Treibstoffverbrauch von Schiffen
Schiffe sollen zum Klimaschutz beitragen und weniger Kohlendioxid (CO2) emittieren. Dazu ist der Treibstoffverbrauch stets zu messen. Das Fernziel ist, dass der Kapitän die klimaschonendste Fahrtroute auswählt.
Im Jahr 2015 hat die EU eine wesentliche Ursache für CO2-Emissionen in den Fokus genommen: die Seeschifffahrt, die darüber hinaus auch in nennenswertem Umfang Stickoxide, Schwefeloxide, Methan, Partikel und Ruß emittiert. Demgegenüber stand das verbindliche Ziel, die EU-internen Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.
Zur Senkung der CO2-Emissionen aus dem EU-Seeverkehr hat die EU beschlossen, diese in die Treibhausgasreduktionsverpflichtung einzubeziehen. Dies geschah im April 2015 mit der Verordnung 2015/757 „über die Überwachung von Kohlendioxidemissionen aus dem Seeverkehr, die Berichterstattung darüber und die Prüfung dieser Emissionen“. Im ersten Schritt wurde hierfür ein System für die Überwachung, Berichterstattung und Prüfung, kurz MRV-System, eingerichtet, bei dem CO2-Emissionen auf der Grundlage des Kraftstoffverbrauchs der Schiffe ermittelt werden. Die Abkürzung MRV steht für „Monitoring, Reporting and Verifying“. Angaben der Internationalen Meeresschutzorganisation IMO (International Marine Organization) zufolge ließen sich der spezifische Energieverbrauch und die CO2-Emissionen von Schiffen durch betriebliche Maßnahmen und den Einsatz verfügbarer Technologien bereits um bis zu 75 Prozent senken Die entsprechend geringeren Kraftstoffkosten wären für die Betreiber ein immenser wirtschaftlicher Vorteil.
Die EU rechnet zudem damit dass die Einführung des MRV-Systems zu Emissionsreduktionen um bis zu 2 Prozent und zu aggregierten Nettokosteneinsparungen von bis zu 1,2 Mrd. Euro bis 2030 führen könnte. Letzteres wird begründet mit den (neu) gewonnenen Informationen über die Schiffseffizienz, die Schiffstypen, Routen, Kraftstoffe und so weiter vergleichbar machen. Ein MRV-System ist zudem die Grundvoraussetzung für jede marktbasierte Maßnahme, Effizienznorm oder andere Regelung, unabhängig davon, ob sie auf Ebene der EU oder weltweit angewandt wird.
Auf Basis der Verordnung 2015/757 müssen Schifffahrtsunternehmen seit 2019 der Kommission und den Behörden der betreffenden Flaggenstaaten alljährlich bis 30. April für jedes Schiff unter ihrer Verantwortung einen Bericht zu den CO2-Emissionen und anderen relevanten Informationen vorlegen. Übermittelt wird dieser Bericht durch automatisierte Systeme und Datenaustauschformaten.
Verschiedene Kraftstoffe
Die Schifffahrtsunternehmen berechnen die CO2-Emissionen anhand der einfachen Formel „Kraftstoffverbrauch mal Emissionsfaktor“. Die Aufgabe ist also, die Menge der verbrauchten Kraftstoff zu messen. So einfach das auf den ersten Blick erscheint, ist es jedoch nicht. Denn ein Schiff führt verschiedene Kraftstofftypen mit sich, die für Hauptmaschinen, Hilfsmotoren, Gasturbinen, Kesseln oder Inertgasgeneratoren eingesetzt werden. Die Verbrauchsszenarien reichen von einem exklusiven Zugriff eines Verbrauchers auf einen Typ bis zum gleichzeitigen Zugriff mehrerer Verbraucher auf einen Typ. Die Kraftstoffe werden über Ringleitungen zu den Verbrauchern geführt, das heißt nicht verbrauchter Kraftstoff wird zurück in den Tank beziehungsweise Behälter geführt. Hinzu kommt dass die Typen für die Balance des Schiffes teilweise zwischen verschiedenen Behältern umgepumpt werden müssen.
Die Komplexität des Kraftstoffsystems auf einem Schiff ähnelt der einer verfahrenstechnischen Anlage wie man sie etwa aus der Chemieindustrie kennt. Dort werden die Prozesse mittels Messtechnik überwacht, deren Messergebnisse für die Steuerung und Regelung herangezogen werden. Die wesentlichen Messgrößen sind Temperatur, Druck, Durchfluss und Füllstand. Betrachtet man ein Schiff als kleine Anlage mit verschiedenen Prozessen so fällt die Übertragung leicht: es braucht Messtechnik, um die Kraftstoffverbräuche zu erfassen.
Das Unternehmen Krohne liefert bereits seit Jahrzehnten Messtechnik für die Schifffahrt. Darunter auch eine Lösung für die Erfassung von Kraftstoffverbräuchen. Dieses System, EcoMATE genannt, erfüllt die Anforderungen der EU-Verordnung. Das Software-System ermöglicht Besatzungen, Betreibern und Schiffseignern die Überwachung aller Schiffstypen mit einem integrierten Software-Tool, das automatisch Emissions- und Effizienzdaten berechnet und Berichte erstellt. Je nach Schiffstyp wird das System individuell konfiguriert und kann einzeln oder mitsamt Messtechnik (sofern nicht bereits vorhanden), PC-Arbeitsplätzen, Ventilen und so weiter mit Begleitung bis hin zur Inbetriebnahme geliefert werden. Die Messwerte der Durchflussmessgeräte in den Vor- und Rücklaufleitungen der Maschinen werden im Kontrollraum konsolidiert um den aktuellen Verbrauch und den Gesamtverbrauch aller an Bord befindlichen Treibstoffarten zu überwachen und beispielsweise die Effizienz zu validieren.
Alle maßgeblichen Daten werden aufgezeichnet und gespeichert. Die Berichte mit den eingegangenen Gesamtmengen der verschiedenen Treibstoffarten können ausgedruckt oder direkt digital versendet werden um der Verordnung zu genügen. Das System kann die Daten auch automatisch an eine sichere Cloud weiterleiten, in der sie über ein Dashboard, das von jedem Web-Browser aus zugänglich ist, angezeigt, heruntergeladen oder analysiert werden können. Beispielsweise lassen sich hier Treibstoffverbrauch-Trends oder Emissionen in Zusammenhang mit Temperatur, Geschwindigkeit und/oder Kilowatt-Schubleistung pro Schiff anzeigen. Es können Vergleiche gezogen werden zwischen gleichen Reiserouten zu unterschiedlichen Zeitpunkten, und die Messdaten jedes Schiffs bis hin zum einzelnen Verbraucher einfach analysiert werden. Somit kann ein Flottenbetreiber die bestmögliche Effizienz für einen Schiffstyp oder eine Route finden und auf andere Schiffe übertragen.
Jörg Holtmann, Krohne Messtechnik GmbH j.holtmann@krohne.com