Wirtschaftsverbände fordern entschlossenes Handeln für den Klimaschutz
Ein breites Bündnis von Wirtschaftsverbänden, die mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze repräsentieren, appelliert an die Politik, Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit als zentrale Ziele zu verfolgen. Die Verbände fordern verbindliche Klimaschutzziele, mehr Investitionen in zukunftsfähige Technologien und einen breiten gesellschaftlichen Konsens für den Weg zur Klimaneutralität bis 2045.

Schaden Maßnahmen für den Klimaschutz wirklich der Wirtschaft? Darüber wird diskutiert.
Foto: PantherMedia / marcosborne
Derzeit wird viel darüber diskutiert, ob Maßnahmen für den Klimaschutz der Wirtschaft schaden und einen Aufschwung verhindern. Einige Unternehmen haben sich diesbezüglich klar positioniert: Vor der anstehenden Bundestagswahl erheben Wirtschaftsverbände aus verschiedenen Branchen ihre Stimme, um die Bedeutung des Klimaschutzes für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu untermauern. Die Verbände, zu denen unter anderem Vertreter der Finanz-, Start-Up- und Kreislaufwirtschaft sowie der Energieerzeugung und -effizienz gehören, stehen zusammen für mehr als zwei Millionen Beschäftigte.
In einem gemeinsamen Appell betonen sie die Notwendigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und klimaneutrale Produktion in Einklang zu bringen. Als zentrales Ziel fordern die Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden muss. Um dies zu erreichen, seien umfangreiche Investitionen in zukunftsweisende Technologien und Infrastruktur, der zügige Ausbau erneuerbarer Energien sowie eine Stärkung der Kreislaufwirtschaft zwingend notwendig, so die einhellige Meinung der Verbände.
Die drohenden Konsequenzen des Klimawandels werden von Unternehmen zunehmend als ernstzunehmende Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung wahrgenommen. Der World Risk Report 2025 nennt klima- und umweltbezogene Risiken als größte Bedrohung für die mittelfristige Perspektive der Wirtschaft. Auch der Expertenrat für Klimafragen mahnt zu mehr Ehrgeiz, wenn Deutschland seine selbstgesteckten Klimaziele erreichen möchte.
Selbst Führungskräfte aus energieintensiven Branchen wie der Stahl- und Chemieindustrie bekennen sich öffentlich dazu, Klimaschutz und wirtschaftlichem Erfolg vereinbar zu machen. Dennoch spielt das Thema Klimaschutz im aktuellen Bundestagswahlkampf eine untergeordnete Rolle. Angesichts dieser Diskrepanz hat sich nun ein branchenübergreifendes Bündnis formiert, um die Bedeutung des Klimaschutzes für die Wirtschaft zu verdeutlichen.
Wirtschaftsverbände einig: Klimaschutz als verbindliches Ziel
Die Verbände verlangen von der künftigen Bundesregierung verbindliche Klimaschutzziele, in denen Klimaneutralität Deutschlands bis zum Jahr 2045 festgeschrieben ist. Darüber hinaus appellieren sie an alle politischen Akteurinnen und Akteure, konstruktiv den Weg zur Klimaneutralität mitzugestalten und einen breiten gesellschaftlichen Konsens für den Klimaschutz herzustellen.
Ein weiterer zentraler Punkt des Forderungskatalogs sind höhere Investitionen in Zukunftstechnologien. Auch die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland solle durch verschiedene Maßnahmen gestärkt werden. Zu den Unterzeichnern des Appells zählen unter anderem der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV), der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft (BNW).
Die Verbände betonen, dass Klimaschutz keineswegs als Wachstumsbremse zu verstehen sei, sondern vielmehr die Grundlage für den Erhalt von Lebens- und Arbeitsgrundlagen darstelle. „Mit dem BNW stehen wir für 200.000 Arbeitsplätze, die nur an einem Wirtschaftsstandort Bestand haben, der in Zukunftstechnologien, Kreislaufwirtschaft und moderne Infrastruktur investiert. Wir fordern daher von allen demokratischen Parteien, sich zu den Klimazielen und Investitionen in die Modernisierung der Wirtschaft zu bekennen“, sagt Katharina Reuter, Geschäftsführerin des BNW.
Wirtschaft sieht sich in der Verantwortung für den Klimaschutz
Die Wirtschaftsverbände signalisieren ihre Bereitschaft, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen, um die Klimaziele zu erreichen. Unter dem Motto „all hands on deck“ betonen sie, dass viele Unternehmen bereits in Zukunftstechnologien investieren und gewillt sind, ihre Anstrengungen in diesem Bereich noch zu intensivieren. Allerdings sei es Aufgabe der künftigen Bundesregierung, mit gezielten öffentlichen Investitionen und politischer Unterstützung die Voraussetzungen dafür zu schaffen, zusätzliches privates Kapital für den Klimaschutz zu mobilisieren.
Die Vertreter der unterzeichnenden Verbände bekräftigen in persönlichen Statements ihre Unterstützung für die Forderungen des gemeinsamen Appells. Karolin Schriever, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DSGV, betont, dass Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit keineswegs im Widerspruch zueinander stünden. Vielmehr sichere eine nachhaltige Ausrichtung des Geschäftsmodells die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen.
Simone Peter, Präsidentin des BEE, verweist auf die Bedeutung erneuerbarer Energien als Job- und Wertschöpfungsmotor. Um deren Potenzial voll auszuschöpfen, sei ein kontinuierlicher Ausbau ohne Fadenriss erforderlich. Zudem müssten Flexibilität im Strommarkt, Digitalisierung, Netzausbau und Sektorenkopplung vorangetrieben werden. Anja Siegesmund, Präsidentin des BDE, sieht in der Kreislaufwirtschaft einen entscheidenden Beitrag zur Klimaneutralität und fordert verlässliche politische Rahmenbedingungen sowie klare Anreize für Investitionen in diesem Bereich.
Klimaschutz als Chance für Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze
Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF, bezeichnet Energieeffizienz als „wirtschaftlichen Joker der Klimapolitik“. Investitionen in diesem Bereich würden sich für Unternehmen durch niedrigere Energiekosten, zukunftssichere Arbeitsplätze und eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit im globalen Markt auszahlen. Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer des bvse, kritisiert hingegen, dass gerade mittelständische Unternehmen der Recyclingbranche sich von der Politik oft im Stich gelassen fühlten. Es fehle an gezielten Fördermaßnahmen und einer Privilegierung von Recyclingprojekten.
Kilian Schwaiger, Geschäftsführer des VDM, betont die Bedeutung der Metallrecyclingbranche als verlässlicher Partner der Industrie. Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, benötige die Branche jedoch schlankere Bürokratie, gesicherte internationale Märkte und wettbewerbsfähige Energiepreise. Die Verbände sind sich einig: Klimaschutz bietet enorme Chancen für die Wirtschaft, erfordert aber auch entschlossenes politisches Handeln.