Nachhaltiger Zement: Bauschutt als Schlüssel zur CO2-Reduktion
Die Herstellung von Beton ist energieintensiv und setzt erhebliche Mengen an Kohlendioxid frei. Um die Ökobilanz des Baustoffes zu verbessern, haben Forschende nachhaltige Zementersatzstoffe für die Betonherstellung entwickelt. Die neue Rezeptur könnte bald CO2-Emissionen in der Baubranche reduzieren und Deponien entlasten.
Laut Umweltbundesamt bestehen rund 60 Prozent der mineralischen Bauabfälle in Deutschland aus Böden und Steinen. Diese wertvollen Ressourcen landen häufig auf Deponien. Das Forschungsprojekt TOFFEE der Technischen Hochschule (TH) Köln hat untersucht, ob sich Aushubmaterialien aus Tunnelarbeiten als Betonzusatzstoff verwenden lassen. Ziel des Forschungsteams war es, Deponien zu entlasten und die Betonherstellung umweltfreundlicher zu gestalten. Der Fokus lag dabei auf der Entwicklung eines nachhaltigen Zements. Das Projekt wurde von den Professoren Christoph Budach und Björn Siebert geleitet.
Für die Entwicklung eines umweltfreundlichen Zements konzentrierten sich die Forschenden auf die Verwendung von calcinierten Tonen als Alternative zum herkömmlichen Portlandzementklinker. Siebert erklärt: „Herkömmlicher Beton enthält sogenannten Portlandzementklinker, der für die Aushärtung des Betons zuständig ist. Er wird aus gemahlenen ton- und kalkhaltigen Gesteinen hergestellt, was sehr energieintensiv und mit enormen CO2-Emissionen verbunden ist. Um diesen Rohstoff bei der Zementherstellung einzusparen und somit die Ökobilanz zu verbessern, setzen wir auf einen alternativen Rohstoff: Calcinierte, also temperaturbehandelte Tone. Diese sind in der Herstellung deutlich energieärmer und weniger CO2-intensiv.“ Dieser neue Ansatz könnte die Umweltbelastung durch die Zementproduktion erheblich reduzieren.
Nachhaltiger Zement aus Bauschutt
Die Forschenden des TOFFEE-Projekts untersuchten insgesamt drei verschiedene Tonarten: Pariser Mergel, Frankfurter Ton und London Clay. Diese Materialien stammten von Tunnelbauarbeiten in den jeweiligen Städten. Das besondere Augenmerk der Untersuchung galt dabei der geotechnischen Charakterisierung des Aushubmaterials. Darüber hinaus arbeiteten die Forschenden daran, den Prozess zur Herstellung von calcinerten Tönen zu optimieren.Dafür analysierten sie zunächst das Rohmaterial, um dessen Eignung für die Calcinierung zu bestimmen. Anschließend trockneten sie es bei 105 Grad Celsius, siebten und mahlten es. Der entscheidende Schritt erfolgte bei 800 Grad Celsius, wobei organische Bestandteile verbrannten und Wasser verdampfte. Dieser Prozess bewirkte strukturelle Veränderungen im Ton, wodurch er reaktiv und festigkeitsbildend wurde.
Umweltfreundlicher Zement erfüllt Anforderungen
Nachdem die Forschenden den Herstellungsprozess calcinierter Tone optimiert hatten, ging es darum, die Leistungsfähigkeit der Tone als Bindemittel in Beton zu ermitteln. „Um herauszufinden, wie leistungsfähig der von uns calcinierte Ton als Bindemittel im Beton ist, haben wir Probewürfel mit unterschiedlichem Zement-Ton-Verhältnis hergestellt. Die Spannweite reichte hier von 100 Prozent Zement und null Prozent Ton bis zu einem Anteil von 60 Prozent Zement und 40 Prozent Ton“, erklärt Budach. Anschließend prüfte Siebert die Proben mittels einer Hydraulikpresse auf ihre Festigkeitseigenschaften.
Die Untersuchungen haben ergeben, dass Mischungen mit 10-prozentigem Ersatz von Zement durch calcinierten Ton keinen bedeutenden Festigkeitsverlust aufweisen. Selbst bei höheren Anteilen bis zu 40 Prozent zeigten die calcinierten Tone eine festigkeitssteigernde Wirkung, bekannt als puzzolanische Eigenschaft. Interessanterweise verstärkte sich der Festigkeitsbeitrag der calcinierten Tone mit zunehmendem Alter des Betons. Zudem stellte sich heraus, dass die calcinierten Tone aus Tunnelaushubmaterial im Vergleich zu marktüblichen Produkten leichter zu verarbeiten sind.
Nachhaltiger Zement als Chance im Kampf gegen den Klimawandel
Die Betonproduktion ist eine bedeutende Quelle von CO2-Emissionen. Umweltfreundlicher Beton, der beispielsweise durch den Einsatz von recycelten Materialien oder alternativen Zementarten hergestellt wird, kann dazu beitragen, die Emissionen erheblich zu senken und die ökologischen Fußabdrücke der Bauindustrie zu verringern.
Die neuen Erkenntnisse des Forschungsteams unterstreichen ebenfalls das Potenzial von umweltfreundlichem Zement. „Unsere Analyse verdeutlicht, dass calcinierte Tone mit der richtigen Behandlung genug Festigkeit entwickeln, um als Zementersatzstoffe in der Betonherstellung für Baumaßnahmen eingesetzt zu werden und somit eine CO2-arme Alternative darstellen können“, sagt Siebert.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) förderte das Forschungsprojekt „TOFFEE – Aufbereitung und Aktivierung von Tonböden für ressourceneffiziente Geopolymer-Baustoffe“ von 2022 bis 2024 im Rahmen der Strategie „Forschung für Nachhaltigkeit – FONA“. An dem Projekt beteiligten sich verschiedene Partner, darunter die TH Köln, Ingenieurbüros und Unternehmen aus der Bauchemie. Zusätzlich unterstützten assoziierte Partner wie das Bundesministerium für Digitales und Verkehr und Verbände der Bau- und Ziegelindustrie das Vorhaben. Diese breite Zusammenarbeit unterstreicht die Bedeutung der Entwicklung von umweltfreundlichem Zement für eine nachhaltige Zukunft der Bauindustrie.