Wasserstoff konkret: Welche Lösungen in Hannover zu sehen sind
Mit dem gleichzeitigen Blick auf Klimaschutz und Versorgungssicherheit scheint die Zeit reif, die Weichen für Wasserstoff zu stellen. Auch auf der Hannover Messe rückt das Thema immer stärker in den Fokus.
Beim Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) ist man sich sicher: „Die Abhängigkeit von russischem Erdgas und anderen fossilen Energieträgern kann bereits mittelfristig durch einen ambitionierten Hochlauf grüner, klimaneutraler Gase ersetzt werden.“ Die heimische Produktion von erneuerbaren Gasen ist dabei ein wichtiger Baustein. Laut DVGW sind jährlich rund 300 TWh erneuerbare Gase in Deutschland im Jahr 2030 heimisch erzeugbar.
Für den Wasserstoffhochlauf definiert der Verein den Bau von 40 GW Elektrolysekapazität hierzulande als einen schnell anzustrebendenden Größenwert. „Entgegen der häufigen Annahme muss Wasserstoff keine Mangelware bleiben“, heißt es in einem DVGW-Papier vom März diesen Jahres. Bis 2045 könnten danach Industrie, Fahrzeuge sowie Gebäude mit einer Energiemenge von 850 TWh versorgt werden. Durch den Import von grünem Wasserstoff wäre auf lange Sicht sogar ein Angebot von etwa 2 000 TWh denkbar. Dies entspricht laut DVGW mindestens dem Doppelten der Energie, die im klimaneutralen Deutschland der Zukunft benötigt werde. Um diese Potenziale zu erschließen hat der DVGW neun größere Handlungsfelder identifiziert.
Schlüsselrolle bei Versorgungssicherheit und Klimaschutz
Eine Zeitenwende im Spannungsfeld von Versorgungssicherheit und Klimaschutz, die die Welt durchlebe, hat der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Messe AG, Dr. Jochen Köckler, im Vorfeld der Hannover Messe ausgemacht. Wenn es um die CO2-neutrale Produktion und die Energie-Versorgungssicherheit in Europa geht, spielten regenerative Energien und grüner Wasserstoff eine Schlüsselrolle. Viele Unternehmen gehen bereits mit konkreten Lösungen voran, von denen einige auf der Hannover Messe zu sehen sein werden. So präsentiert etwa Bosch einen Wasserstoffkreislauf, bei dem grüner Wasserstoff für industrielle Prozesse gewonnen wird.
Auch Emerson (Halle 13, Stand B54) zeigt innovative Wasserstofflösungen. Im Mittelpunkt steht dabei unter anderem ein speziell angefertigtes Wasserstoff-Skid. Dieses wird vom Prozessleitsystem „DeltaV“, dem sicherheitsinstrumentierten System und einer Bedienerschnittstellensoftware gesteuert, die laut Emerson Sicherheit, Betriebszeit und Betriebseffizienz gewährleisten. Das Skid ist mit einem „Emerson Micro Motion Coriolis HPC015“-Durchflussmesser ausgestattet, der speziell für Hochdruck-Wasserstoffabgabeanwendungen entwickelt wurde, bei denen Messgenauigkeit und Sicherheit von entscheidender Bedeutung sind, erläutert das Unternehmen. Arthur Gosling, Director Strategic Sales & Sustainability DACH bei Emerson, ist sich sicher: „Der weltweite Übergang zu nachhaltiger Energie treibt die Nachfrage nach Wasserstoff voran, der eine praktikable Option sowohl für Fahrzeuge als auch für Energiesysteme darstellt.“
Komplettsystem für den Transport und die Speicherung
Das Unternehmen Voss Fluid (Halle 13, Stand D53) widmet seinen Auftritt auf der Hannover Messe 2022 gänzlich dem Energieträger Wasserstoff. Schon mit dem Standort der Ausstellungsfläche im Bereich der „Hydrogen + Fuel Cells Europe“ setze man ein Zeichen, betont das Wipperfürther Unternehmen. Im Mittelpunkt der Produktpräsentation steht dabei unter anderem das hochdichte Rohrumformsystem „Voss Lok 40“, das jüngst für hochsensible Wasserstoffanwendungen zertifiziert wurde. Zusätzlich hat Voss Fluid das Leistungsangebot durch die neue Partnerschaft mit der HypTec GmbH um effiziente Hochdruckventilkomponenten erweitert. Zum Einsatz kommen die Lösungen von Voss Fluid mittlerweile bei der Elektrolyse, dem Transport und der Speicherung von Wasserstoff sowie in Brennstoffzellensystemen. Durch den Einsatz von einbaufertigen Leitungen in Kombination mit Voss Lok 40 und den neuen Hochdruckventilen sei man in der Lage, komplette Systeme für den Transport und die Speicherung von Wasserstoff abzubilden, betont das Unternehmen.
Steigende Nachfrage aus dem Wärmemarkt
Bei Proton Motor (Halle 13, Stand D43/1) betrachtet man die Kombination aus erneuerbaren Ressourcen und Wasserstoff für die dekarbonisierte Wirtschaft durch alternative, unabhängige Energieerzeugung als Schlüsselelement der Klimawende. Aktuell verzeichnet das Puchheimer Unternehmen, das schon auf Erfahrungen mit Wasserstoff-Brennstoffzellen über einen Zeitraum von einem Vierteljahrhundert zurückblicken kann, vor allem eine steigende Nachfrage aus dem Wärmemarkt-Segment. Auf der Hydrogen + Fuel Cells Europe steht der Brennstoffzellen-Stack „PM 400“ als aktueller Kern der Proton-Motor-Technologie im Fokus des Messeauftritts. Ziel von Design, Entwicklung und Produktion der Proton-Motor-eigenen Stackmodule PM 200 und PM 400 sei die bestmögliche Performance bei gleichzeitiger Maximierung der Lebensdauer, betont das Unternehmen. Dies werde einerseits durch aufwendige, fluiddynamische Simulationen für eine optimale Medien- und Temperaturverteilung, sowie eine kontinuierliche Beobachtung des Zulieferermarkts erreicht. Andererseits seien hier Auswahl, Testen und Benchmarking der neuesten Technologien von Bedeutung.
Erstmals Wasserstoffpreis in Hannover
Der wachsende Stellenwert des neuen Energieträgers zeigt sich auch daran, dass auf der Hannover Messe in diesem Jahr erstmalig ein Wasserstoffpreis verliehen wird. Die Deutsche Messe AG und der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV) schreiben gemeinsam den neuen „H2Eco Award“ aus. Dieser richtet sich an Unternehmen, die mit ihren Projekten einen herausragenden Beitrag für den Hochlauf der Wasserstoff-Marktwirtschaft leisten. Dabei stehen Wirtschaftlichkeit, Innovationskraft und Unternehmertum im Vordergrund. Die Verleihung des mit 5 000 € dotierten Preises erfolgt am 31. Mai 2022 auf der Bühne des Energy-4.0-Forums unter der Schirmherrschaft von Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz.
„Mit diesem neuen Preis würdigen wir die Wasserstoff-Wirtschaft. Im Rahmen der Hannover Messe bieten wir bereits seit Jahren die größte europäische Plattform für die Wasserstoff- und Brennstoffzellenwirtschaft. Dort präsentieren mehr als 200 Unternehmen im Ausstellungsbereich Hydrogen + Fuel Cells Europe Lösungen für eine nachhaltige Energieversorgung mittels Wasserstoff aus regenerativen Energien“, sagt Messechef Köckler.
Michael Nallinger, freier Mitarbeiter der BWK-Redaktion