Recyclingbeton speichert Wasser
Ein Granulat aus Recyclingbeton kann Wasser speichern und Bäume vor allem in Städten mit Nährstoffen versorgen. Dies zeigt auch ein Gemeinschaftsprojekt mit Partnern aus Brandenburg, Niedersachsen und Thüringen nach fast drei Jahren Forschung.
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Dieses Granulat aus recyceltem Betonmehl und Zement wurde im Projekt GranuGruen entwickelt. Es kann mehr als 50 % seines eigenen Gewichts als Wasser speichern und zusätzlich mit Nährstoffen oder Bakterien aufgeladen werden.
Foto: Julian Delbrügge/ILU
Der Klimawandel führt zu einerseits heißeren Sommern und längeren Trockenphasen. Andererseits sorgt er für regionalen Starkregen. Vor allem Bäume in Städten leiden stark unter beiden Extremen. Eine Aufgabe von Stadtplanerinnen und -planern ist es deshalb, große Regenmengen zu speichern – man spricht auch von der Schwammstadt.
Einen Beitrag dazu liefert das Projekt „Entwicklung eines Pflanzgranulats mit definierter Funktionalität auf Basis von Bau-Reststoffen“, kurz „GranuGruen“. Ein vom Institut für Angewandte Bauforschung Weimar (IAB) in Thüringen entwickeltes Granulat soll Wassermengen speichern und langsam wieder abgeben. Als Substrat soll das Granulat Stadtbäumen bei der Wasserversorgung helfen. Zusätzlich kann es mit Nährstoffen und nützlichen Bakterien aufgeladen werden. Der zusätzliche Clou: Das Granulat besteht aus Baureststoffen – ist also eine Form des Recyclings.
Recyceltes Granulat aus dem Drehrohrofen
Das Granulat wird in einem Labor-Drehrohrofen bei der IBU-tec advanced materials AG, einem Chemiewerk in Weimar, hergestellt. Das graue, durchschnittlich erdnussgroße Granulat besteht vor allem aus recyceltem Betonmehl, gefolgt von Zement als Bindemittel und Hanfschäben oder Kokosfasern als Ausbrennstoffen. Schäben sind gleichmäßig gebrochene, holzähnliche Teilchen, die bei der maschinellen Entholzung von Pflanzenstängeln entstehen, etwa wenn Flachs- oder Hanffasern gewonnen werden. Die Hanfschäben und Kokosfasern liefern Firmen aus Deutschland.
Die Granulate werden bei 400 °C in dem Drehrohrofen ausgebrannt. Dabei verbrennen die organischen Stoffe und hinterlassen Hohlräume. In ihnen wird das Wasser gespeichert.
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Wie viel Wasser das Granulat speichern kann, wurde in der Abteilung Umwelt am Institut für Lebensmittel und Umweltschutz (ILU) in Regenversuchen getestet. Das graue Granulat liegt hier auf sandigem Boden.
Foto: Julian Delbrügge
Regenmaschine simuliert Starkregen
Am Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung (ILU) im brandenburgischen Bad Belzig prüfen Fachleute der Abteilung Umwelt diese Granulate seit November 2024 in Regenversuchen. Sie haben dafür ein fast 3 m hohes Gestell aus Aluminiumschienen konstruiert. Ganz oben sind 16 Wasserdüsen installiert. In vier Reihen tropft aus ihnen in unterschiedlicher Intensität Wasser.
Am Boden der Regenmaschine stehen zwei ineinander gestellte Plexiglasbehälter. Im inneren Behälter befinden sich das Granulat und sandiger Boden. Der zweite Äußere fängt das Wasser auf, das von oben heruntertropft und durch das Granulat und den Boden hindurch sickert. Durch Wiegen der aufgefangenen Wassermenge ermitteln die Fachleute, wie viel Wasser im Boden gespeichert wird und wie viel abfließt.
Die Intensität des Wasserdurchlaufs lässt sich einstellen, indem mehr oder weniger Regen simuliert wird. In einem Experiment wurde ein Regenereignis mit 24 mm Niederschlag in einer Stunde simuliert. Solch ein Ereignis kann regional nach Daten des Deutschen Wetterdienstes aus dem Jahr 2016 einmal jährlich vorkommen.
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Aus 16 Düsen fallen Tropfen erst auf ein Lochsieb und dann fast 3 m tief auf ein Boden-Granulat-Gemisch.
