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Windradrecycling 01.04.2019, 00:00 Uhr

Wenn das Windrad stillsteht

Nach dem Bauboom von Windrädern in den 90er Jahren wird immer öfter über das Repowering gesprochen. Hagedorn, Deutschlands Rückbauspezialist für Windkraftanlagen, weiß, wie alte Windräder abgebaut werden.

Abbruch eines Ortbetonturms einer Windenergieanlage in Haarbrück mit Abbruchseilbagger und 14 Tonnen schweren Abbruchschere. Bild: Hagedorn

Abbruch eines Ortbetonturms einer Windenergieanlage in Haarbrück mit Abbruchseilbagger und 14 Tonnen schweren Abbruchschere. Bild: Hagedorn

Auch wenn immer wieder etwas spöttisch über die „Verspargelung“ ganzer Landschaften geunkt wird: Mächtige Windkraftwerke, höher als die meisten Fernsehtürme, prägen ganze Regionen. Teilweise mehr als 200 m hoch ragen die heutigen Modelle in den Himmel. Mehr als 27. 000 dieser riesigen Rotoren drehen sich seit dem „Boomstart“ der Windräder vor knapp 20 Jahren schon in Deutschland. Und ihre Zahl wächst immer noch. Doch was geschieht mit den damaligen Pionieren der Energiewende, die meist nach 25 Jahren ihre Leistungsgrenze erreichen? Parallel zum Ausbau der Windenergie, werden dann ältere Windräder gegen neue leistungsfähigere und umweltschonendere Anlagen ausgetauscht. Dies ist das Repowering.

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Schrittweiser Ortbeton-Abbruch einer E66 in Haarbrück mittels Sägetechnik und Autokran. Bild: Hagedorn

 

Dafür kommen Rückbauer ins Spiel. Tauchen etwa Ralf Voßhenrich und sein Team in der Nähe eines Windrades auf, ist klar: Dem Landschaftsspargel geht es an den Kragen. Der Bauingenieur ist der Fachmann für den Windradrückbau der Abbruch- und Abfallspezialfirma Hagedorn mit Sitz in Gütersloh. „Wir haben das Know-how und die Maschinen, um unterschiedliche Verfahren anzuwenden“, so Vosshenrich. Das beinhaltet auch die Beseitigung des Fundaments.

Im Gepäck hat der Rückbauprofi immer großes Gerät. Ein Beispiel: Im nordrhein-westfälischen Haarbrück bei Beverungen stand ein mehr fast 20 Jahre alte E66 von Enercon, dem deutschen Marktführer für Windenergieanlagen mit Sitz in Aurich. „Vor 20 Jahren stellte man den Rumpf des Turms der Anlagen oft in Ortbetontechnik her“, erklärt Vosshenrich. Das heißt, Türme wurden in Gleitschalung von unten nach oben sukzessive aus Beton gegossen. Das Haarbrücker Modell war ein besonders harter Brocken: Er bestand aus Spannbeton. Bei dieser ursprünglich aus dem Brückenbau stammenden Bauweise sorgen zusätzliche Spannseile in der Betonstruktur für den Ausgleich der Druck- und Zugspannung im Betonkörper. „Die Ortbetontürme erfordern spezielle Rückbaumaschinen und entsprechendes Know-how“, so der Projektleiter. Der Abbau eines solchen Windrades ist ähnlich aufwändig wie sein Aufbau. Die in Beton gegossene Wahrheit heißt in diesem Fall: 875 Tonnen Beton der harten Sorte sollen im Zuge des Repowering verschwinden.

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Abbruch eines Ortbetonturms einer Windenergieanlage in Haarbrück mit Abbruchseilbagger und Abbruchschere. Bild: Hagedorn

 

