Windkraft: Warum ein Lüftchen zur Energiegewinnung ausreicht
Weltweit sorgen Windturbinen für erneuerbare Energie. Sie benötigen aber Mindest-Windgeschwindigkeiten. Wie sich schwache Luftströmungen nutzen lassen, zeigen chinesische Forscher. Sie nutzen ein bekanntes Prinzip.
„Windenergie spielt gegenwärtig die tragende Rolle beim Ausbau der erneuerbaren Energien“, schreibt das Bundesministerium für Energie und Wirtschaft in einer Pressemeldung. Bei der Datenerhebung Ende 2018 standen Windenergieanlagen an Land mit einer Leistung von 52,5 Gigawatt bereit; auf See waren es 6,4 Gigawatt. Erzeugt wurden 90,5 beziehungsweise 19,5 Terawattstunden. Damit lag der Anteil der Windenergieanlagen am deutschen Bruttostromverbrauch bei 18,6 %.
Viele Energieexperten wünschen sich, diesen Bereich weiter auszubauen. Solche Pläne verfolgt auch die Bundesregierung. Doch es gibt ein grundlegendes Problem: Anlagen zur Energiegewinnung brauchen mindestens Windgeschwindigkeiten von drei oder vier Metern pro Sekunde. Einzelne Windböden reichen nicht aus. Selbst spürbare Luftbewegungen in Bodennähe können bedeuten, dass es in 100 Metern Höhe nahezu windstill ist. Deshalb bewegen sich Windräder mitunter gar nicht. Ein Problem, das nicht nur in Deutschland auftritt.
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Chinesische Forscher haben deshalb eine neue Technologie entwickelt, um bereits Windgeschwindigkeiten ab 1,6 Metern pro Sekunde zu nutzen. Das entspricht einem leichten Lufthauch, wie er schon durch Passanten im Vorbeigehen erzeugt wird. Die Ingenieure arbeiten nicht mit Turbinen, sondern mit triboelektrischen Nanogeneratoren (TENG). Das Prinzip ist schon länger bekannt, wurde in diesem Zusammenhang aber bislang kaum beachtet.
Triboelektrische Nanogeneratoren (TENG) unter der Lupe
Zum Hintergrund: TENG gehören zur Strategie des Energy Harvestings, sprich der Nutzbarmachung ohnehin vorhandener Energiereserven wie leichten Luftströmungen. Sie wurden erstmals im Jahr 2012 von Ingenieuren beschrieben, waren damals aber nicht praxistauglich.
Mittlerweile hat sich viel getan. Moderne TENG bestehen aus dünnen Streifen oder Schichten zweier unterschiedlicher Materialien. Beide Stoffe haben eine möglichst geringe elektrische Leitfähigkeit. Kommen sie miteinander in Kontakt, tauschen sie Elektronen aus und werden unterschiedlich geladen. Man spricht vom triboelektrischen Effekt. Werden die Streifen nachher wieder getrennt, lässt sich ein Strom abgreifen. Durch wiederholte Berührung und Entfernung entstehen Strompulse.
In der Praxis haben TENG mehrere Vorteile. Sie lassen sich preisgünstig in großer Zahl herstellen und haben keine mechanischen, verschleißanfälligen Bauteile. Das waren für chinesische Forscher klare Argumente, um TENG zur Energieerzeugung aus Windkraft einzusetzen.
Erste Daten zum Wind-TENG
Ihr neues Tool besteht aus zwei Kunststoffstreifen in einem Rohr, die schon bei leichten Luftströmen flattern oder sich annähern und kurz Kontakt haben. „Wir haben unseren Nanogenerator auf den Arm einer Person gelegt, und der Luftstrom eines schwingenden Arms reichte aus, um Strom zu erzeugen“, berichtet Ya Yang vom Pekinger Institut für Nanoenergie und Nanosysteme an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. „Sie können leichte Luftzüge in Ihrem Alltag also zur Energieerzeugung nutzen.“
Ihr Gerät hat einen Wirkungsgrad der Umwandlung von Wind in Energie von 3,23%. Derzeit kann der Wind-TENG 100 LED-Leuchten oder Temperatursensoren mit Energie versorgen.
„Unser Ziel ist jedoch nicht, etablierte Technologien zur Erzeugung von Windenergie zu ersetzen. Unser Ziel ist vielmehr, Probleme zu lösen, die bei traditionellen Windkraftanlagen auftreten“, sagt Yang. „Im Gegensatz zu Windkraftanlagen mit Spulen und Magneten, bei denen hohe Kosten anfallen, können wir preisgünstige Materialien für unser Gerät verwenden.“ Es eigne sich auch für Naturschutzgebiete oder in dicht bebauten Städten, also überall dort, wo keine Windräder aufgestellt werden dürfen.
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Wohin die Reise geht: Prototypen mit unterschiedlicher Leistung
Nach erfolgreichem Abschluss der Laborexperimente haben die Forscher nun mehrere Pläne. Sie wollen einen miniaturisierten Wind-TENG entwickeln, nicht größer als eine Münze. Das Tool könnte als Bestandteil von Wearables elektronische Komponenten mit elektrischer Energie versorgen. Andere Forschergruppen experimentieren mit TENG in Schuhsolen oder als Teil von Geweben mit einem ähnlichen Ziel.
Yang möchte den Generator aber auch größer und leistungsfähiger machen. „Ich hoffe, unser Gerät auf 1.000 Watt skalieren zu können, damit es mit herkömmlichen Windkraftanlagen konkurrenzfähig ist“, sagt er. „Wir können diese Generatoren dort platzieren, wo herkömmliche Windkraftanlagen nicht möglich sind. Wir können sie für nachhaltige Energie in den Bergen oder auf Gebäuden platzieren.“
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