Foto: Julian Delbrügge/ILU
Lochsieb verteilt Tropfen
Ein Lochsieb hängt direkt unter den Düsen. Es verteilt die Tropfen neu, damit sie nicht immer auf die gleichen Stellen auf das Granulat fallen. Die Tropfen werden somit zufällig verteilt. Zudem bekommen sie so unterschiedliche Größen. Die Versuche wurden mehrfach mit unterschiedlichen Bodenarten sowie mit und ohne Granulat wiederholt. Mit den Regenversuchen sammeln die Fachleute Daten, die zeigen, dass das Granulat tatsächlich zusätzlich Wasser speichert und kontrolliert wieder abgibt. Zwei wichtige Ergebnisse:
- Das Granulat kann auf diese Weise die Hälfte seines eigenen Gewichts an Wasser speichern. Weicht man es in Wasser ein, speichert es sogar bis zu 70 % seines Gewichts.
- Das Granulat einzusetzen, ist dann sinnvoll, wenn es mit Erde kombiniert wird. Die Expertinnen und Experten vermuten, dass die Zwischenräume im Granulat zu groß sind, als dass Pflanzen und Bodenorganismen ausschließlich darauf gut leben könnten. Außerdem weist das Granulat selbst einen sehr hohen pH-Wert von 9 bis 12 auf, den die verwendete Erde mit einem pH-Wert von 6,5 bis 7,5 abpuffert.
In die Box, in die das Wasser tropft, passen 4 kg sandiger Boden oder 2 kg Granulat. Bei gleichem Volumen speichert der Boden etwas mehr Wasser als das reine Granulat, was auch mit den großen Zwischenräumen zwischen den Granulatkörnern zusammenhängt. Die Kombination macht jedoch den Unterschied. Das Granulat liegt dabei auf dem sandigen Boden und speichert eine zusätzliche Menge Wasser und gibt es langsamer wieder ab, als der sandige Boden. Zudem wirkt es positiv gegen die Verschlämmung des Bodens. Doch was ist, wenn der Regen ausbleibt? Dafür arbeitet die ILU-Abteilung aktuell an einer Simulation einer Trockenperiode.
Nährstoffe im Granulat
Darüber hinaus wird in Bad Belzig untersucht, ob sich einzelne Granulatkugeln mit Bakterien und Nährstoffen aufladen lassen. Mit Stickstoff hat das bereits geklappt. Nimmt das Granulat den Stickstoff über eine Nährlösung mit Calciumnitrat (Ca(NO3)2) auf, gibt es ihn wieder an die Pflanze ab.
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Das Granulat wurde mit Boden vermischt in Wuchsversuchen getestet. Zudem wurde es mit Stickstoff, genauer Calciumnitrat, beladen und dessen Düngewirkung geprüft. Hier beispielsweise gedeihen Senfpflanzen in einem Klimaschrank.
Foto: Lina Krenz/ILU
Der Effekt der Düngewirkung wurde in Versuchen mit klassischem Stickstoffdünger gezeigt. Dazu wurde Senf mit aufgeladenem Granulat und mit klassischem Dünger angepflanzt – jeweils acht Töpfe pro Behandlung. Im Ergebnis sind die jeweiligen oberirdischen Biomassen vergleichbar groß gewesen. Der Effekt der Düngewirkung mit Calciumnitrat ist also vergleichbar mit dem von klassischem Dünger. Und die oberirdischen Biomassen aus Versuchen mit Granulat ohne Nährstoffe und ohne Granulat fielen geringer aus.
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Die Wissenschaftlerin Lina Krenz lud das Granulat versuchsweise mit speziellen Bakterien auf und untersuchte, inwieweit diese das Wachstum etwa wie hier von Tomatenpflanzen beeinflussten.
Foto: Lina Krenz/ILU
Ebenso sollen Bakterien stärkend auf die Pflanze wirken. Derzeit experimentieren ILU-Fachleute mit zwei Stämmen von Bodenbakterien, einem „Bacillus subtilis“- und einem „Paenibacillus polymyxa“-Stamm. Sie testen, wie sich die Gegenwart dieser Bakterien auf die Acker-Schmalwand, einer in der Forschung beliebten Modellpflanze, und auf Tomaten, die für den Gartenbau interessant sind, auswirkt. Dieses Teilprojekt läuft noch. Bis Ende April werden hier Ergebnisse erwartet.
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Lina Krenz ist Projektleiterin am Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung (ILU)
Julian Delbrügge ist bei der ILU-Koordinierungsstelle für Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung zuständig