CO2-Einlagerung für Klimaziele entscheidend
Welchen Stellenwert in der Dekarbonisierung die Einlagerung von CO2 einnimmt, hat der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) jetzt in einem Roundtable mit dem norwegischen Energiekonzern Equinor und dem Verdichterhersteller Atlas Copco ausgelotet.
Gerade mit einem Fokus auf Norwegen und den dortigen Unternehmungen auf dem Sektor Carbon Capture and Storage (CCS) ging es darum, inwieweit diese Technologie praxistauglich ist und welchen Stellenwert sie im Zuge der Energiewende erlangen könnte. Die Speicherung von CO2 ist in Norwegen schon relativ weit fortgeschritten. Aufgrund der dort seit 1992 bestehende CO2-Abgabe ist es auch eine wirtschaftliche Frage, CO2 zu vermeiden oder einzulagern.
Seit 1996 lagert Equinor rund 1 Mio. t/a ein. Ulrik Olbjørn, Project Director bei Equinor, sieht in der Verzahnung von wirtschaftlichen und ökologischen Überlegungen einen wesentlichen Grund für die Bemühungen Norwegens, CO2 möglichst großflächig zu vermeiden und das anfallende CO2 umweltverträglich einzulagern. Dabei blickt Equinor über den inländischen Tellerrand hinaus und peilt auch Märkte innerhalb der EU an.
Mit dem Longship Project der norwegischen Regierung wird eine komplette CO2-Entsorgungsinfrastruktur aufgebaut. Dazu gehört auch ein See-Terminal in Bergen, das an ein Pipeline-Netz angebunden ist. Die erste Phase dieses Projekts hat bereits den Betriebsstatus erreicht. Geplant ist nach Auskunft von Olbjørn in der zweiten Phase bis zu 7 Mio. t CO2/a dort umzuschlagen und einer sicheren Lagerung zuzuführen. Das geschehe derzeit in Norwegen vorwiegend in Offshore-Lagerstätten, in die das Gas verpresst werde. In diesem Zusammenhang hebt Olbjørn hervor, dass CCS in Norwegen staatlich forciert wird. Große Konzerne, neben Equinor seien auch Shell und Total Energies im Boot, unterstützten diesen Prozess in der Praxis.
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CO2 mit Hochdruck verpresst
Natürlich ist CCS auch eine Frage der Technik. Hier erläutert Ulrich Schmitz, Vice President Marketing bei Atlas Copco (US), wichtige Details zur sicheren und wirtschaftlichen Lagerung. Generell sei die verwendete Technik nicht neu. Bei der Gasförderung falle ebenfalls seit Jahrzehnten CO2 an, das möglichst umweltschonend entsorgt werden müsse. Dieses Begleitgas wird bereits jetzt schon vielfach über Pipelines zu Einlagerungsstätten geleitet. Die dafür erforderliche Verdichtertechnik gibt es also und sie ist bereits im praktischen Einsatz. Schmitz erklärt auch, dass die Drücke beim Transport (rund 30 bis 50 bar) sowie bei der Verpressung in der endgültigen Einlagerstätte (etwa 130 bis 150 bar) industrieüblich und auch in Bezug auf Sicherheitsaspekte gut beherrschbar seien. Er verweist dabei auch auf das Porthos Project, das den Transport von CO2 über den Hafen von Rotterdam in ein 22 km entferntes, leeres Gasfeld vor der niederländischen Küste vorsieht. Der Baubeginn ist dieses Jahr und die Eckdaten der gesamten Infrastruktur sind bereits festgelegt. Die Verpressung im Gasfeld soll dabei in Poren des dort vorkommenden Sandsteins erfolgen.
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Olbjørn weist in diesem Zusammenhang auf die Wirtschaftlichkeit von CCS hin. Je nach Rahmenbedingungen könne durchaus ein Kostenanteil von 60 € pro verpresster Tonne CO2 realisiert werden, was in Abhängigkeit von der jeweiligen CO2-Abgabe sowie deren zukünftig zu erwartendem Verlauf interessant sei. Um eine Größenordnung zu geben, wie viel Gas eingefangen und gelagert werden müsse, um die weltweiten Klimaziele zu erreichen, fügte Schmidt hinzu, dass es nach einer groben Schätzung rund 4 Gt (4 Mrd. t) seien. Angesichts der von Olbjørn angeführten Schätzung der Lagerkapazität durch Verpressung unterhalb der Nordsee von 70 bis 200 Gt, können so die Emissionen von Europa über Jahrzehnte abgefangen und gespeichert werden.
CO2-Verpressung als geeignetes Mittel – aber nur mit Akzeptanz
Für Deutschland sieht Schmitz eher eine zurückhaltende Position bezüglich CCS. Das gelte für die Politik ebenso wie für die Bevölkerung. Sicherheitsbedenken zählt Schmitz zu den häufigsten Gründen für diese Zurückhaltung. Besorgnis bestehe nicht nur hinsichtlich der Lagerung selbst, sondern auch wegen der entsprechenden Pipelines. Generell müsse die CO2-Emmission der Industrie praxistauglich und günstig abgefangen werden. Als CO2-intensiv werden besonders die Zementherstellung und die chemische Industrie bewertet. Dort muss der Transport – falls keine Pipelines eingesetzt werden – so gestaltet werden, dass bei alternativen Wegen auch keine Sicherheitsbedenken im Raum stehen.
Die CO2-Abscheidung ist je nach Produktionszweig unterschiedlich aufwendig. In den USA beispielsweise würden aktuell bereits in der Ethanol-Herstellung in einigen Betrieben die Treibhausgase abgefangen und gleich auf dem Betriebsgelände eingelagert. In Deutschland sei das aufgrund der geologischen Gegebenheiten nicht möglich, sodass es derzeit keine Alternative zum Transport gebe.
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Doch wo sollte dann die Einlagerung stattfinden? Nach Einschätzung von Olbjørn bietet Norwegen die technischen Voraussetzungen. Auch auf der Seite der Politik bestehe der Wille, CCS als wirtschaftliches Modell zu betreiben und anderen EU-Staaten die Möglichkeit der dortigen Einlagerung zu bieten. Nach Einschätzung von Olbjørn ist die Einlagerung unumgänglich. Sie sei letztlich der einzige Weg, Klimaziele zu erfüllen und gleichzeitig, zumindest während der Transition zu einer CO2-neutralen Industrie, die ökonomischen Aspekte nicht aus den Augen zu verlieren. Diese Ansicht teilt auch Schmitz: Wer im Wohlstand leben wolle, müsse auch Kompromisse bei der CO2-Eingrenzung eingehen, damit wirtschaftliche Kennwerte gewahrt werden könnten und die gesamte Wirtschaft nicht schrumpfe.