Erstes Haus aus Recyclingbaustoffen steht in NRW
Die Herausforderungen beim Wohnungsbau sind groß. Vor allem, da die Bundesregierung mit 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr ein ehrgeiziges Ziel formuliert hat. Wo soll das Material herkommen? Recyclingbaustoffe könnten dabei helfen. Das erste Haus mit Recyclingbetonwänden wurde jetzt in NRW gebaut.
Alternativen zu herkömmlichen Verfahren werden auf zahlreichen Gebieten gesucht. Immer mit dem Ziel: Energie und Ressourcen einzusparen, um damit die Umwelt zu entlasten. Bei der Herstellung von Baustoffen sehen Expertinnen und Experten großes Potenzial. Einen Beweis haben die Brüder Wolfgang und Hans-Jürgen Büscher geliefert. Das Unternehmen Betonwerk Büscher fertigt Innenwände aus Beton, die zu 100% aus Natursteinersatz bestehen. Jüngst haben sie das erste Gebäude fertiggestellt, bei dem diese Wandelemente verwendet wurden.
Zertifiziert nachhaltiger Beton mit Recycling-Gesteinskörnung
Baureste, vor allem sogenannter Mauerwerkbruch, in riesigen Mengen liegen auf dem Gelände des mittelständischen Familienunternehmens. „Das wird üblicherweise als Abfallstoff bezeichnet“, sagt Wolfgang Büscher. „Aber für uns ist das kein Müll, sondern ein Wertstoff.“ Und wenn man sich die Zahlen anschaut, gibt es von diesem Wertstoff eine ganze Menge: Allein im Jahr 2018 ermittelte das Umweltbundesamt (UBA) 73,9 Millionen Tonnen mineralische Abfälle. Das sind vor allem Bauschutt und Straßenaufbruch. Laut UBA kamen aber nur 15,8 Millionen Tonnen recycelter Baustoffe in der Asphalt- und Betonproduktion zum Einsatz. Nach Auffassung des UBA könnten aber noch mehr Mengen an Bauschutt aus dem Hochbau auch für diesen wieder aufbereitet und verwendet werden.
Recyclingbaustoffe haben ein enormes Potenzial
Auch die Deutsche Bundesstiftung für Umwelt (DBU) unterstützt den Einsatz von Recyclingbaustoffen. Deshalb förderte sie die Entwicklung dieser effizienten Bausysteme aus gemischtem Mauerwerkabbruch mit mehr als 400.000 Euro. „Recyclingbaustoffe haben ein enormes Potenzial, um zur Lösung beizutragen. In Politik und Praxis finden sie bisher jedoch noch zu wenig Beachtung“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Schließlich stehe man beim Wohnungsbau vor großen Herausforderungen, wolle man den von der Bundesregierung angestrebten Bau von 400.000 Wohnungen pro Jahr auch erreichen. Vom Recyclingbeton versprechen sich Expertinnen und Experten eine Schonung von Rohstoffen und deren Abbauflächen sowie eine Entlastung der Deponien. Darüber hinaus lässt er sich energieeffizienter herstellen.
Ein weiterer Vorteil des Recyclingbetons: Der Altbeton binde CO2, womit er zur Treibhausgasminderung beiträgt. Diesen Recyclingbaustoff für Wände zu nutzen, hat erstmals das Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien (IWT) Bremen im Jahr 2020 getestet. Mit Erfolg. Was allerdings noch fehlt, ist eine baurechtliche Regelung für diese Stoffe. Bisher können sie nur dann verwendet werden, wenn es eine Zustimmung oder eine Zulassung im Einzelfall gibt. Die Brüder Büscher haben sich genau mit diesem Problem beschäftigt und für ihren Recyclingbeton eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) beantragt. 2021 haben sie diese als erstes Unternehmen in Deutschland erhalten.
Recyclingbaustoffe verursachen 13% weniger CO2
„Wir dürfen Wandelemente mit bis zu elf Metern Länge und 3,7 Metern Höhe herstellen“, erläutert Hand-Jürgen Büscher. Dementsprechend lagert der Wertstoff nicht nur in Massen auf dem Firmengelände, sondern wird dort auch direkt weiterverarbeitet. Die Büscher-Brüder wollten ihrer Idee so richtig auf den Zahn fühlen und gaben eine Ökobilanz-Studie in Auftrag. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Eine ein Quadratmeter große und 14 Zentimeter dicke Recycling-Stahlbeton-Innenwand der Büschers verursacht 13% weniger CO2 als eine herkömmliche Stahlbeton-Innenwand mit gleicher Größe.
Die gefertigten Innenwände aus Recyclingbeton der Büschers wurden nun erstmals verbaut: in einem Drei-Parteien-Miethaus im nordrhein-westfälischen Heek. „Durch dieses Haus können wir auch zeigen, dass unsere Wände den herkömmlichen qualitativ ebenbürtig sind“, sagt Wolfgang Büscher. Alle Innenwände in dem Gebäude bestehen zu 100% aus Recyclingbeton. Im Eingangsbereich ist bei einer Wand der Mauerwerkabbruch sogar sichtbar, alle anderen sind in unauffälligem Hellgrau gehalten, so wie herkömmlicher Beton eben auch aussieht. Der Recyclingbeton biete laut der Büscher-Brüder neben der Ressourcen-Effizienz noch einen weiteren Vorteil: eine kürzere Bauzeit. Das liege vor allem daran, dass die Innenwände individuell vorgefertigt werden können. So war es möglich, dass Gebäude in Heek in nur vier Monaten zu bauen. Das zeige, diese Wände ließen sich auch im seriellen Bau einsetzen.
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