Die Renaissance des Zeppelins
In Frankreich und den USA werden Luftschiffe gebaut, die die Umwelt nicht oder kaum belasten. Sie werden von Elektromotoren angetrieben. Den benötigten Strom liefern Solarzellen auf der Außenhaut beziehungsweise Brennstoffzellen.
Der Flug von Europa in den Osten der USA dauert künftig gut zwei Tage, der Rückflug sogar mehr als drei. Diese Reisezeiten erinnern an die des Luftschiffs „Hindenburg“, das 1936 und 1937 mehrmals zwischen Deutschland, New York und Rio de Janeiro pendelte, ehe es am 6. Mai 1937 bei der Landung in Lakehurst bei New York ausbrannte. Ungeachtet dessen soll der Zeppelin wieder aufleben, diesmal aber gefüllt mit unbrennbarem Helium und angetrieben von Elektromotoren. Dirisolar in Boulogne-Billancourt südwestlich von Paris und LTA Research im kalifornischen Mountain View entwickeln derartige Luftschiffe. Den Strom soll nach den Plänen von Dirisolar ein Batterieblock an Bord liefern, der während der Fahrt von ultradünnen Solarzellen aufgeladen wird, die die gesamte Hülle überziehen. LTA setzt dagegen auf Brennstoffzellen an Bord, die Wasserstoff in Strom umwandeln.
CO2-Emissionen werden deutlich gesenkt
Wenn die Zeppeline der nächsten Generation einsatzbereit sind, können sie sich gleichauf den Weg machen. Christoph Pflaum, Informatikprofessor an der Universität Erlangen-Nürnberg, und Agnes Jocher, Professorin für umweltverträgliche Mobilität an der Technischen Universität München (TUM), haben sich schon mal intensive Gedanken darüber gemacht, auf welchen Wegen diese Luftschiffe ihre Ziele am besten erreichen. „Unsere Berechnungen zeigen, dass durch den Einsatz eines Solar-Zeppelins sowohl die Transportkosten als auch die CO2-Emissionen der Luftfahrt deutlich gesenkt werden können“, so Pflaum, Spezialist für numerische Simulationen mit Höchstleistungsrechnern.
Wetter und Wind sind entscheidend
Emissionen fallen beim Solar-Zeppelin nur beim Aufladen der Bordbatterien vor dem Start an, wenn Netzstrom genutzt wird. „Das sind 1 bis maximal 5 % der Menge an Kohlenstoffdioxid, die im konventionellen Luftverkehr anfällt“, sagt Pflaum. Beim Transport von Fracht auf der Langstrecke liegt der Wert unter 1 %, bei einem Mittelstreckenflug bei knapp 1,4 % und bei der Personenbeförderung bei weniger als 5 %. Die Luftschiffe kommen allerdings nur an, wenn die Route stimmt. Bei der Berechnung müssen Jahreszeit und aktuelles Wetter, vor allem Windstärke und -richtungen berücksichtigt werden.
Solar-Zeppeline fahren oberhalb der Wolken, um optimal mit Sonne und damit mit Strom versorgt zu werden. Dort gibt es weitgehend konstante Luftströmungen, gegen die das Schiff ankämpfen muss oder sie nutzen kann, um flotter voranzukommen oder Strom für strömungstechnisch schlechte Zeiten zu sparen.
Flacher Bauch mit doppelter Wirkung
Das Dirisolar-Luftschiff soll autonom starten, fahren und landen. Es wird drei Elektromotoren haben, die ebenso viele Propeller antreiben. Einer davon strahlt senkrecht nach unten. Er wird nur beim Start benötigt. Um zu landen muss der Auftrieb reduziert werden. Das geschieht, indem ein Teil des Heliums komprimiert und in Drucktanks an Bord gepresst wird, sodass es nicht mehr zum Auftrieb beiträgt. Der Solar-Zeppelin ist mit einem flachen Bauch ausgestattet, der zum einen während der Fahrt für zusätzlichen Auftrieb sorgt, ähnlich wie die Flügel von Flugzeugen. Zum anderen soll er dadurch weniger anfällig für Windböen sein. Zudem wird er durch diese Asymmetrie vom Wind Richtung Boden gedrückt, sobald er beim Landen in der Nähe des Erdbodens angekommen ist.
Die traditionelle Gondel hat ausgedient
Bei dieser Bauweise hat die traditionelle Gondel, die unter den Zeppelinen hängt und Platz für Passagiere und Fracht bietet, natürlich keinen Platz mehr. Der nutzbare Raum befindet sich im Cockpit an der Spitze des Zeppelins. Die für Solarzellen zur Verfügung stehende Fläche beträgt gut 300 m2. Nach Dirisolar-Rechnungen genügen bereits 80 m2, um genügend Strom selbst für Atlantiküberquerungen zu erzeugen. Der Solar-Zeppelin wird allerdings mit deutlich mehr Zellen bestückt, um stets eine Reserve zu haben. Möglicherweise wird er auch mit einer Brennstoffzelle ausgestattet, die im Notfall Strom aus Wasserstoff herstellt, der in Drucktanks an Bord mitgeführt wird.
Reichweite liegt bei 4 500 Kilometern
Während der Dirisolar-Zeppelin noch eine Weile auf sich warten lassen dürfte, ist LTA schon nah am Ziel. Der „Pathfinder 1“ soll noch in diesem Jahr abheben. Er wird eine Geschwindigkeit von 110 km/h erreichen und 28 t transportieren können. Der Wasserstoffvorrat an Bord reicht für 4 500 km, zu wenig für eine Atlantiküberquerung.
Speisesaal und bequeme Kabinen
Dass Zeppeline keine Passagiere finden hält Pflaum für ausgeschlossen. Sie würden schließlich wie einst die „Hindenburg“ mit Speisesaal und bequemen Kabinen ausgestattet. Menschen mit Sinn für Komfort und viel Zeit fänden sich schon. Und für Fracht seien die Fahrzeiten allemal attraktiv.
Wolfgang Kempkens