Zukunft der biologischen Aufbereitung
Aufgrund sinkender Abfallmengen und einem steigenden Anteil separat erfasster Bioabfälle stehen mechanisch-biologische Abfallaufbereitungsanlagen (MBA) in den kommenden Jahren vor einer geringeren Auslastung. Da, abhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung, signifikante Mengen zur Deponierung entstehen und die Kosten je Tonne behandelten Abfall in der Regel höher sind als bei einer Müllverbrennungsanlage, stehen sie im Wettbewerb gegen diese häufig schlecht da. Dazu ein aktuelles Gutachten der trend:research GmbH.
Um das Aufkommen der (Rest-)Abfälle in Deutschland konkurrieren verschiedene Anlagen/Verfahren, vor allem Abfallverbrennungsanlagen (MVA) und mechanisch-biologische Abfallaufbereitungsanlagen (MBA). In Deutschland bestehen aktuell 39 MBA 1) mit einer Kapazität von über 5 Mio. t. Vor allem aufgrund des Deponierungsverbots unbehandelter Siedlungsabfälle im Rahmen der TASi-Umsetzung 2005 war in diesem Zeitraum ein großer Zubau von MBA zu verzeichnen, der in vielen Fällen durch die lokale bzw. regionale Politik vorangetrieben wurde. Ziel dieses Bestrebens war es, eine nachhaltige und umweltverträgliche Abfallwirtschaft zu schaffen, dabei aber auch die vorhandenen Deponiekapazitäten weiterhin zu nutzen. Auch aus Sicht der Bevölkerung wurden MBA vorgezogen, weil man von ihnen geringere Emissionen erwartete als von MVA. 29 der 39 bestehenden MBA sind im kommunalen Eigentum, nur vier Anlagen befinden sich vollständig in Hand von privaten Unternehmen. Weitere sechs Anlagen befinden sich im gemeinsamen Eigentum von Öffentlicher Hand und Privatwirtschaft (Public-Private Partnership, PPP).
Im Vergleich der Verteilung der Gesamtkapazität (in t/a) mit der Anlagenzahl lässt sich erkennen, dass vor allem PPP über größere Anlagen verfügen. So stellen diese etwa 16 % gemessen an der Anlagenzahl, verfügen jedoch über eine Kapazität von 23 %. Kommunen verfügen mit 74 % der Anlagen nur über 64 % der Kapazitäten. Hier zeigt sich eine Intention der Kommunen beim Bau der Anlagen, die häufig nur für den Anschluss weniger Landkreise (angeschlossene Einwohner) gebaut wurden, um die lokale Abfallentsorgung weiterhin selbst zu organisieren und zudem kurze Wege zu garantieren.
Veränderungen in den Stoffströmen
Seit dem 1. Juni 2005 müssen Siedlungsabfälle und andere Abfälle mit biologisch abbaubaren Bestandteilen vor der Deponierung mit thermischen oder mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsverfahren behandelt werden. Infolge dessen wurden in diesem Zeitraum nahezu alle bestehenden MBA umgebaut und weitere neu errichtet, um ausreichende Behandlungskapazitäten zu schaffen. Damit diese Anlagen ein ablagerungsfähiges Deponat erzeugen konnten, wurden die einzuhaltenden gesetzlichen Grenzwerte erhöht, auch heute gelten noch Ausnahmeregelungen für das Deponat der MBA. Auch bei den Staubemissionen wurden höhere Grenzwerte als für MVA gesetzlich verankert. Häufig kritisiert wird aufgrund dessen die Gleichstellung von MBA und MVA, da neben den weniger strengen Vorgaben bei den Emissionen auch eine signifikante Menge Deponat zur Ablagerung erzeugt wird.
Die erst vor wenigen Jahren errichteten Anlagen stehen heute schon wieder vor einer veränderten Ausgangssituation: Auf die zukünftigen Inputstoffe für MBA wirken sich vor allem die flächendeckend getrennte Sammlung von Bioabfällen sowie die Getrenntsammlungspflicht von Wertstoffen seit dem 1. Januar 2015 aus. Durch die Einführung der flächendeckenden Getrenntsammlung der Bioabfälle wird den MBA die Grundlage für die biologische Behandlungsstufe entzogen – die Folge sind Anlagenumrüstungen und Anlagenstillegungen. Ein weiterer Einflussfaktor ist die geplante Einführung der Wertstofftonne. Erfolgt diese flächendeckend, werden zum einen die Inputmengen aufgrund veränderter Stoffströme sinken, zum anderen geht damit eine Verringerung des Heizwertes einher, so dass Anforderungen von Abnehmern an einen Mindestheizwert dann gegebenenfalls nicht mehr eingehalten werden können.
