Die Lösung für die Energiewende: ein staatliches Wasserstoffnetz
Eine Forschungsgruppe hat ein Hintergrundpapier vorgelegt. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen plädieren für den Aufbau einer Wasserstoffnetzgesellschaft, im Idealfall unter Beteiligung des deutschen Staates. Denn flächendeckende Versorgungsstrukturen würden dringend benötigt und könnten ein wichtiger Treiber für die Energiewende werden.
Die Energiewende ist eine große Herausforderung. Im besonderen Maße gilt das für energieintensive Industrien wie das produzierende Gewerbe. Ihr Bedarf dürfte allein über Windkraft und Solarenergie kaum zu decken sein, zumindest nach dem aktuellen Stand der Technik. Hier kommt Wasserstoff als Hoffnungsträger ins Spiel. Intensive Forschung führt dazu, dass seine Herstellung immer effizienter wird. Aber selbst wenn der große Durchbruch gelingt und grüner Wasserstoff in ausreichenden Mengen verfügbar wäre, wie soll er zu den einzelnen Unternehmen gelangen? Der Transport mit Bahn und Lkw wäre zu zeitaufwendig und nicht energieeffizient genug.
Jetzt liegt ein Hintergrundpapier aus der Wissenschaft vor. Die Forschenden haben sich mit dem Thema Wasserstoffnetz beschäftigt – und schlagen die Gründung einer Netzgesellschaft vor.
Wie lässt sich Wasserstoff am besten speichern und transportieren?
Ein Wasserstoffnetz muss grundlegend aufgebaut werden
Ein Wasserstoffnetz wäre eine große Herausforderung. Die Produktionsstätten müssten über Pipelines mit Industrieregionen verbunden werden. Zum Teil könnten Häfen zur Versorgung beitragen. Doch wie soll das deutschlandweit in angemessener Zeit bewerkstelligt werden?
„Neben regulatorischen Fragen bleibt das zentrale Hemmnis für den Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur die Frage, wer für Planung, Bau und Betrieb des zukünftigen Wasserstoffnetzes die Verantwortung und nicht zuletzt die Risiken trägt“, erläutern die beiden Erstautoren des Impulspapiers, Benjamin Pfluger von Fraunhofer-Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG sowie Joachim Müller-Kirchenbauer von der TU Berlin. Für das Hintergrundpapier haben sie die Ausgangslage in Deutschland sowie die voraussichtlichen Erfordernisse der nächsten Jahre betrachtet. Dahinter stand die Fragestellung, welches Aufbau- und Betriebsmodell für die Wasserstoffversorgung sich am besten eignen würde.
Konkurrenz beim Aufbau eines Wasserstoffnetzes wäre nicht zielführend
„Die meisten der derzeit diskutierten Betreibermodelle für Wasserstoffnetze haben Marktakteure und Fernleitungsnetzbetreibern in die Diskussion gebracht, die das legitime Eigeninteresse verfolgen, angestammte Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln“, sagt Benjamin Pfluger. An dieser Stelle äußern die Forschenden Skepsis. Denn die Strukturen für Strom und Erdgas seien zwar bewährt, das heiße jedoch nicht, dass sie sich auf Wasserstoff übertragen ließen.
Deutsche Gasleitungen sind für Wasserstoff geeignet
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen legen in ihrem Hintergrundpapier dar, warum Wasserstoff in dieser Hinsicht eine Sonderstellung einnimmt: Da es noch keine Versorgungsstruktur gäbe, müsse es von Grund auf entwickelt werden. Das erfordere nicht nur eine sorgfältige Planung, sondern auch große finanzielle Mittel. Denn grüner Wasserstoff sei aktuell noch nicht wettbewerbsfähig, weil er im Vergleich zu fossilen Energieträgern zu teuer ist. Zum anderen handle es sich bei Wasserstoff um ein natürliches Monopol. Die Forschenden sehen es als nicht zielführend an, dass verschiedene Unternehmen in einer Region um die Wasserstoff-Versorgung konkurrieren.
Daher sehen sie kaum eine Alternative zu einer Förderung durch den Staat. Das beziehen sie sowohl auf die Wasserstoff-Produktion als auch auf den Transport, die Speicherung und womöglich sogar auf den Umbau, um Wasserstoff als Energieträger nutzen zu können. Das heißt jedoch nicht, dass der Staat all diese Aufgaben selbst wahrnehmen soll. Einige Aufgaben wären laut der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bei Unternehmen besser aufgehoben.
Eine nationale Wasserstoffgesellschaft könnte den Prozess vereinfachen
Das sind die wichtigsten Aussagen der Forschungsgruppe:
- Der Aufbau des Wasserstoffnetzes muss und kann regulatorisch gegen einseitige Einflussmaßnahmen abgesichert werden. Dies ist jedoch unabhängig davon, ob eine einheitliche Wasserstoffnetzgesellschaft geschaffen wird, oder nicht.
- Die Schaffung einer nationalen Wasserstoffnetzgesellschaft geht mit einem initialen Aufwand einher, kann jedoch den Netzaufbau insgesamt deutlich beschleunigen, da der Prozess über eine einzige Institution mit klarem Auftrag läuft, statt über bis zu 16 Akteure mit komplexen Interessenlagen und Eigentümerstrukturen.
- Eine staatliche Beteiligung an einer Netzgesellschaft wäre nicht ungewöhnlich und könnte den Hochlauf deutlich vereinfachen und beschleunigen. Der Blick ins Ausland zeigt eine Fülle von funktionierenden Modellen, und auch viele deutsche Strom- und Erdgasnetze gehören Bundesländern oder europäischen Nachbarstaaten.
- Die anstehende Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen und sollte in einem strukturierten politischen Entscheidungsfindungsprozess (Impact Assessment) unter Einbindung aller Stakeholder getroffen werden.
Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass der Aufbau der Infrastruktur über eine nationale Wasserstoffnetzgesellschaft deutlich beschleunigt werden könnte.
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