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Biokatalysatoren 13.02.2023, 07:00 Uhr

Endlich Lösung für Plastikmüll in Sicht: Enzyme zerlegen Kunststoffe

Forschende stehen kurz vor dem Durchbruch, um das Plastik-Problem in der Umwelt in den Griff zu kriegen. Sie haben Biokatalysatoren gefunden, die einen natürlichen Abbau-Prozess in Gang setzen. Jetzt fehlt nur noch das passende Recycling-Verfahren.

Plastikflaschen

Es würde erhebliche Mengen an Geld und CO2-Emissionen sparen, wenn Enzyme das Recycling übernehmen könnten.

Foto: panthermedia.net/ibogdan

Plastik ist äußerst praktisch, weil es sich gut verarbeiten lässt und sehr beständig ist – genau das ist in Bezug auf die Umwelt auch eines der größten Probleme. Der Kunststoff wird nicht abgebaut, sondern verteilt sich über winzige Mikroplastik-Partikel in der Umwelt und vor allem in den Gewässern, von wo aus er über die Nahrungskette in Tiere und Menschen gelangt. Derzeit ist unklar, welche Auswirkungen das auf die Gesundheit hat, aber eines ist klar: Es wird höchste Zeit, Plastik zu reduzieren.

Ein weiteres Argument kommt ins Spiel: Für die Kunststoff-Herstellung wird Erdöl verwendet und natürlich Energie benötigt. Zusätzliche CO2-Emissionen entstehen, wenn Kunststoffabfall in Müllverbrennungsanlagen vernichtet wird. Daher ist es auf der einen Seite wichtig, in möglichst vielen Bereichen auf Plastik zu verzichten. Auf der anderen Seite suchen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nach besseren Wegen, Kunststoffe zu recyceln. Die Universität Greifswald vermeldet in dieser Hinsicht einen Erfolg. Mit einem Team von Kollegen und Kolleginnen der Universität Leipzig, dem University College Dublin sowie einem Industriepartner ist es ihnen erfolgreich gelungen, Biokatalysatoren für den Kunststoff-Abbau einzusetzen.

Plastik recyceln ohne energieaufwendige chemische Verfahren

Kunststoffe sind derzeit noch in vielen Bereich schwer zu ersetzen, unter anderem für Baumaterialien, Lebensmittelverpackungen, Textilien und elektrische Isolierungen kommen sie zum Einsatz. Dabei machen die Kunststoffe Polyurethan und Polyvinylalkohol zusammen mehr als 8% der Kunststoffproduktion in Europa aus. Ein effizientes und nachhaltiges Plastik-Recycling wäre entsprechend lohnenswert.

Dabei sollten die beiden Kunststoffe getrennt voneinander betrachtet werden. Polyurethane (PUR) stecken zum Beispiel in Matratzen, Dämmstoffen und Beschichtungen etwa durch Farben und Klebstoffe. Es ist durchaus möglich, diese Stoffe über chemische Verfahren abzubauen. Dafür werden allerdings hohe Temperaturen und Drücke benötigt, was mit einem erheblichen Energieverbrauch verbunden ist.

Umso interessanten wären biotechnologische Verfahren unter Einsatz von Mikroorganismen oder Enzymen. Denn solche natürlichen Biokatalysatoren benötigen nur Temperaturen bis etwa 40 Grad Celsius.

Enzyme brechen Plastik-Bestandteile auf

Dem Team um Uwe Bornscheuer, Professor am Institut für Biochemie der Universität Greifswald, ist es zusammen mit Experten und Expertinnen der Firma Covestro in Leverkusen gelungen, Enzyme zu identifizieren, die Polyurethane in seine Bausteine zerlegen können. „Die Suche nach diesen speziellen Biokatalysatoren war sehr aufwendig und wir mussten circa zwei Millionen Kandidaten durchmustern, um die ersten drei Enzyme zu finden, die nachweislich in der Lage sind, die spezielle Bindung in Polyurethan aufzubrechen“, sagt Yannick Branson, Doktorand an der Universität Greifswald.

Mit diesem Erfolg haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die Basis gelegt für ein späteres Recycling-Verfahren. Dafür müssen sie die Biokatalysatoren durch Methoden des Protein-Engineerings allerdings zunächst weiter verbessern.

Kombination aus Enzymen für das Recycling von Polyvinylalkoholen geeignet

Ähnlich sieht die Situation bei Polyvinylalkoholen (PVA) aus. Auch sie werden in vielen Bereichen verwendet, etwa für die Beschichtung von Fasern und als Folien für Verpackungen. Ausgereifte Recycling-Verfahren gibt es für sie noch nicht. Aber das internationaler Forschungsteam hat auch hier einen Weg über Biokatalysatoren gefunden. Dafür haben die Fachleute drei verschiedene Enzyme miteinander kombiniert. Sie verändern das Polymer in mehreren Schritten. Das Ergebnis sind Bruchstücke, die stofflich verwertet werden können.

Für die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ist das ein großer Erfolg. Sicherlich wird es noch einige Jahre dauern, bis Recycling-Anlagen im großen Stil gebaut werden können, die auf diesen Erkenntnissen aufbauen – aber ein wichtiger Meilenstein in Richtung nachhaltiger Plastik-Abbau ist erreicht.

Von Nicole Lücke