UV-Licht gegen flüchtige organische Substanzen (VOC)
Die regenerative Fotooxidation einer Berliner Firma bietet einen kostengünstigen Weg, um flüchtige organische Substanzen, „volatile organic compounds“ (VOC), aus Abluft zu entfernen.
VOC sind allgegenwärtig. Die flüchtigen organischen Verbindungen entstehen in der Landwirtschaft, im Straßenverkehr, in Gewerbe und Haushalt, in der Energiewirtschaft und vor allen Dingen – in Europa zu rund 50 % – in der Industrie. Die Zahl der chemischen Verbindungen, die unter dem Oberbegriff zusammengefasst werden, ist groß: Aldehyde, Ketone, Alkohole, Aromaten, Terpene und weitere sind in unterschiedlichen Konzentrationen für den Menschen und die Umwelt mehr oder weniger schädlich.
Von einfacher Geruchsbelästigung, durch Abluft der Lebensmittelindustrie oder der Abfall- und Abwasserwirtschaft bis hin zu klimaschädlichen und sogar akut gesundheitsgefährdenden Lösemittelemissionen aus Lack- und Beschichtungsindustrie, Textilindustrie und Pharma – VOC sind ein Problem, dem sich Regierungen der Industrienationen weltweit stellen müssen und dies durch strenge Gesetzgebung auch tun. Gleichzeitig arbeitet die Industrie unter Hochdruck an der Entwicklung innovativer Verfahren und alternativer Grundstoffe, um die Entstehung bedenklicher Abgase zu reduzieren.
Gesetzgeber begrenzt Emission flüchtiger organischer Verbindungen
Damit stellen sie sich ihrer Verantwortung und reagieren auf gesetzliche Regelungen wie die Bundesimmissionsschutzverordnung oder europäische Richtlinien über die Begrenzung der Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen.
Die Menge flüchtiger organischer Verbindungen ohne Methan ist in den letzten drei Jahrzehnten deutlich gesunken. 2018 lag sie insgesamt bei rund 1,14 Mio. t, wovon mit etwa 0,59 Mio. t mehr als die Hälfte auf industrielle Prozesse entfielen. Über die letzten Jahre ist eher eine Stagnation der Werte zu beobachten. Das heißt letztlich, Einsparungspotenziale mit vorhandenen Mitteln sind ausgeschöpft.
Entsprechend steigt die Bedeutung der Reduzierung der in Abluft enthaltenen Schadstoffe durch Reinigung. Dabei stehen für betroffene Industriezweige zwei Aspekte im Vordergrund: Die Effizienz des Reinigungsprozesses, um den Auflagen der Behörden gerecht zu werden, bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen. Beide Anforderungen stellen konventionelle Technologien der Abluftreinigung vor große Herausforderungen. Dies gilt vor allem dort, wo große Abluftströme mit nur geringer Schadstoffkonzentration belastet sind.
Regenerative Fotooxidation
Mit der regenerativen Fotooxidation bietet die Berliner Firma uviblox GmbH ein Verfahren an, dass gegenüber konventionellen Methoden wie der Aktivkohlefilterung oder der regenerativen thermische Oxidation (RTO) vor allen Dingen in Kostenfragen deutliche Vorteile bietet. Die Firma entwickelt und konstruiert Spezialanlagen zur Reinigung von Abluft und Gasströmen aus industriellen Prozessen als auch Abwasserbehandlungsanlagen.
Die Fotooxidation verbindet drei Verfahren miteinander: die Adsorption, die Fotooxidation, hervorgerufen durch den Einsatz hochenergetischer UV-Strahlung – der sogenannten UV-C-Strahlung im Wellenlängenbereich von 280 bis 100 nm – sowie die katalytische Oxidation.
Dazu gelangt der belastete Rohgasstrom zuerst über einen Partikelfilter und optional einen zusätzlichen Tropfenabscheider entweder auf einen Festbettreaktor oder ein Adsorptionsrad. Beide Adsorber-Typen nutzen Zeolith oder Spezialaktivkohle, um organische Schadstoffe aus dem Rohgas zu entfernen. Während der klassische Festbettreaktor diskontinuierlich arbeitet, erfolgt die Regeneration beim Adsorptionsrad kontinuierlich.
Abbau der Schadstoffe im UV-Reaktor
Der eigentliche Abbau der Schadstoffe erfolgt in einem nachgeschalteten sekundären Reinigungskreislauf mit sehr viel geringerem Volumenstrom. Hierbei werden die zuvor gebundenen Schadstoffe, durch Erhitzen des Adsorbermaterials desorbiert und in den UV-Reaktor geleitet. Dies geschieht, abhängig von der Bauart des Adsorbers, diskontinuierlich an den Festbettfiltern oder kontinuierlich beim Adsorptionsrad.
Die um bis das zehn- bis zwanzigfache aufkonzentrierten Schadstoffe gelangen in den UV-Reaktor und die katalytische Oxidation. Als Abbauprodukte verbleiben Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O).
Der oxidative Abbau der Schadstoffe durch UV-C-Strahlung erfolgt in drei Reaktionen: der Fotolyse, der Ozonolyse und der Hydrolyse. Anschließend gelangen die Bruchstücke der Schadstoffe in den Reaktor der katalytischen Oxidation, wo sie zu CO2 und H2O abgebaut werden. Dabei sind deutlich niedrigere Reaktionstemperaturen erforderlich als bei konventionellen Systemen und der autotherme Bereich wird bereits bei Kohlenstoffkonzentrationen von 2 bis 3 anstatt bei 4 bis 5 g Gesamtkohlenstoff (Cges.) pro m3 erreicht. Dies senkt zusätzlich auch die Betriebskosten.
