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Deutscher Umweltpreis 02.09.2024, 10:00 Uhr

Preiswürdig: Engagement für Klimaschutz

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) ehrt 2024 zwei Multitalente für den Klimaschutz mit dem Deutschen Umweltpreis: eine Biologin, die trockene Moore vernässen will, einen Elektrotechnikingenieur, der die Elektromobilität durch schnelles Laden voranbringen will. Beide Fachleute teilen sich den Umweltpreis in Höhe von insgesamt 500 000 €.

Deutscher Umweltpreis 2024

Zum 32. Mal vergibt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) im Jahr 2024 den Deutschen Umweltpreis.

Foto: Peter Himsel/DBU

„Innovationskraft, strategische Weitsicht und wirtschaftlicher Wagemut, zeichnen Thomas Speidel aus“, betont DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Der Elektrotechnikingenieur, Geschäftsführer der Firma ads-tec Energy in Nürtingen bei Stuttgart, teilt sich den diesjährigen Deutschen Umweltpreis mit Franziska Tanneberger von der Abteilung Experimentelle Pflanzenökologie der Universität Greifswald. „Moorschutz und Moornutzung sind für sie kein Widerspruch“, so Bonde. Beide Persönlichkeiten seien Praxis-Pioniere, die mit herausragendem Engagement einmal Umwelt- und Biodiversitätsschutz und einmal Klimaschutz mit technologischem Fortschritt voranbringen. Speidel ist seit 2016 Präsident des Bundesverbands Energiespeicher Systeme (BVES) in Berlin, engagiert in zwei mitgegründeten Stiftungen, hat in seinem Portfolio mehr als 60 deutsche und internationale Patentanmeldungen unter anderem für Batterietechnik und Speicherlösungen.

Elektrotechnikingenieur Thomas Speidel erhält 2024 den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für Innovationen in der E-Mobilität.

Foto: Ansgar Pudenz

Tanneberger ist Co-Leiterin des Greifswald Moor Centrums und hat maßgeblich am 2022 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen veröffentlichten ersten weltweiten Moor-Zustandsbericht mitgewirkt, dem „Global Peatland Assessment“.

Die Biolgin Franziska Tanneberger wird 2024 mit dem Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für herausragende wissenschaftliche Arbeit über die Rolle der Moore beim Schutz von Klima und Biodiversität ausgezeichnet.

Foto: Markus Große Ophoff/DBU

Gepufferte Energiewende

Die Firma ads-tec Energy hat batteriegepufferte Hochleistungssysteme entwickelt, die das Stromtanken binnen Minuten ermöglichen. Die batteriegepufferten Schnelllader sind laut Speidel an Straßen, Firmengebäuden, in Wohngebieten ohne Garagen oder Wallboxen sowie in urbanen Ballungsräumen und abgelegenen Orten installierbar. Es gibt zwei Modelle, jeweils rund 3 t schwer: die „ChargeBox“ und die „ChargePost“. Die ChargePost ist mannshoch wie eine Telefonzelle mit zwei Schnellladepunkten ausgestattet. Bei der ChargeBox sind Batteriespeicher und Ladestationen voneinander getrennt. Der Speicher mit dem Netzanschluss ist groß wie eine Kiste, die Ladepunkte können bis zu 300 m von der Box entfernt stehen.

Thomas Speidel lehnt an dem E-Auto-Schnellladesystem „ChargeBox“, das die Firma ads-tec Energy in Nürtingen, deren Geschäftsführer Speidel ist, entwickelt hat. Der Kniff: Superschnelles Stromtanken in Minuten ist für E-Fahrzeuge auch an schwachen Netzen möglich.

Foto: Klaus Jongebloed/DBU

Die Firma hat in die Speichersysteme Lithium-Ionen-Batterien integriert. Diese Akkus ziehen langsam Wechselstrom aus dem vorhandenen Stromnetz, wandeln ihn in Gleichstrom um und speichern ihn. Der Gleichstrom kann dann mit einer Leistung von 320 kW zum Laden genutzt werden kann. Dockt ein E-Fahrzeug an, kann es dann mit einem Schwall aus den Speicherreserven binnen Minuten strombetankt werden. Speidel vergleicht dies mit einem WC-Spülkasten, der sich langsam füllt und bei Nutzung ruckzuck leert. Die beiden Modelle sind zudem Multi-Tools: Mittels ihrer Batteriespeicher sichern sie etwa lokal erzeugte Sonnenenergie, stabilisieren damit das Netz und vermeiden überall dort Strom-Engpässe, wo es am Netzausbau hapert.

Für Seidel ist der flächendeckende Aufbau einer leistungsstarken Schnellladesäulen-Infrastruktur eine Voraussetzung dafür, dass die Bundesregierung die Klimaziele im Bereich Mobilität erreichen kann – so das Ziel, dass bis 2030 rund 15 Millionen E-Fahrzeuge bundesweit zugelassen sein werden. Das ist jedoch mehr als das Zehnfache im Vergleich zu 2023.

Moore vernässen

Die Ziele Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 und in der EU bis 2050 spielen auch in der Arbeit von Biologin Tanneberger eine Rolle. Sie hält Moore für sehr gute Verbündete beim Klimaschutz. Tanneberger nutzt jede Gelegenheit, Moore als Klima- und Biodiversitätsschützer zu rühmen: „Natürliche und nasse Moore entnehmen der Atmosphäre Kohlendioxid und speichern dann diesen Kohlenstoff.“ Und sie sind als Multitalent nicht nur Kohlenstoffsenken, sondern auch Wasserspeicher und Garant für Lebensvielfalt. Die international renommierte Moorforscherin gilt als treibende Kraft bei der Revitalisierung und Wiedervernässung von Mooren sowie als Brückenbauerin zwischen Wissenschaft, Politik und Landwirtschaft etwa auf Weltklimakonferenzen, im Weltbiodiversitätsrat oder in der EU-Agrarpolitik.

Moorforscherin Franziska Tanneberger bei einem Forschungseinsatz in den Niederlanden.

Foto: Rune Schmidt

Das Potenzial der Moore wird nach ihrer Ansicht zu wenig genutzt. Allein in Deutschland seien mehr als 90 % der Moore trockengelegt. Aus diesen entweichen Treibhausgase (THG). Bundesweit seien trockenen Moore für 7 % der THG-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Für sie ist ganz klar: „Wir müssen Moore wiedervernässen.“ Mit ihrer Forschung zeigt sie, wie das Hand in Hand mit der Landwirtschaft gehen kann. Beispiele seien etwa die Rohrdächer auf Häusern in Norddeutschland, die Streunutzung in Bayern und auch innovative neue Bau- und Dämmmaterialien.

Preisübergabe

Für die DBU wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Deutschen Umweltpreis am 27. Oktober in der Rheingoldhalle in Mainz überreichen. Es ist das 32. Mal, dass die DBU diesen Preis, der zu den höchstdotierten Umwelt-Auszeichnungen Europas zählt, überreichen wird.

Von Dr. Ralph H. Ahrens