Wie sich die Performance beim Smart-Meter-Rollout verbessern lässt
Die Umsetzung des Messstellenbetriebsgesetzes und damit verbunden der Rollout moderner Messeinrichtungen und intelligenter Messsysteme stellt Netzbetreiber und grundzuständige sowie wettbewerbliche Messstellenbetreiber vor einige Herausforderungen: Technik, Infrastruktur, Prozesse und IT-Systeme müssen den neuen Anforderungen entsprechend effektiv und effizient angepasst werden.
Im digitalen Messwesen geht es insbesondere um die Funktionalitätssicherheit von Software, Prozessen und Komponenten. Vor welchen Anforderungen an die Gerätebeschaffung und die Umsetzung der sicheren Lieferkette (SiLKe) der Smart Meter Gateways (SMGW) stehen die Stadtwerke in der Praxis? Innerhalb der Voltaris Anwendergemeinschaft Messsystem (AWG) arbeiten 40 Stadtwerke und Netzbetreiber strukturiert an der Gestaltung der neuen Prozesse zusammen. Die Mitglieder orientieren sich dabei an einem speziell für die Anwendergemeinschaft entwickelten Prozess- und Arbeitshandbuch, das alle relevanten Prozesse des grundzuständigen Messstellenbetreibers (gMSB) im Rahmen des Smart-Meter-Rollouts enthält: von der Mengenplanung und Zählpunktauswahl über die Beschaffung und Disposition bis hin zu Installation, Inbetriebnahme und dem Störungsmanagement.
Herausforderungen bei der Beschaffung für den Smart-Meter-Rollout
Der grundlegende Beschaffungsprozess der intelligenten Messsysteme (iMSys) beginnt mit der Mengenplanung, die gemäß dem Zeitplan der verpflichtenden Einbaufälle während des Rollout-Zeitraums bis 2023 erfolgen muss. Das Stadtwerk meldet dann anhand dieser Planung seinen Bedarf für Basiszähler, SMGW und Zusatzmaterial an Voltaris und leitet damit die entsprechende Beschaffung der Hardware ein. Die Lieferung an die Kunden erfolgt, nachdem die Ware eingetroffen ist und die Wareneingangsprüfung bestanden hat – bei den SMGW unter Einhaltung der Vorgaben zur sicheren Lieferkette (SiLKe).
Bei der Planung spielt die Beachtung der Geräteverfügbarkeit eine entscheidende Rolle. Insbesondere die SMGW unterliegen einem aufwendigen Bestellprozess per elektronischem Bestell- und Lieferschein, der zudem im Einklang mit dem Kundenanschreiben drei Monate vor dem Einbautermin und der konkreten Terminierung des Einbaus (zwei Wochen vor Umbau der Messstelle) stehen muss. Zu berücksichtigen ist außerdem die Verfügbarkeit beim Hersteller.
Laut gesetzlicher Vorgabe muss das SMGW zudem innerhalb von zwei Jahren nach der Produktion in Betrieb genommen sein, da ansonsten das Zertifikat verfällt. Zusätzliche Aspekte bei der Geräteauswahl sind Interoperabilität und Upgrade-Fähigkeit der SMGW. Beide Faktoren sind essenziell wichtig für das Zusammenspiel zwischen Zähler und Gateway.
Standardisierter Prozess spart Kosten
Die konkrete und verbindliche Bedarfsmeldung der Stadtwerke-Partner erfolgt über den Voltaris-Webshop, der das gesamte und stets aktuelle Produktportfolio des Energiedienstleisters enthält und zusätzlich über detaillierte Produktbeschreibungen und Anwendungshilfen verfügt. Vorgefertigte Bestellpakete vereinfachen die Auswahl der Hardware und Zusatzmaterialien und garantieren die erwähnte Kompatibilität.
Doch die Einführung von iMSys erfordert auch Anpassungen der Bestell- und Lieferprozesse. Dafür hat das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN) einen elektronischen Lieferschein für Energiemessgeräte und Komponenten für Messsysteme entwickelt – ein einheitliches Format für einen Bestell- beziehungsweise Lieferschein auf XML-Basis. Mit dem elektronischen Lieferschein werden die notwendigen Daten für Bestellungen, Warenentnahme und Reparaturen erfasst. Gemäß den SiLKe-Vorgaben ist es unabdingbar, dass der E-Mail-Versand der elektronischen Lieferscheine und ebenso die Abstimmung zur Lieferung (zum Beispiel Liefer- oder Abholtermin, Ansprechpartner, Ort usw.) von SMGW beidseitig per „S/Mime“ verschlüsselt erfolgen.
Innerhalb der AWG werden sämtliche Prozesse zur Abwicklung der Beschaffung gemäß der aktuellen FNN-Lastenhefte ausgeführt. Der Leitfaden „Systeme und Prozesse“ beschreibt zum Beispiel standardisierte Prozesse von der Beschaffung bis zur Entsorgung eines iMSys. Zudem erfolgt die Beschaffung von Hardware ausschließlich bei zertifizierten Lieferanten, die ihren Herstellungsprozess und ihre Qualitätssicherung durch ein Hersteller-Audit nachgewiesen haben. Der Bezug über Rahmenverträge mit Kooperationspartner ermöglicht hohe Abnahmemengen und garantiert somit günstige Bezugspreise.