Auch im Bereich der Gewerbeabfälle wirken sich veränderte rechtliche Rahmenbedingungen auf die zukünftigen Inputstoffe für MBA aus: Durch die bessere Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung und die Steigerung des Recyclings verringert sich der Anteil der in der MBA anfallende Stoffe, die für die energetische Verwertung aufbereitet werden können. Somit sinkt die Verwertungsquote der Stoffe der MBA, und der Anteil der zu deponierenden Stoffe steigt.
Neben diesen Veränderungen in den Stoffströmen bewirken auch Maßnahmen zur Abfallvermeidung und der Bevölkerungsrückgang ein leicht sinkendes Aufkommen an Restabfällen.
Ökologischer und ökonomischer Vergleich mit MVA
Im ökologischen und ökonomischen Vergleich von MVA und MBA ist das Ergebnis maßgeblich von den Voraussetzungen der einzelnen Anlagen abhängig. Insgesamt betrachtet, wird in der Regel sowohl das stoffliche als auch das energetische Potenzial des Abfalls in MBA geringer genutzt als in MVA. Auch das Ziel der Reduzierung der zu deponierenden Abfallmengen kann durch eine Abfallbehandlung in MVA besser erreicht werden als in MBA. Verfahren zur mechanisch-biologischen Stabilisierung (MBS) oder mechanisch-physikalischen Stabilisierung (MPS) sind gegenüber mechanisch-biologischen Anlagen (MBA) zu favorisieren, da sie einen deutlich geringeren Anteil der zu deponierenden Fraktion erzeugen.
Den möglichen Erlösen für hoch aufbereitete Ersatzbrennstoffe (bis 10 €/t) sowie für weitere stofflich oder energetisch verwertbare Stoffe stehen verschiedene Kosten gegenüber: Die Kosten für die Abfallbehandlung in einer MBA hängen nicht nur von Kapital- und Betriebskosten, sondern auch von den Kosten für die Deponierung (bis zu 60 €/t), die Entsorgung der Störstoffe (abhängig von der Zusammensetzung 30 bis 200 €/t) und Logistikaufwendungen ab. Insgesamt ergeben sich so Kosten von rund 80 bis 104 €/t Abfall, wobei die Behandlungskosten bei abnehmender Auslastung der Anlage noch deutlich steigen. MVA sind mit Kosten in Höhe von 57 bis 92 €/t in den meisten Fällen klar im Vorteil. Trotz steigender Preise bei kommunalen Ausschreibungen, die sich seit einigen Monaten abzeichnen, haben die MBA Schwierigkeiten, neue Verträge zu schließen, da deren Preisuntergrenzen teilweise dennoch über dem Marktpreis liegen. Auch notwendige Anlagenanpassungen (zum Beispiel an eine veränderte Zusammensetzung der Abfälle), hohe Instandhaltungskosten bei der Abluftreinigung (aufgrund starker Korrosionsneigung) sowie gegebenenfalls Kosten für die Zwischenlagerung von Ersatzbrennstoffen beeinträchtigen die Wirtschaftlichkeit der MBA.
Fazit
Durch die zu erwartende Entwicklung im Entsorgungsmarkt werden es MBA in ihrer heutigen Ausgestaltung schwer haben, sich mittel- und langfristig erfolgreich zu positionieren. Der intensive Wettbewerb im Entsorgungsmarkt um die sinkenden Restabfallmengen wird auch zukünftig bestehen bleiben. Insbesondere bei kommunalen Ausschreibungen wird der wirtschaftliche Betrieb der MBA schwierig, da die Behandlungskosten in den MBA über den zu erwartenden Preisen liegen. Anlagenbetreiber werden auf diese Entwicklungen reagieren und die biologische oder mechanische Aufbereitungsstufe umrüsten oder stilllegen. Erfahrungen zeigen, dass MBA ein tragfähiges Standbein der Abfallvorbehandlung sind. Die bei der Umsetzung der TASi erhofften Vorteile gegenüber den MVA (energetische Vorteile, niedrigere Behandlungskosten) können jedoch nur wenige Anlagen erreichen.
Dirk Briese, Jens Gatena, trend:research GmbH, Bremen, www.trendresearch.de 1) Im Rahmen des Gutachtens von trend:research wurden die drei Verfahrensvarianten mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage (MBA), mechanisch-biologische Stabilisierung (MBS) und mechanisch-physikalische Stabilisierung (MPS) zusammengefasst.