Fahrzeugbatterien werden während der Fahrt geladen
Elektromagnetische Felder aus Spulen, die im Asphalt verborgen sind, versorgen Elektrofahrzeuge künftig mit Strom. Die lästigen Zwischenstopps zum Laden entfallen.
Zwischen dem Karlsruher Rheinhafen und dem Hauptbahnhof der badischen Metropole pendelt künftig ein ganz besonderer Elektrobus. Obwohl er mit einem vergleichsweise kleinen Batteriepack ausgestattet und keine Oberleitung vorhanden ist, muss er kaum Pausen einlegen, um frische Energie zu „tanken“. Die Bordakkus werden geladen, wenn das Fahrzeug über eine 100 m lange Ladestraße rollt. In den Asphalt eingelassen sind dort Spulen, die mit Wechselspannung versorgt werden. Sie bauen ein elektromagnetisches Feld auf, das eine Spule unter dem Bus auffängt. Dort entsteht, wie in der zweiten Spule eines Transformators oder einer berührungslosen Ladestation für Fahrzeuge und Elektrogeräte, ein elektrischer Strom. Er wird gleichgerichtet und fließt in den Batterieblock.
Unkontrolliertes Laden gefährdet das Stromnetz
Ladetechnik aus Israel
Es wird die wohl erste Teststrecke dieser Art in Deutschland sein. Der Karlsruher Energieversorger EnBW lässt sie mit einer Technik bauen, die das israelische Unternehmen Electreon entwickelt hat. Wenn sich das Laden im darüberhinwegfahren bewährt soll die elektromagnetische Straße auf 400 m verlängert werden, damit die Batterien tatsächlich immer prall gefüllt sind. Derzeit ist für alle Fälle noch eine kontaktlose Ladestation im EnBW-Ausbildungszentrum am Hafen vorgesehen.
Mobiles Laden auch im Rheinland
Eine weitere Versuchsstrecke geht Mitte dieses Jahres auf einer Autobahn bei Köln in Betrieb. Electreon bekam den Zuschlag im Rahmen des „eCharge“-Projekts, einer Verkehrselektrifizierungsinitiative, die vom „Roads Innovation Program“ der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) finanziert wird. Zum Konsortium gehören auch Volkswagen und Eurovia, ein Verkehrsinfrastruktur- und Stadtentwicklungsunternehmen in Berlin, das zum französischen Vinci-Konzern gehört. Die israelischen Ingenieurinnen und Ingenieure rüsten für den Versuchsbetrieb einen „e-Crafter“ um, einen Elektrotransporter von Volkswagen.
Laster und Busse fahren ohne Pause
Gedacht ist die Technik vor allem für elektrisch angetriebene Schwerlaster und Reisebusse. Wenn nicht zu viel Ladekapazität verloren gehen soll würden die Batterien allenfalls für 400 km reichen. Bei Fahrten vom Hamburger Hafen etwa nach Österreich müsste ein Lkw mehrere Stopps einlegen, um die Batterien frisch zu füllen. Das hält auf, auch wenn es bereits viele Schnellladestationen gibt. Busreisenden sind solche Stopps erst recht nicht zuzumuten. Wenn auf viel befahrenen Strecken hin und wieder 25 km lange elektromagnetische Abschnitte installiert würden, wären 1 000 km und mehr ohne Pause (natürlich mit zwei Fahrer*innen) keine Utopie mehr. Jede dieser Ladestraßen erhöht die Reichweite um 20 %, sagen Forschende der Technischen Universität Braunschweig, die ebenfalls an dieser Technik arbeiten.
E-Autos laden Strom für 100 Kilometer in nur fünf Minuten
Premiere war in Tel Aviv
Die erste Teststrecke hat Electreon in Tel Aviv gebaut. Sie verbindet die Universität mit dem Stadtteil Ramat Aviv. Sicherheitshalber ist an der Universitätshaltestelle noch eine kontaktlose Ladestation installiert.
Die zweite Anlage befindet sich in Schweden zwischen Flughafen und Stadtzentrum von Visby auf der Insel Gotland. Auf der dortigen 1 600 m langen „Smart Road Gotland“ gelang es, während der Fahrt 45 kW auf die Batterie eines 40 t schweren voll elektrischen Sattelschleppers zu übertragen. Ziel ist die Erhöhung auf 125 kW, die bei Autobahngeschwindigkeit übertragen werden sollen. In der Lombardei in Italien ist auf der Autostrada 35 zwischen Brescia und Mailand eine 1 000 m lange Teststrecke in Betrieb, die Schwerlaster mit Strom versorgt.
Auch die US-Autostadt ist dabei
Mit 1,6 km noch länger ist die Strecke, die derzeit in Detroit, der Autostadt der USA, gebaut wird. Sie soll 2023 auf dem Gelände eines alten Bahnhofs in Betrieb gehen, den der Autohersteller Ford 2018 gekauft hat, um dort einen Forschungscampus für Elektromobilität zu bauen. Eins der Projekte, die dort realisiert werden, ist die Batterieladestraße.