Forschende stellen erstmals Zusammenhang zwischen Unwetter und globaler Erwärmung her
Forschende der Universität Kopenhagen und des Dänischen Meteorologischen Instituts haben mit detaillierten Wettermodellen den historischen Wolkenbruch in Kopenhagen analysiert. Dank kontrafaktischer Wettervorhersagen konnten sie erstmals die Ursache herausfinden.
Im Jahr 2011 erlebte die Stadt Kopenhagen einen historischen Wolkenbruch. Regen und Hagel waren derart heftig, dass die Straßen regelrecht zu Flüssen wurden. An manchen Orten fiel in wenigen Stunden so viel Niederschlag wie sonst in zwei Monaten. Beispiel Botanischer Garten: Hier registrierte der Wetterdienst 135,4 Millimeter Regen pro Quadratmeter am 2. Juli 2011. Innerhalb von drei Stunden gab es mehr als 5.000 Blitzeinschläge. Dieser historische Wolkenbruch ließ den Verkehr stillstehen, mehrere Autobahnen waren sogar noch Tage danach gesperrt, der Zugverkehr stand eine Woche still und das Krankenhaus Rigshospitalet entging nur knapp einer Katastrophe. Denn das Hochwasser blieb wenige Zentimeter unterhalb der Grenze stehen, die die Generatoren des Krankenhauses zerstört und eine Evakuierung der 1.400 Patientinnen und Patienten ausgelöst hätte. Es entstand ein Schaden von rund 6,2 Milliarden dänischer Kronen.
Forschende des Niels-Bohr-Instituts an der Universität Kopenhagen und des Dänischen Meteorologischen Instituts (DMI) haben mithilfe eines Werkzeugs aus der Geschichtswissenschaft das Ereignis nun näher untersucht. Ihr Ziel war es, die Ursache dieses historischen Wolkenbruchs zu erforschen. Sie bedienten sich der sogenannten kontrafaktischen Geschichte. Dabei wird auf Grundlage einer durch Quellen abgesicherten Faktenlage mithilfe von kontrafaktischen Konditionalsätzen kontrolliert spekuliert, was passiert wäre, wenn bestimmte historische Ereignisse nicht oder in anderem Ausmaß stattgefunden hätten. Man nähert sich der Erkenntnis über Kontinuitäten und Brüche, Zwangslagen und Handlungsspielräumen. Die kontrafaktische Geschichte fragt immer: „Was wäre gewesen, wenn …?“
Globale Erwärmung: Studie belegt erstmals menschengemachte Ursache
Das Experiment der Forschenden hat einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Intensität des Wolkenbruchs zu dem Zeitpunkt und einer Hitze in der Atmosphäre gezeigt. „Vereinfacht gesagt: Bei einem um ein Grad wärmeren Planeten hätte eine ähnliche Wettersituation wahrscheinlich zur Evakuierung des Rigshospitalet geführt“, sagt Jens Hesselbjerg Christensen, Professor für Physik von Eis, Klima und Erde am Niels-Bohr-Institut. Zu dieser Erkenntnis gelangten die Forschenden, indem sie verschiedene Wettersimulationen für den Tag des Wolkenbruchs auf der Grundlage von Modellen des Dänischen Meteorologischen Instituts durchführten und darauf eine Reihe von kontrafaktischen Wettervorhersagen erstellten. Die Ergebnisse teilten sie anschließend in fünf verschiedene Hitzeszenarien: –1 Grad (vorindustrielles Alter), 0 (normal im Jahr 2011), +1, +2 und +3 Grad wärmere globale Temperatur. Im Rahmen einer Studie gelang es ihnen dann, die Folgen des Anstiegs der atmosphärischen Temperatur aufzuzeigen.
Erstmals ist es Forschenden damit gelungen, die menschengemachte Steigerung der Temperatur in Verbindung mit außergewöhnlichen Wetterereignissen zu bringen, diese als Ursache zu belegen und zu beweisen, dass sich auch die Intensität dadurch erhöht. Und die Studie belegt zudem, dass steigende Temperaturen die Gefahr ähnlicher oder noch stärkerer Wolkenbrüche bei vergleichbaren Wettersituationen künftig weiter erhöhen werden. Da die Modellrechnung auf historischen Wetterdaten basiert, ist sie empirisch gestützt.
Globale Erwärmung steht im direkten Zusammenhang mit extremen Wetterereignissen
„Das Einzigartige an dieser Studie ist, dass wir den Einfluss der zunehmenden globalen Erwärmung auf ein bestimmtes extremes Wetterereignis abschätzen können, anstatt einfach den Wolkenbruch mit allgemeinen Veränderungen in einem wärmeren Klima zu vergleichen“, sagt Rasmus Anker Pedersen, Sektionsleiter am Zentrum für Klimaforschung des DMI und Mitautor der Studie. Das ist deshalb möglich, weil die Wettermodelle des DMI mit ausreichend dichten und detaillierten Wetterdaten arbeiten. Die Skalierung in diesen Wettermodellen ist sehr genau: Der Abstand zwischen den Datenpunkten im Modell liegt bei etwa 2,5 Kilometern. Bei globalen Klimamodellen liegen sie nicht näher als etwa 50 Kilometer voneinander entfernt.
Insgesamt 13 Simulationen führten die Forschenden durch. Das war notwendig, weil vor allem Gewitter sehr chaotische Ereignisse mit Rauschen und hohen Unwägbarkeiten sind. Der Physiker Jens Hesselbjerg Christensen sieht darin auch die Chance, die Voraussagen solcher Ereignisse glaubwürdiger zu machen. Er ist auch davon überzeugt, dass diese Studie ein neues Maß an Präzision in den Klimaprognosen ermöglichen, die dabei helfen können, die Vorbereitungen für die Anpassung an den Klimawandel zu verbessern.
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