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Solarzellen aus dem 3D-Drucker 11.04.2023, 07:00 Uhr

Solar TAP: Neue Innovationsplattform für Solartechnik ist gestartet

Drei deutsche Forschungseinrichtungen haben gemeinsam die Innovationsplattform Solar TAP gestartet. Ihr Ziel: Neue Solartechnologien schnell nutzbar machen – zum Beispiel Solarzellen aus dem 3D-Drucker. Sie könnten an Fassaden angebracht werden, um der Energiewende einen ordentlichen Schub zu verleihen.

Solarfassade

Fassadenintegrierte Photovoltaik am HZB in Berlin-Adlershof.

Foto: Niklas Albinius/HZB

Weg von fossilen Energieträgern, hin zu erneuerbaren Quellen – das ist das Gebot der Stunde. Solarenergie könnte erheblich zur Energiewende beitragen, wenn es genug geeignete Flächen gäbe. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vom Forschungszentrum Jülich, vom Helmholtz-Zentrum Berlin und vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wollen das Thema gemeinsam mit Partnern aus der Industrie kräftig vorantreiben, und nicht nur das.

Die Innovationen, die bei ihrer Zusammenarbeit entstehen, sollen schnell und unkompliziert Industrie und Endverbrauchern zur Verfügung stehen. Dafür haben sie die Innovationsplattform Solar Technology Acceleration Platform for emerging Photovoltaics (TAP) gegründet. Sonnenenergie steht im Fokus, weil sie den niedrigsten ökologischen Fußabdruck hat – sie erzeugt deutlich mehr Energie, als für ihre Herstellung benötigt wird.

Jede Oberfläche in eine Stromquelle verwandeln: Mit papierdünnen Solarzellen

Ausbau der Solarenergie durch Mehrfachnutzung

Die Zahlen variieren. Während einige Fachleute der Ansicht sind, dass Sonnenstrom bis zum Jahr 2040 problemlos ein Viertel des deutschen Energiebedarfs decken könnte, sehen andere Experten und Expertinnen ein noch größeres Potenzial. Fest steht: Es kommt viel Sonnenenergie bei uns an. Es fehlen jedoch einerseits geeignete Speichermöglichkeiten für die dunkle Jahreszeit und andererseits große Flächen, die für Solarenergie genutzt werden könnten, ohne die Interessen anderer Nutzungsformen zu stark zu beeinträchtigen. Genau hier setzen die Forschenden mit Solar TAP an.

Sie wollen Solarmodule für die Mehrfachnutzung unterschiedlicher Flächen fit machen. Ein inzwischen recht bekanntes Beispiel dafür ist die Agri-Photovoltaik, also die gemeinschaftliche Flächennutzung der Landwirtschaft und der Solarenergiebranche. Die Pflanzen gedeihen zwischen oder unter den Solarmodulen, was zwar den Ernteertrag verringert, aber deutlich mehr Gewinn bringt als eine einfache Nutzung, weil die Leistung der Solaranlage hinzugerechnet wird.

Ein Beispiel: Im Rahmen von Solar TAP arbeiten die Forschenden mit einem Partner aus der Landwirtschaft zusammen, der Himbeeren und Brombeeren anbaut. Sie wachsen in dieser Saison unter semitransparenten organischen Solarmodulen, wobei die Forschenden die Frage klären wollen, wie stark sich die Ernte dadurch verändert.

Gedruckte Solarzellen für maximal mögliche Flexibilität

Noch mehr Möglichkeiten für einen umweltschonenden Ausbau der Solarenergie sehen die Forschenden bei Bestandsgebäuden und weiteren Flächen, etwa der Verkehrsinfrastruktur oder Stadtmobiliar.

Solarwege: zwischen Herausforderungen und Chancen

Im Fokus stehen dabei Solarzellen, die auf gedruckten innovativen PV-Technologien basieren. Sie sind gut formbar und flexibel. Außerdem verursachen sie aufgrund ihres geringen Gewichts keine statischen Probleme. Zudem können Eigentümer und Eigentümerinnen der Gebäude Farbe und Transparenz der Solarzellen vor dem 3D-Druck auswählen. Die ausgedruckten Solarzellen lassen sich anschließend problemlos auf verschiedenen Materialien anbringen, etwa auf Kunststoff, Glas oder Metall.

„In Solar TAP fokussieren wir uns auf sogenannte „Emerging Photovoltaics“-Technologien“, sagt Christoph Brabec, Professor am Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK) am Forschungszentrum Jülich. „Dazu zählen Technologien, die sich von der klassischen Silizium- und Dünnschichtphotovoltaik abheben, indem sie auf synthetisierte Halbleiter setzen – dazu zählen die organischen und die Perowskit-Halbleiter.“

Schneller Wissen- und Technologietransfer für die Solartechnik

Das Potenzial der Solarenergie könnte dementsprechend unter anderem über die zur Verfügung stehenden Fassadenflächen gehoben werden. Aktuell werden nicht einmal 0,1% der Fassaden zur Energiegewinnung eingesetzt.

Diese Möglichkeiten bestehen bereits. Wo genau kommt also Solar TAP ins Spiel? Es handelt sich in erster Linie um ein offenes Angebot an die Industrie. Die Forschenden sehen den schnellen Technologietransfer als einen wesentlichen Faktor der Energiewende an. Sie wollen die Innovationen Materialzulieferern, Gerätebauern und Produzenten zugänglich machen, die sich im Bereich dieser neuartigen Photovoltaik-Anwendungen etablieren wollen. Eine gemeinsame Roadmap bildet den Rahmen des Austausches zwischen Wissenschaft und Industrie und soll den Realbezug der Entwicklungen sicherstellen.

Reallabore für die Solar-Innovationen

Dazu passt ein weiteres Beispiel der Innovationsplattform Solar TAP. Ein Spezialunternehmen, das Technologien für Luftschiffe entwickelt, ist beteiligt. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen wollen gemeinsam mit dem Industriepartner herausfinden, ob es möglich ist, mit leichten und flexiblen Solarmodulen die Reichweite der Luftschiffe zu vergrößern.

Begleitet wird diese Vernetzung also in Reallaboren, in denen diese neuen Technologien nicht nur entwickelt, sondern auch demonstriert werden.

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Von Nicole Lücke