Gesundheitsrisiko durch Flächenbrände wächst weltweit
Durch den Klimawandel brennen Wälder und Buschland weit häufiger als vor 20 Jahren. Dadurch steigen schwere Gesundheitsrisiken für die Weltbevölkerung messbar an. Diese langfristigen Auswirkungen der Luftverschmutzung durch Feuer hat jetzt erstmals eine Studie bewertet.
Es war die schlimmste Waldbrandsaison in der Geschichte Kanadas, und sie ist noch nicht vorüber: Bis September 2023 sind in dem nordamerikanischen Staat über 160.000 Quadratkilometer Wald dem Feuer zum Opfer gefallen. Das entspricht einer Fläche so groß wie Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen zusammen. Die Rauchschwaden lösten zeitweise in Teilen Nordamerikas eine extrem gesundheitsgefährdende Luftverschmutzung aus.
Gesundheitsgefahr durch Waldbrände? Lungen-Experte schildert Risiken
Die monatelang anhaltenden Brände im Westen Kanadas führten besonders eindringlich vor Augen, dass die Schwere und Häufigkeit von Wald- und Flächenbränden aufgrund des Klimawandels zunimmt – und damit auch die Gesundheitsrisiken. Denn wo immer es brennt, verschlechtert sich die Qualität der Luft, die wir einatmen. Der Rauch enthält schädliche Gase und Feinstoffpartikel, die über die Atemwege aufgenommen werden. Mikroskopisch kleine Partikel können bis in die Lungenbläschen (Alveolen) eindringen.
Flächenbrände befördern schwere Erkrankungen
Wie stark die Gesundheitsbelastung durch Waldbrände auf der Erde während der letzten zwei Jahrzehnte zugenommen hat, geht jetzt aus einer neuen Studie hervor. Die Ergebnisse sind alarmierend: Mehr als zwei Milliarden Menschen sind jedes Jahr mindestens einen Tag lang einer potenziell gesundheitsschädlichen Luftverschmutzung ausgesetzt, die durch Flächenbrände verursacht wurde. Die Zahl der Betroffenen ist heute um 6,8 Prozent höher als noch vor zehn Jahren.
Die Studie, die Forschende der School of Population Health and Preventive Medicine der Monash University im australischen Melbourne erstellt haben, macht auch deutlich: Die rauchgeschwängerte Luft infolge von Flächenbränden lässt nicht nur die Augen tränen und verursacht Husten oder Hautbeschwerden. Die Folgen feuerbedingten Luftverschmutzung auf die Gesundheit sind gravierend und vielfältig: Sie befördert auch weltweit Herz-Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkte und Schlaganfälle, Atemwegserkrankungen und psychische Erkrankungen, und sie erhöht die Sterblichkeit.
Belastung durch Flächenbrände hat messbar zugenommen
Die Studie nimmt die weltweite tägliche Luftverschmutzung durch alle Brände von 2000 bis 2019 in den Blick. Das Ergebnis: Im Durchschnitt war jeder Mensch auf der Welt im Durchschnitt 9,9 Tage pro Jahr erheblicher Luftverschmutzung durch Brände ausgesetzt. Das bedeutet einen Anstieg von 2,1 Prozent im vergangenen Jahrzehnt. Die Belastung in Ländern mit niedrigem Einkommen war dabei etwa viermal so hoch ist wie in Ländern mit hohem Einkommen. Insgesamt waren 2,18 Milliarden Menschen in jedem Jahr mindestens einen Tag lang von Luftverschmutzung infolge von Bränden betroffen.
Besonders hoch war die Belastung mit winzigen Feinstaubpartikeln mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometer in Zentralafrika, Südostasien, Südamerika und Sibirien. Die Studie untersuchte auch das durch Landschaftsbrände verursachte Ozon, ebenfalls ein bedeutender brandbedingter Schadstoff, der bisher nur für die Vereinigten Staaten geschätzt wurde.
Analyse verschiedener Daten
Die Studie bezog alle Brände in Natur- und Kulturlandschaften ein. Dazu zählen natürliche und bepflanzte Wälder, Büsche, Gras, Weiden, landwirtschaftliche Flächen und stadtnahe Gebiete. Berücksichtigt wurden geplante und kontrollierte Brände, die etwa in der Landwirtschaft eingesetzt werden, ebenso wie unkontrollierte Brände in der natürlichen Vegetation.
Ermittelt wurde die Belastung der Weltbevölkerung mit Ozon und Feinstaub durch Brände für den Zeitraum von 2000 bis 2019. Die Forschenden griffen dazu auf verschiedene Daten zurück: gerasterte Wetterdaten, bodengestützte Überwachungsstationen und auch chemische Transportmodelle. Bei der Auswertung arbeitete das Team unter der Leitung der Professoren Yuming Guo und Shansan Li mit einem maschinellen Lernansatz.
Gefährliche Rauchschwaden nach Flächenbränden
Laut Yuming Guo hat sich bisher noch keine Studie mit den langfristigen Auswirkungen der Zunahme von Flächenbränden auf der ganzen Welt befasst. Häufig betreffen diese Brände abgelegene Gebiete, in denen es kaum Stationen für die Messung der Luftqualität gibt. In Ländern mit niedrigem Einkommen verfügen häufig nicht einmal urbane Regionen über solche Kontrollstationen. Guo weist darauf hin, dass die Luftverschmutzung durch Flächenbrände besonders große Bevölkerungsgruppen betrifft, weil die Rauchschwaden Hunderte oder sogar Tausende von Kilometern zurücklegen. Damit stelle sie ein viel größeres Risiko für die öffentliche Gesundheit dar, so der Wissenschaftler.
Sein Forschungs-Team plädiert daher für eine Kartierung und Verfolgung der Exposition der Bevölkerung gegenüber der Luftverschmutzung durch Flächenbrände. Diese sei entscheidend, wenn es darum gehe, die gesundheitlichen Folgen zu untersuchen, zu bewältigen und gezielt Präventions- und Interventionsmaßnahmen zu ergreifen. Schließlich stärke das Wissen um das Gesundheitsrisiko auch die Schlagkraft der Argumente im Kampf gegen den Klimawandel, so Forscher Yuming Guo.