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Klimaschutz 13.05.2024, 07:00 Uhr

Politische Risiken bremsen Fortschritt: Klimawandel in Gefahr?

Die deutsche Klimawende gerät ins Stocken, obwohl sie technisch und wirtschaftlich machbar ist und von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wird. Politische und gesellschaftliche Hürden gefährden das Ziel der Klimaneutralität bis 2045, wie eine Studie der Universität Hamburg zeigt.

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Was ist nötig, damit es mit der Klimawende weiterhin vorangeht?

Foto: panthermedia.net/KaterynaPavlenko

Stefan Aykut vom Exzellenzcluster Klima, Klimawandel und Gesellschaft (CLICCS) hat mit seinem Team den Status quo der deutschen Klimawende unter die Lupe genommen. Die aktuelle Studie ist Teil einer Studienreihe, die von der Stiftung Mercator gefördert wird. Der Soziologe identifizierte in seiner Studie gesellschaftliche Treiber, die den klimaneutralen Umbau Deutschlands vorantreiben oder ausbremsen. „Bestehende Interessen, Gewohnheiten und Geschäftsmodelle werden durch die Klimawende herausgefordert“, erklärt Aykut.

Die erste Studie kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: Die bisher beschlossenen politischen Maßnahmen reichen für eine erfolgreiche Klimawende langfristig nicht aus. Zwar wurden Emissionen gesenkt, erneuerbare Energien ausgebaut und eine Mehrheit der Deutschen unterstützt den Klimaschutz grundsätzlich. Doch die erreichten und künftigen Emissionsminderungen sind oft nicht auf Dauer abgesichert. Zugleich nehmen politische Risiken zu: Deutsche und europäische Schuldenregeln schränken den Spielraum für klimafreundliche Investitionen ein und rechtspopulistische Parteien lehnen Klimaschutzmaßnahmen grundsätzlich ab.

Zivilgesellschaft setzt in Sachen Klimawende positive Impulse

Positive Impulse kommen hingegen aus der Zivilgesellschaft: Die Klimabewegung ist vielfältiger geworden und kann auf breite gesellschaftliche Solidaritätsnetzwerke zurückgreifen. Erfolge erzielt sie beispielsweise bei wegweisenden Gerichtsbeschlüssen, wie dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser gab einer Gruppe von Schweizer Seniorinnen und Senioren Recht, die beklagt hatten, dass ungenügender Klimaschutz ihre Menschenrechte verletzt. Doch auch Gerichte können die Klimawende nicht im Alleingang umsetzen. Die Hoffnung liegt daher in der Verknüpfung positiver Dynamiken in Politik, Zivilgesellschaft und Rechtsprechung, die sich gegenseitig verstärken und den Klimaschutz vorantreiben.

Klimaschutz braucht eine starke Zivilgesellschaft

Allerdings werden zivilgesellschaftliche Handlungsspielräume zunehmend eingeschränkt. „Wenn Möglichkeiten zum Protest und Finanzierungsquellen beschränkt werden, ist das vor dem Hintergrund der nötigen gesellschaftlichen Unterstützung für die Klimawende problematisch“, warnt Aykut. Auch treten vermehrt gesellschaftliche Konflikte um Verteilungsfragen auf, wie bei den Protesten zum Heizungsgesetz oder zum Abbau von Agrardiesel-Subventionen. Eine passive Unterstützung für den Klimaschutz reicht in diesem Kontext nicht aus. „Um die Klimawende erfolgreich umzusetzen, brauchen wir nicht nur neue Technologien und Märkte, sondern auch neue Formen des Arbeitens, Wirtschaftens und Konsumierens“, betont Aykut. Dazu gehören eine veränderte Rolle des Staates und eine starke Unterstützung aus der Zivilgesellschaft.

Die Analyse solle das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer breiten gesellschaftlichen Trägerschaft für den Klimaschutz schärfen, erklärt Dr. Lars Grotewold von der Stiftung Mercator. Die jährliche Veröffentlichung der Studie bietet Anlässe für die strategische Reflexion politischer und zivilgesellschaftlicher Akteure. Sie liefert Ansätze, wie gesellschaftliche Kontextfaktoren gestaltet werden können, um die angepeilten Klimaziele zu erreichen.

Klimawende: Studienreihe untersucht Schlüsselfaktoren

Die Studie ist Teil der Analyse „Klimawende Ausblick“, die von der Stiftung Mercator unterstützt wird. In folgenden Veröffentlichungen werden weitere gesellschaftlich relevante Schlüsselfaktoren wie Firmenstrategien, Konsumverhalten, Divestment oder Medien untersucht. Grundlage ist der „Hamburg Climate Futures Outlook“, eine jährliche Studie des CLICCS an der Universität Hamburg. Hier wurde der Rahmen für die weltweite Analyse der gesellschaftlichen Treiber der Klimawende entwickelt. Die Forschenden prüfen, welche künftigen Entwicklungen („Klimazukünfte“) weltweit möglich und plausibel sind, insbesondere vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Dynamiken.

Mit finanzieller Unterstützung der Stiftung Mercator arbeitet die Universität Hamburg an einer Übertragung des Modells auf die deutschen Verhältnisse. Unter Federführung der Mercator-Stiftungsprofessur für Soziologie werden die Ergebnisse zusammengetragen und in einem jährlichen Bericht zur gesellschaftlichen Dynamik der deutschen Klimawende veröffentlicht.
Das Exzellenzcluster CLICCS wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Es ist am Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN) der Universität Hamburg angesiedelt und arbeitet mit elf Partnerinstituten eng zusammen. Zu ihnen gehören das Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, das Helmholtz Zentrum Hereon und das Deutsche Klimarechenzentrum. Das CLICCS entwickelt aus seiner Grundlagenforschung auch immer wieder Handlungsempfehlungen für die Politik.

Von Nicole Lücke