Reaktionswärme wird zurückgewonnen
Durch den Einsatz von Wärmetauschern wird Reaktionsenergie zurückgewonnen, welche zur Erwärmung der Desorptionsluft genutzt wird und auch als Prozesswärme ausgekoppelt werden kann.
Der Sekundärkreislauf zeichnet sich durch einen signifikant geringeren Volumenstrom bei deutlich höherer Schadstoffkonzentration aus. Im Ergebnis ist eine kompaktere Bauform des UV-Reaktors möglich, was sich positiv auf die Investitionskosten beim Bau der Anlage als auch auf die langfristigen Betriebskosten auswirkt. Darüber hinaus ist die Anlage flexibel hinsichtlich wechselnder Auslastung durch veränderten Volumenstrom oder schwankende Schadstoffkonzentrationen. Bei dieser dynamischen Fahrweise werden bei niedrigeren Schadstoffkonzentrationen einzelne Lampen ausgeschaltet, was den Energiebedarf der Anlage minimiert. Bei steigenden Schadstofffrachten hingegen können weitere Lampen hinzugeschaltet werden, um Belastungsspitzen abzubauen. Zudem ist eine bedarfsgerechte Aufrüstung des Systems in modularer Bauweise möglich.
Beispiel: Lack-Herstellung
Lösemittel sind elementare Bestandteile von Farben und Lacken. Sie beeinflussen die Viskosität eines flüssigen Lackes und so den gleichmäßigen Auftrag dekorativer und schützender Oberflächenversiegelungen. Bei dem Prozess der Trocknung verdampfen die Lösemittel und mit ihnen enthaltene VOC. Auch wenn der Lösemittelgehalt in modernen Lacken zunehmend reduziert und durch Alternativen, wie Wasser ersetzt wird, bleiben VOC ein grundlegendes Problem.
Für lackproduzierende und verarbeitende Betriebe gelten strenge Auflagen hinsichtlich der VOC-Emission, speziell aus sogenannten diffusen Quellen. Die Grenzwerte sind in der EU-Industrieemissionsrichtlinie aus dem Jahr 2010 für die verschiedenen Anwendungen und Industriezweige definiert.
Ein Farbenhersteller im Schweizer Kanton Solothurn produziert seit mehr als 100 Jahren Farben und Lacke sowie Produkte aus den Bereichen Korrosions-, Verschleiß- und Brandschutz. Als ISO-zertifiziertes Unternehmen muss das Unternehmen sich den Auflagen des Umweltschutzes widmen und engagiert sich zudem aktiv mit individuellen Maßnahmen, wie der Produktion auf Basis erneuerbarer Energie aus Wasserkraft.
Die Produktion der Farben und Lacke erstreckt sich über mehrere Hallen. Damit keine Lösemitteldämpfe in die Umwelt gelangen, sind an jeweils drei Stellen der Produktionshallen Absauganlagen installiert, welche die belastete Hallenluft einer zentralen UV-Abluftreinigungsanlage der Berliner Firma uviblox zuführen.
Der behandelte Volumenstrom umfasst bis zu 61 500 m3 stündlich. Die Schadstoffgehalt liegt mit etwa 200 mg/m3 VOC vergleichsweise niedrig, weshalb konventionelle Verfahren der Abluftreinigung wie eine RTO ineffizient und kostenintensiv im Betrieb wären. Die regenerative Fotooxidation kombiniert mit nachgeschalteter katalytischer Oxidation erweist sich hier als sinnvolle Alternative.
Die Anlage von uviblox entzieht der vorgereinigten Luft in kontinuierlicher Regeneration über ein Adsorptionsrad enthaltene Schadstoffe wie Toluol, Ethylbenzol, Xylol und Acetate. Die so auf Reingaswerte von kleiner als 20 bis 50 mg/m3 Cges. gereinigte Luft kann entsprechend gesetzlichen Vorgaben an die Umgebungsluft abgegeben werden.
Reinigungsprozess verläuft nahezu autotherm
Der sekundäre Luftstrom, nach Desorption der Schadstoffe, umfasst nur noch 3 150 m3 stündlich, wenn er in den UV-Reaktor gelangt und enthält mit etwa 4 000 mg/m3 die annähernd im Faktor 20 konzentrierten Schadstoffe. Der Abbau der Schadstoffe erfolgt im Anschluss durch Fotooxidation im UV-Reaktor und nachgeschaltete katalytische Oxidation. Der Prozesse verläuft nahezu autotherm, also ohne die Zufuhr von zusätzlicher Heizenergie oder Brenngas.
Die UV-Abluftreinigungsanlage ist seit 2016 in Betrieb und wird einmal jährlich durch das Servicepersonal von uviblox gewartet, um den störungsfreien Betrieb zu gewährleisten.
Die patentierte Kombination aus Aufkonzentration der Schadstoffe, Fotooxidation und nachgeschalteter katalytischer Oxidation zur Behandlung der Abluft ermöglicht den Kunden, die gesetzlichen Vorgaben bei geringem Wartungsaufwand der Anlage einzuhalten. Die nach diesem Patent errichteten Anlagen erfüllen die Anforderungen der VDI-Richtlinie 2441. Sie beschreibt den Stand der Technik für Prozessgas- und Abgasreinigung durch Kaltplasmaverfahren. Besonders beim Behandeln großer Abluftströme mit geringen VOC-Konzentrationen bietet der Einsatz dieser Fotooxidation gegenüber konventionellen Verfahren wie Aktivkohle oder RTO-Anlagen deutliche Vorteile hinsichtlich der Betriebskosten.
Johannes Münz, Vertriebsingenieur uviblox GmbH, j.muenz@uviblox.com
Lothar Kratt, Geschäftsführer uviblox GmbH, l.kratt@uviblox.com