Maßnahmenpaket für Mobilfunkanwendung
Der stabile Mobilfunkempfang ist unabdingbar für die sichere Übertragung der Messdaten. Bei der Installation ist es daher wichtig zu prüfen, ob ein ausreichender Mobilfunkempfang verfügbar ist. Um die Monteure vor Ort zu unterstützen, hat Voltaris ein komplettes Maßnahmenpaket für die Mobilfunkanwendung entwickelt. Schon im Vorfeld des Einbaus stellt der Energiedienstleister den Stadtwerke-Partner auf Wunsch die Providerdaten der Anschlussobjekte zur Einschätzung der Mobilfunk-Empfangsstärke zur Verfügung. Somit kann der Einbau besser geplant werden – zeitlich und auch hinsichtlich der Antennenauswahl. Letztendlich entscheiden die Monteure vor Ort anhand einer zusätzlichen Pegelmessung und des Blinkverhaltens des SMGW, welche Antenne wie zu platzieren ist, um die bestmögliche Verbindung zu erreichen. Momentan werden auch weitere WAN-Alternativen getestet wie die Anbindung von Gateways im 450-MHz-Funknetz.
Unterstützung beim operativen Rollout
Konkrete Anwendungshilfen wie Handbücher, Video-Tutorials und Schulungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit innerhalb der Anwendergemeinschaft und eine wertvolle Unterstützung für ServicetechnikerInnen und Rollout-Manager der Stadtwerke-Partner. Neben dem Arbeits- und Prozesshandbuch wurde nun auch ein Handbuch zur Installation und Inbetriebnahme der iMSys entwickelt. Es enthält auf mehr als 30 Seiten die Abbildungen aller einzelnen Komponenten, Installationsschritte in Bild und Text sowie eine ausführliche Antennenübersicht. Ergänzt werden die Anwendungshilfen durch praxisnahe Schulungen – derzeit komplett digital.
Umfangreiches Sicherheitskonzept für SiLKe-Anforderungen
Die Umsetzung der SiLKe stellt eine weitere Herausforderung auf dem Weg in das intelligente Messwesen dar. Um den Logistikprozess der SMGW so sicher wie möglich zu gestalten, hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hohe Anforderungen an den sicheren Umgang mit den Gateways definiert. Die „sichere Lieferkette“ soll Manipulationen an den Geräten und das unbemerkte Einschleusen von nicht zertifizierten Geräten in den Montageprozess verhindern. Die Vorgaben gelten von der Produktion des Gateways bis hin zur Montage beim Endkunden. Hersteller und Messstellenbetreiber sind demnach verpflichtet, umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen, um die Integrität der Gateways auf dem gesamten Lieferweg zu sichern. Die Gateways werden beispielsweise in speziellen Sicherheitsverpackungen transportiert. Der Transport selbst wird per Tracking nachverfolgt.
Das Besondere bei Voltaris: Ein vollumfängliches Sicherheitskonzept für die Anforderungen der SiLKe wurde bereits erarbeitet und erprobt und wird nun im operativen Rollout in der Praxis erfolgreich umgesetzt. Die geschulten Voltaris-Ausbildungsleiter führen die Schulungen für Monteure und Lageristen nach dem „Train-the-Trainer“-Konzept durch. Zudem ist Voltaris Teil des FNN-Expertenteams „Sichere Logistikkette SMGW“ und darüber hinaus aktiver Teilnehmer in der BSI-Task-Force „Sicherheitskonzept Lieferkette SMGW“.
Für die Schulungen zur „berechtigten Person“ im Rahmen der SiLKe hatte Voltaris zuerst ein hybrides Schulungskonzept erarbeitet, das digitales Lernen und Präsenztraining ideal kombinierte: Der Theorieteil fand per Online-Seminar statt, den erforderlichen Praxis-Test legten die Teilnehmer bisher unter stringenter Einhaltung des Sicherheits- und Hygienekonzepts in Kleingruppen von maximal fünf Personen an den jeweiligen Standorten in Maxdorf oder Merzig ab.
Nun wurde ein neues, komplett digitales Schulungskonzept erarbeitet und durch den Gateway-Hersteller geprüft und genehmigt. Es verbindet den Theorie- und den Praxisteil in einer Websession. Ende Januar wurde eine SiLKe-Schulung erstmals komplett digital durchgeführt. Die gesamte, rund dreistündige Schulung besteht aus einem Theorieteil, einer praktischen Einweisung per Video und einem Abschlusstest auf der Voltaris-E-Learning-Plattform.
Anwendergemeinschaft Messsystem
In der Anwendergemeinschaft arbeiten sowohl kleinere und mittlere Stadtwerke als auch große Energieversorger beim Smart-Meter-Rollout zusammen. Die gemachten Erfahrungen werden mit allen Teilnehmer analysiert und fließen in die Prozessoptimierung ein. Für die Anwendergemeinschaft wird Voltaris rund 1,3 Millionen Zählpunkte im intelligenten Messstellenbetrieb betreuen, davon über 175 000 iMSys als Full-Service-Dienstleitung. Parallel werden digitale Geschäftsmodelle entwickelt, etwa Portallösungen zur Visualisierung der Energiedaten oder White-Label-Lösungen für das Submetering zur automatisierten Heizkostenabrechnung als Dienstleistung für die Wohnungswirtschaft.
Dr.-Ing. Stephan Röhrenbeck, Teamleiter Produktentwicklung und Projektmanagement bei der Voltaris GmbH