Abbau für den Ausbau

Bei dem Abriss dieser Anlage benötigte Voßhenrich einen Autokran, einen 70 Meter hohen Seilbagger, eine Abbruchschere und einen 40 Tonnen-Bagger. Die Demontage ging schrittweise voran. Zuerst entfernte Enercon selber die oberen zehn Meter des 98 Meter hohen Turms: die Stahlsektion, und die eigentliche Anlage. In 88 Meter Höhe machten sich dann Fachleute von Hagedorn ans Werk. Sie ließen die Seilsäge zeigen, was sie kann: Sie trennte vier Betonteile von je 4,50 Meter Höhe langsam vom Rumpf ab. Der Autokran hob die nach unten größer werdenden Ringe mit einem Durchmesser von bis zu 3,40 Meter und einer Wandungsstärke von 30 Zentimeter ab und ließ sie gen Boden schweben. Danach wurde der Turm von 70 auf 8 Meter mittels Seilbagger und der 14 Tonnen schweren Abbruchschere stückweise heruntergekniffen. Der verbleibende Turmstummel war für den 40 Tonnen-Bagger ein Klacks.

Flügelsegmentierung mittels Baggeranbausäge für den Abtransport. Bild: Hagedorn

Flügelsegmentierung mittels Baggeranbausäge für den Abtransport. Bild: Hagedorn

 

Bei anderen Türmen geht es anders. Alternativ wurden mit dem selben Seilbagger – einem der höchsten in Europa – und der klassischen Abrissbirne die 68 Meter hohen Fertigteiltürme von zwei Enercon E 82 in den Niederlanden erfolgreich abgebrochen, indem die Türme sukzessive von oben nach unten zerschmettert wurden – Eine Neuerung im Bereich des Turmrückbaus, bisher hatte sich noch keiner dieser Methode bedient und diese Variante eher angezweifelt. Der Erfolg gibt der Firma Hagedorn jedoch recht.

Rückbau mit Sprengkraft

Um Zeit zu sparen, werden Fundamente von Windenergieanlagen zunehmend gesprengt. Dafür sind weitere Spezialmaschinen und besonderes Know-how notwendig. Beim 540 Kubikmeter – Fundament der Enercon E 66 in Haarbrück bohrte Hagedorn 200 Löcher mit einem Durchmesser von 40 Millimeter und einer Tiefe von bis zu 2,40 Meter. In fünf Stunden echter Bohrzeit erledigte die Maschine von Hagedorn 450 Meter Bohrungen. Nach einer Lockersprengung ließen sich Beton und Bewehrungseisen planmäßig „abräumen “ und zusätzlich ein Zeitvorteil gegenüber dem klassischen Abbruch mittels Bagger und Abbruchhammer erarbeiten. Vorteilhaft für alle Beteiligten ist, dass die Hagedorn Unternehmensgruppe mit der Deutschen Sprengunion GmbH hauseigene Sprengberechtigte jederzeit greifbar haben.

In ein Fundament wurden Löcher gebohrt für die folgende Sprengung. Bild: Hagedorn

In ein Fundament wurden Löcher gebohrt für die folgende Sprengung. Bild: Hagedorn

 

Selbstverständlich arbeiten Voßhenrich und seine Kollegen unter der Maßgabe „Safety first“. Der Bereich Health & Safety ist wichtig – egal, ob in großer Höhe oder am Boden in Rumpfnähe gearbeitet wird. Die Männer wissen um die Gefahr und halten alle Sicherheitsvorschriften penibel ein. Dass das sach- und fachgerecht geschieht, darauf achtet ein externer Health- and Safety-Beauftragter. Nicht umsonst sorgte das Hagedorn-Team vor den Rückbauarbeiten für einen 4 Meter hohen Schutzwall aus Erde rund um den Turm. So poltert jedes abgekniffene Stück Beton des Restschaftes in den abgesicherten Bereich. Ralf Voßhenrich „Die Herausforderung besteht immer wieder darin, praktikable und funktionierende Lösungen des Rückbaus zu finden und gleichzeitig die Sicherheitsvorschriften vollständig zu erfüllen.“

Der Rückbau einer Windkraftanlage mit Hagedorn läuft schnell, professionell, sauber, sicher und umfeldschonend ab. „Der Auftraggeber hat dabei genau einen Ansprechpartner“, betont Voßhenrich. Das findet etwa Marktführer Enercon komfortabel, denn in Deutschland stehen in den nächsten Jahren allein ca. 700 „Räder“ ähnlicher Bauart an.

Von Ralf Voßhenrich

Ralf Voßhenrich, Hagedorn Unternehmensgruppe, vosshenrich@ug-hagedorn.de