Digitaler Zwilling verlängert Rotorblätter-Lebensdauer durch vorausschauende Wartung
Der Fachbereich Windenergie der Technischen Universität Dänemark kooperiert mit Siemens beim Einsatz von Simcenter-Lösungen für ein innovatives ReliaBlade-Projekt, Ziel ist es die Lebensdauer von Offshore-Windturbinen durch vorausschauende Wartung zu verlängern.
Angesichts des sich beschleunigenden Klimawandels liegt der Schwerpunkt in Dänemark auf erneuerbaren Energien. Der Fachbereich für Windenergie der TU Dänemark (DTU Wind Energy), geführt von Kim Branner, und das ReliaBlade-Projekt verfolgen das Ziel, die Entwicklung von Windturbinen mit technischen Erkenntnissen unterstützen.
Offshore-Windkraftanlagen sind praktisch lautlos, sie befinden sich an Orten mit hohen Windstärken. Daher ist eine Zustandsbewertung eine große Herausforderung, vor allem in Hinblick auf Wartung und Reparaturen.
ReliaBlade ist ein deutsch-dänisches Gemeinschafts-Forschungsprojekt, das für jedes einzelne Windturbinen-Rotorblatt einen einzigartigen digitalen Zwilling entwickelt, der dessen spezifische Defekte und Unvollkommenheiten berücksichtigt. So gelangt man an Erkenntnisse zu Lebensdauer und Wartungsmöglichkeiten.
Der Digitalisierung des gesamten Prozesses kommt dabei besonders große Bedeutung zu. Dies zeigt sich bereits in der Verwendung von hochpräzisen Scans, zerstörungsfreien Prüfwerkzeugen (ZfP), hoch entwickelten Bildverarbeitungstechniken und der Multiskalenmodellierung von Rotorblättern.
Der digitale Zwilling verfolgt nicht nur den aktuellen Zustand eines Rotorblatts, sondern eignet sich auch dafür, den zukünftigen Zustand des Rotorblatts vorherzusagen, wenn Schäden erstmals auftreten und sich über den gesamten Lebenszyklus hinweg ausweiten.
„Mit den im digitalen Zwilling enthaltenen Überwachungssystemen besteht die Möglichkeit, einzugreifen, bevor ein Problem an der Offshore-Windturbine konkret wird.“, sagt Branner. „Ziel ist, dass sie 20, 30 Jahre halten und jeden Tag bei jedem Wetter laufen. Notwendige Reparaturen können durch die vorausschauende Wartung geplant und zu passenden Zeitpunkten erledigt werden.“
Digitalisierungsplattform
Das Team der DTU Wind Energy arbeitet mit Siemens Digital Industries Software zusammen. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit entwickelt die DTU Wind Energy mit Software Simcenter™ einen umfassenden digitalen Zwilling von Windkraftanlagen für das ReliaBlade-Projekt.
Die digitale Plattform von ReliaBlade umfasst die Konstruktion von Rotorblättern für das digitale Produkt, die Fertigung von Rotorblättern und Bauteilen sowie die Materialeigenschaften und die Auswirkungen von Fehlern für die digitale Fertigung und schließlich die Prüfung von Teilkomponenten und Rotorblättern im Originalmaßstab, um die digitale Leistung zu ermitteln. Simcenter ist Teil der Siemens Xcelerator-Business Plattform für Software, Hardware und Services.
„Wir haben uns für Siemens Digital Industries Software als Partner entschieden, weil sie Erfahrung in der Arbeit mit der digitalen Zwillingstechnologie in anderen Branchen haben und über eine breite Software-Sparte verfügen.“, sagt Branner. „Dieser digitale Zwilling für Rotorblätter ist einzigartig.“
Das Testen
DTU Wind Energy führte physikalische Tests in der Software Simcenter Testlab™, 1D-Simulationen in der Software Simcenter Amesim™ und virtuelle Kanäle in der Software Simcenter Testlab Neo durch.
Für die Rotorblattprüfung verwendet die DTU Wind Energy experimentelle Strukturdynamik, um das Rotorblatt zu identifizieren. Darüber hinaus hat die DTU Wind Energy eine 3D-Finite-Elemente-Simulation (FE) und eine Korrelation mit der Prüfung durchgeführt.
Die freie Geometrie war die Basis für alle ReliaBlade-Tests und umfasste 124 Messpunkte. Die dehnungsbasierte operationelle Modalanalyse ist eine Kombination aus Dehnungsmessstreifen und Speckle-Mustern für digitale Bildkorrelationsmessungen (DIC). Die dehnungsbasierte Betriebsmodalanalyse bietet vier verschiedene Kraftstufen (1,50kN, 2,17kN, 2,65kN, 3,17kN), 76 Dehnungsmessstreifen entlang 12 Abschnitten und eine Abtastfrequenz von 200 Hz.
Simcenter Testlab wurde für die strukturdynamische Identifizierung, die Validierung numerischer Modelle, die schwingungsbasierte Schadenserkennung und modellbasierte Systemtests verwendet.
Die Entwicklung einer digitalen Plattform half bei der Automatisierung der modalen Modellschätzung, der Übertragung von Daten aus dem Internet der Dinge (IoT) in die IBM® Cloud, virtuellen Sensoren und modellbasierten Systemtests sowie der Integration von Test und Simulation.
Die Ergebnisse des ReliaBlade-Projekts zeigen, wie die DTU Wind Energy die entwickelte Architektur des digitalen Zwillings von der vollständigen Simulation bis zum maßstabsgetreuen Rotorblatt anwenden kann.
„Die Zusammenarbeit mit Simcenter ist meiner Meinung nach eine großartige Möglichkeit, um die Vision für dieses Projekt zu entwickeln“, sagt Branner.
Die TU Dänemark stellt sich eine Zukunft vor, in der ein Rotorblatt beim Verlassen des Werks nicht nur aus dem physischen Rotorblatt besteht, sondern einen digitalen Zwilling umfasst.
Rotorblätter sind einzigartig und alle haben kleine Unvollkommenheiten oder Abweichungen, die sich während des Fertigungsprozesses manifestieren. Ingenieure müssen alle Materialeigenschaften berücksichtigen, da sie leicht unterschiedlich sein können. Das ReliaBlade-Projekt arbeitet mit Scantechnologien, um diese Unvollkommenheiten zu berücksichtigen und sie in den einzigartigen digitalen Zwilling des Rotorblatts aufzunehmen. Durch das Anbringen von Sensoren am Rotorblatt lässt sich überwachen, was mit dem Rotorblatt während seiner Nutzungsdauer passiert.
Mit diesem optimierten digitalen Zwilling ist es möglich, weitere erkenntnisbasierte Entscheidungen zu treffen. Wenn ein Rotorblatt repariert werden muss, lassen sich mit seinem digitalen Zwilling verschiedene Reparaturmethoden simulieren und davon ausgehend lässt sich entscheiden, welche spezifische Reparaturoption für den Schaden am besten geeignet ist.