Solare Treibstoffproduktion: doppelter Ertrag
Schon 2019 überraschten ETH-Forschende mit ihrer Idee, synthetische Treibstoffe mithilfe von Sonnenkraft herzustellen. Nun haben sie den Ansatz weiterentwickelt. Mit dem Ergebnis, dass sie dank eines neuen Details die Herstellung deutlich effizienter gestalten konnten.
Der Anteil vollelektrischer Fahrzeuge nimmt stetig zu. Waren es 2012 nur rund 4.500 E-Autos in Deutschland, lag ihr Anteil zehn Jahre später bereits jenseits einer Million Fahrzeuge. Das zeigt, in welche Richtung sich Mobilität in Deutschland künftig noch entwickeln wird. Ob und wann herkömmliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor gänzlich von der Bildfläche verschwinden, das kann niemand so genau sagen. Deshalb liegt ein Fokus der Forschung trotzdem auch auf Treibstoffen und deren Herstellung. Wenn es gelingt, sie von der Herstellung bis zur Verbrennung umweltfreundlicher zu gestalten, könnte dies die Verkehrswende unterstützen.
Erste Erfolge gab es bereits. Zum Beispiel hat die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) im Jahr 2019 eine Möglichkeit gefunden, wie sich mit Sonnenlicht und Luft Flüssigtreibstoffe herstellen lassen. In einer ersten Demonstrationsanlage, die 2019 auf dem Dach des Maschinenlaboratoriums der ETH stand, präsentierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihren Ansatz – und zwar unter realen Bedingungen. Da diese synthetischen Treibstoffe mithilfe der Sonne hergestellt werden können, sind sie CO2-neutral. Schließlich setzen sie exakt so viel CO2 bei der Verbrennung frei, wie im Rahmen der Herstellung der Luft entzogen wurde.
Treibstoff aus Solarenergie: poröse Struktur als Nadelöhr
Damit die Sonne dazu genutzt werden kann, Treibstoff herzustellen, müssen die Sonnenstrahlen in entsprechender Konzentration vorliegen. Das gelingt durch einen Solarreaktor und einen Parabolspiegel. Sie bilden sozusagen das Herz des Herstellungsprozesses. In dem Reaktor entstehen durch die konzentrierten Strahlen Temperaturen bis zu 1.500 Grad Celsius. Innerhalb des Reaktors befindet sich eine poröse Struktur. Sie besteht aus Ceroxid. Dabei handelt es sich um eine chemische Verbindung, die zur Gruppe der Metalloxide gehört und bei Erhitzen starkes Licht emittiert. Ceroxid kommt unter anderem in Katalysatoren von Fahrzeugen zum Einsatz.
Für die Herstellung des Solartreibstoffs findet in dem Reaktor eine sogenannte zyklische thermochemische Reaktion statt. Sie spaltet das Wasser und CO2 voneinander ab, das zuvor aus der Luft abgeschieden wurde. Parallel zu dieser Reaktion entsteht zudem ein sogenanntes Syngas. Dabei handelt es sich um ein Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Dieses spezielle Gas kann dann zu flüssigen Kohlenwasserstoff-Treibstoffen weiterverarbeitet werden. Als ein Endprodukt entsteht dabei zum Beispiel Flugbenzin, also das Kerosin, das in Flugzeugen verwendet werden kann.
3D-Druck sorgt für doppelten Ertrag bei der solaren Treibstoffproduktion
Eine Gruppe Forschender um André Studart, Professor für komplexe Materialien an der ETH, sowie eine weitere Gruppe von Aldo Steinfeld, Professor für Erneuerbare Energieträger an der ETH, haben nun gemeinsam ein Detail verändert. In der Vergangenheit kam im Reaktor eine gleichmäßig poröse Struktur zum Einsatz. Das hatte allerdings einen entscheidenden Nachteil: Während die Sonnenstrahlen mit voller Kraft in den Reaktor eindringen, werden sie im Inneren des Reaktors immer schwächer. Auf diese Art und Weise sind die Temperaturen nicht so hoch und dementsprechend geringer ist auch die Leistung des Solarreaktors.
Die zwei Forscher-Gruppen haben sich deshalb mit dem Material und dessen Herstellung beschäftigt. Sie entwickelten eine neue 3D-Druckmethode, mit der sich Keramikstrukturen mit komplexen Poren-Geometrien herstellen lassen. Diese Poren-Geometrien sollen die Sonnenstrahlen effizienter ins Innere des Reaktors transportieren. Die Forschenden testeten verschiedene Strukturen. Das beste Ergebnis erzielten sie mit sogenannten hierarchischen Strukturen, bei denen das Material aus Kanälen und Poren besteht. Es entstehen dann Oberflächen, die auf der einen Seite offener und damit für die Aufnahme des Sonnenlichts ideal geeignet sind, und die auf der anderen Seite Richtung hinteres Ende des Reaktors dichter werden. Diese Kombination sorgt dafür, dass die konzentrierte Sonnenstrahlung über das gesamte Volumen absorbiert werden kann und die notwendige Reaktionstemperatur von 1.500 Grad auch im Reaktor erreicht wird.
Kommerzialisierung der solaren Treibstoffproduktion
Herstellen konnten die Forschenden die Strukturen mithilfe der sogenannten extrusionsbasierten 3D-Drucktechnik. Als Tinte kam eine Paste zum Einsatz, welche die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eigens dafür entwickelt haben. Das besondere an ihr: Sie ist etwas flüssiger und beinhaltet eine hohe Konzentration von Ceroxidpartikeln. Dadurch lässt sich die Menge an reaktionsfähigem Material auf das Maximum erhöhen.
Erste Tests ergaben vielversprechende Ergebnisse: Mit den neuen Strukturen konnten die Forschenden bei gleicher konzentrierter Sonnenstrahlung doppelt so viel Treibstoff herstellen. Kein Wunder, dass die ETH Zürich sich die Technologie zum 3D-Druck der Keramikstrukturen hat patentieren lassen. Die Firma Synhelion, ein ETH-Spin-off, hat das Patent bereits gekauft. Gemeinsam mit einem weiteren ETH-Spin-off, Climeworks, will Synhelion die Technologie weiterentwickeln und kommerzialisieren.