politischen Willens
„Die Studie zeigt klar, was wir bereits seit Jahren immer wieder betonen: Es gibt mehr als genug Flächen in der Bundesrepublik, die potenziell als Vorrangflächen für die Windenergie in Frage kommen“, freut sich Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands WindEnergie (BWE) in Berlin. „In allen Bundesländern kann das energiewirtschaftliche Potenzial der Windenergie deshalb stärker genutzt werden. Dass die verfügbare Flächenkulisse aktuell so deutlich hinter den Zielen der Bundesregierung zurückliegt, ist also keine Frage der Verfügbarkeit – es ist eine Frage des politischen Willens auf Landesebene“, so der Wind-Lobbyist.
Wind: Mehr Kilowattstunden, weniger Generatoren
93 268 Quadratkilometer sind geeignet
Das Team ermittelte zunächst die Flächen, auf denen der Bau von Windenergieanlagen kategorisch ausgeschlossen ist, etwa weil sie nahebei wohnende Menschen unzumutbar belästigen oder den Flugverkehr gefährden würden. Gemäß dieser Analyse sind 26,1 % des Bundesgebiets (93 268 km2) keine Ausschlussflächen. Diese teilte das Team in sechs verschiedene Konfliktrisikoklassen ein – von „eins“ (sehr geringes Konfliktrisiko) bis „sechs“ (sich überlagerndes, hohes Risiko). Die Flächen der Klasse „sechs“ werden danach energetisch nicht genutzt, die übrigen mit Anteilen zwischen 100 und 5 %.
Sachsen-Anhalt mit dem höchsten Potenzial
Wenn nur die Klassen „eins“ bis „drei“ berücksichtigt werden, die das geringste Konfliktpotenzial haben, hat Sachsen-Anhalt das höchste Ausbaupotenzial. Es folgen Thüringen, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. Wenn die Klassen „eins“ bis „fünf“ bebaut werden, steigt die Fläche auf 5,6 % an, also weit mehr als die Zielmarke 2 %. Dazu kommen noch 0,3 Flächenprozente für das sogenannte Repowering, also den Ersatz von kleinen durch sehr große Windenergieanlagen.
„Zeit der Ausreden ist vorbei“
Speziell Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen hat Albers im Visier. Diese drei Länder hinkten beim Ausbau bislang deutlich hinterher. Angesichts der energieintensiven Industrien bestehe hier enormer Nachholbedarf. Für große Flächenstaaten wie Bayern oder Baden-Württemberg heiße das: „Die Zeit der Ausreden ist vorbei“, so der BWE-Präsident.
Potenzial liegt bei 770 Terawattstunden
Auf 2 % der Gesamtfläche der Bundesrepublik lassen sich Nach BWE-Auffassung 200 GW Leistung installieren, die aus heutiger Sicht 770 TWh sauberen Strom liefern können. Dafür sind 30 000 bis 35 000 Anlagen erforderlich. Der heutige Strombedarf Deutschlands liegt bei gut 500 TWh/a, Tendenz steigend, weil unter anderem mehr Wärmepumpen installiert werden und die Zahl der Elektrofahrzeuge steigt. Der BWE-Präsident schließt nicht aus, dass die Zwei-Prozent-Grenze überschritten werden muss.
Es müssen die größten Generatoren sein
Ausgewiesene Fläche müssten dabei in jedem Fall bebaubar und vollständig nutzbar sein. Gleichzeitig gelte es dafür Sorge zu tragen, dass die Flächen effektiv genutzt werden. Dafür brauche es einen modernen Anlagenpark, also Generatoren, die weit höher sind als 100 m und mehr als 6 MW Leistung haben. Hier könne die im Koalitionsvertrag angekündigte Vereinfachung für das Repowering eine entscheidende Weichenstellung werden.
„Um die hohen Ziele zu erreichen, braucht es die Unterstützung in den Kommunen“, so Albers. „Wir setzen daher auf deren bundeseinheitlich zu definierende Beteiligung. Potenzial für die Windenergie gibt es in allen Teilen unseres Landes mehr als genug.“
Das Problem der fehlenden Speicher
Also kein Problem mit der Energiewende? Wenn da nicht das Wetter wäre. Es gibt durchaus Zeiten, zu denen weder Sonne noch Wind nennenswerte Beiträge zur Stromversorgung liefern. Für diese Fälle müssen mächtige Stromspeicher zur Verfügung stehen, die kaum weniger kosten werden als die Windgeneratoren selbst – wenn sie denn überhaupt erstmal in die energiepolitische Diskussion eingebracht werden.