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Durchbruch durch Nahinfrarot-Licht-Messungen 24.03.2025, 07:00 Uhr

So geht Umweltüberwachung in Echtzeit

Ein innovatives Verfahren zur Echtzeit-Analyse von Umweltproben verspricht Fortschritte in verschiedenen Bereichen. Die hyperspektrale Bildgebung im Nahinfrarotbereich ermöglicht es, detaillierte Informationen über die Zusammensetzung und Eigenschaften von Materialien und biologischen Proben zu gewinnen – schnell, präzise und kostengünstig.

Eine Kunststoffflasche auf einem blauen Hintergrund.

Bei Kunststoffen gibt es Unterschiede. Diese herauszufinden sind die Grundlage, um sie richtig recyceln zu können. Mit einer neuen Methode könnte dies nun einfacher gelingen.

Foto: RUB, Kramer

Die Umwelt sowie die Einflüsse auf sie immer tiefgreifender zu erforschen und mehr Zusammenhänge zu entschlüsseln, das wird aufgrund von zunehmender Verschmutzung und sich ausbreitenden Krankheiten bei Pflanzen immer relevanter. Denn zu den Stresssituationen von Pflanzen kommen nicht nur Veränderungen hinzu, die sich durch den Klimawandel ergeben, sondern auch Schädlinge und Krankheiten, die sich durch die Globalisierung in neuen Ländern etablieren und ausbreiten. Eine Forschergruppe vom Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS und von der Ruhr-Universität Bochum hat sich damit beschäftigt und eine neue Methode zur Umweltüberwachung entwickelt. Sie basiert auf der Analyse von Nahinfrarot (NIR)-Licht und macht deshalb sogar das Beobachten in Echtzeit möglich.

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Dieses für das menschliche Auge unsichtbare Licht birgt wertvolle Informationen über die chemische Zusammensetzung einer Probe. Bisher ermöglichten die Verfahren entweder eine Darstellung als Graustufenbild oder als Spektrum. Das bedeutet, sie entstand durch die Intensitätsverteilung für verschiedene Wellenlängen. Das HyperNIR-Verfahren kombiniert nun spektrale und räumliche Informationen und ermöglicht so eine präzise Analyse verschiedenster Materialien und biologischer Proben.

Umwelt in Echtzeit überwachen: Präzise Analysen dank HyperNIR-Technik

Das Team um Jan Stegemann vom Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS und Sebastian Kruss, Professor für Physikalische Chemie an der Ruhr-Universität Bochum, haben in ersten Tests gezeigt, wozu die HyperNIR-Technik fähig ist. Sie konnten auf diese Art und Weise unterschiedliche Kunststoffsorten unterscheiden, ohne diese dabei berühren zu müssen. Das ist besonders wertvoll unter anderem für Recyclingprozesse oder das Aufspüren von Mikroplastik in der Umwelt.

Das Besondere an dem HyperNIR-System: Es basiert auf kostengünstigen sowie gängigen und verfügbaren Komponenten. Mit einer steuerbaren Polarisationsoptik lässt sich jede handelsübliche Kamera in eine leistungsfähige HyperNIR-Kamera verwandeln. Es entstehen immer drei Bilder je Probe. Diese bieten den Forschenden detaillierte spektrale Informationen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren, arbeitet die HyperNIR-Kamera deutlich schneller und ermöglicht so Analysen in Echtzeit.

Verfahren zur Umweltüberwachung in Echtzeit bietet vielseitige Anwendungen

„Die Fähigkeit, unterschiedliche Materialien und deren Eigenschaften in Echtzeit zu analysieren, kann die Effizienz von Prozessen in der Umweltüberwachung erheblich steigern“, sagt Sebastian Kruss voller Überzeugung. Das belegte die Forschungsgruppe durch ein Beispiel: Sie nahmen eine Paprika-Pflanze und beobachteten, wie sie Wasser aufnimmt. Dank der neuen HyperNIR-Technik konnten sie dies in Echtzeit, kontaktlos und ohne den Einsatz von Farbstoffen erreichen.

Jan Stegemann ergänzt: „Diese hyperspektrale Bildgebung lässt sich potenziell auch auf andere Moleküle übertragen. So könnte man den Nährstoffgehalt in einer Pflanze überwachen oder einen Befall mit Schädlingen sowie pflanzlichen Stress frühzeitig erkennen.“ Die hyperspektrale Bildgebung im NIR-Bereich eröffnet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, die weit über die Detektion von Kunststoffen hinausgehen. Das haben die Forschenden auf Basis ihrer Tests bewiesen.

Umwelt in Echtzeit überwachen: Integration in Drohnen als Zukunftsvision

Denkbar wäre auch, dass das HyperNIR-Verfahren in der biomedizinischen Forschung vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten bietet. Diese These ergibt sich, weil das Verfahren mit der Fluoreszenzmikroskopie kombinierbar ist. Auf diese Art und Weise lassen sich verschiedene fluoreszierende Moleküle unterscheiden, die als Marker genutzt werden. Das Forschungsteam plant, diesen Anwendungsbereich künftig noch weiter zu erforschen. Damit einher geht zudem der Ansatz, das Potenzial der HyperNIR-Technik für die medizinische Forschung und Diagnostik auszuloten.

Eine weitere spannende Perspektive eröffnet die mögliche Integration des HyperNIR-Verfahrens in Drohnen. Hier sehen die Forschenden den Vorteil, dass sich mit dieser Form der Datenerfassung und -analyse neue Möglichkeiten eröffnen, die wiederum bei der Lösung drängender Umweltfragen im Bereich der Landwirtschaft helfen könnten. Mit einer Drohne lassen sich schließlich große Flächen aus der Luft überwachen. Dabei könnten Forschende wie Landwirte präzise Daten über den Zustand von Pflanzen und Böden gewinnen. Das neue Verfahren ist aus Sicht der Forschenden als wertvolles Instrument für die Landwirtschaft zu betrachten. Es könne dabei helfen, Ernteerträge zu optimieren und Pflanzenkrankheiten frühzeitig zu erkennen.

Von Nina Draese