Airbus, Boeing & Co wollen bald mit Wasserstoff fliegen
Emissionsfreie Flugzeuge sind für die Branche eine große Herausforderung. Hersteller arbeiten an unterschiedlichen Konzepten. Aber auch Flughäfen müssen innovativer werden als bisher.
Wasserstoff als Energiequelle für Flugzeuge ist kein Relikt unserer Tage. Schon die Erdölkrise hat für Dynamik gesorgt. Ab 1988 flog in der damaligen Sowjetunion eine Tupolev Tu-155 zuerst mit flüssigem Wasserstoff und später mit flüssigem Erdgas. Es blieb beim durchaus erfolgreichen Experiment; 100 Flüge absolvierte die Testmaschine. Sie wurde damals trotzdem nicht weiterentwickelt. Mehr als 30 Jahre später hat die Europäische Kommission eine Wasserstoff-Strategie beschlossen – und Flugzeug-Hersteller müssen reagieren, wenn auch ganz unterschiedlich. Ein Überblick, was sich in der Branche tut.
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Airbus: Auf der Suche nach Antriebssystemen
Bei seinem Konzept „Zero E“ setzt Airbus auf Wasserstoff als Energieträger für Antriebssysteme. Er will bis zum Jahr 2035 entsprechende Maschinen auf den Markt bringen. Der Branchengigant spekuliert über unterschiedliche Konzepte und hält auch verschiedene Antriebssysteme für möglich.
Dazu zählen recht überraschend ein Flugzeug mit sechs Propellern unter den Tragflächen. Jede dieser Einheiten hat ihr separates Antriebssystem. Es besteht aus dem Wasserstofftank selbst, aus Brennstoffzellen, einem Elektromotor, einem Propeller und aus elektronischen Komponenten zur Steuerung. Als geplante Eckdaten nennt Airbus Plätze für 100 Passagiere, eine Reichweite von rund 1.850 Kilometern und eine Geschwindigkeit von 600 Kilometern pro Stunde. Das schränkt mögliche Anwendungsbereiche stark ein. Allerdings sind die technischen Hürden beim Turboprop-Konzept niedrig. Und ein wesentlicher Vorteil kommt hinzu: Jede der Gondeln mit Propeller, Tank und Elektronik lässt sich separat vom Flugzeug abnehmen und ohne großen Aufwand warten – oder austauschen.
Mantelstromtriebwerke, auch Turbofans genannt, sollen beim zweiten Szenario zum Einsatz kommen. Sie werden mit Wasserstoff betrieben. Als geplante Kapazität seines neuen Flugzeugs nennt Airbus 120 bis 200 Passagiere. Die Reichweite soll bei 3.700 Kilometern liegen. Solche Antriebssysteme sind heute in allen größeren Passagier- oder Transportflugzeugen zu finden, jedoch mit Kerosin als Treibstoff.
Der Konzern denkt aber auch über sogenannte Blended-Wing-Body-Flieger nach. Sie erinnern an Nurflügel-Flugzeug, wie man sie vom militärischen Flugzeugbau kennt. Auch er soll bis zu 200 Passagiere aufnehmen und maximal 3.700 Kilometer zurücklegen. Reine Nurflügler haben eine geringere Auftriebsleistung im Langsamflug, deshalb sind hier etliche Modifikationen geplant. Airbus will sich bis 2025 über die weitere Strategie entscheiden.
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Dornier auch bald mit Wasserstoff unterwegs?
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Triebwerkshersteller MTU Aero Engines planen wiederum, eine Dornier 228 fit für Wasserstoff zu machen. Ihr Testflugzeug soll mit Brennstoffzellen und elektrischen Propellerantrieb ausgestattet werden. Läuft alles nach Plan, hebt es im Jahr 2026 erstmals ab.
Zero Avia setzt auf Wasserstoff und Batterien
Hersteller kleinerer Flugzeuge sind Innovationen gegenüber ebenfalls recht aufgeschlossen. Zero Avia brachte eine Piper M mit Wasserstoff-betriebenen Brennstoffzellen und Batterien in die Luft. Der Konzern hat eine spezielle Zielgruppe im Visier. Er will zehn bis 20 Personen maximal 900 Kilometer weit bringen. Geplant ist, das neue Antriebssystem ab 2023 in normale Flugzeuge einzubauen.
Boeing wählt einen anderen Weg
Nachhaltigkeit gehört auch bei Boeing zu den Unternehmenszielen. Der Konzern setzt dabei nicht auf Wasserstoff, sondern auf Biokraftstoffe. Bis 2030 sollen alle Flugzeuge des Konzerns damit unterwegs sein; Mischungen sind schon heute möglich. Als mögliche Rohstoffe für Biokerosin nennt Boeing Abfälle aus der Nahrungsmittel-Herstellung, aus der Land- und aus der Forstwirtschaft.
Auch Flughäfen müssen umdenken
Unabhängig vom Hersteller oder vom Antriebssystem hat Wasserstoff eine ganz andere Schattenseite: Der Energieträger muss vor Ort verfügbar sein, an kleinen und an großen Flughäfen. Airports müssen sich langsam Gedanken machen, wie sie eigene Infrastrukturen ändern. Auch das gelingt nicht von heute auf morgen. Air France-KLM, Airbus, die Betreibergesellschaft Groupe ADP und die Region Paris gehen mit gutem Beispiel voran. Sie wollen untersuchen, wie sich Wasserstoff lagern und verteilen lässt. Jetzt suchen sie Partner für das ehrgeizige Modellprojekt.
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