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Klimawandel 23.12.2024, 07:00 Uhr

Wenn tropische Wirbelstürme kollidieren: Auswirkungen auf das Meer

Wissenschaftler der Universität Oldenburg untersuchten die Folgen einer seltenen Begegnung zweier tropischer Wirbelstürme im Indischen Ozean. Die Studie offenbarte ungewöhnlich starke Auswirkungen auf das Meerwasser und wirft die Frage auf, ob solche Ereignisse durch den Klimawandel häufiger werden könnten.

Satellitenbild zweier Wirbelstürme.

Künftig könnten Wirbelstürme häufiger aufeinandertreffen.

Foto: PantherMedia / limbitech

Das Zusammentreffen der beiden tropischen Wirbelstürme Seroja und Odette im April 2021 bot Forschenden der Universität Oldenburg eine seltene Gelegenheit, die Auswirkungen eines solchen Phänomens auf das Meer zu untersuchen. Die beiden Stürme näherten sich am 6. April bis auf etwa 1.600 Kilometer an. Seroja brachte den kleineren Wirbelsturm Odette zunächst zum Stillstand und vereinigte sich nach drei Tagen mit ihm. Die gesamte Begegnung dauerte etwa eine Woche. Oliver Wurl und Jens Meyerjürgens verglichen Satellitendaten, Messungen von Bojen und Modellrechnungen, um Erkenntnisse über Veränderungen von Temperatur, Salzgehalt und Strömungen im Ozean zu gewinnen. Ihre Fallstudie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Tellus A: Dynamic Meteorology and Oceanography“, zeigte ungewöhnlich große Effekte, die normalerweise nur bei bedeutend stärkeren Stürmen beobachtet werden.

Die beiden Forscher stellten fest, dass sich das Meerwasser durch die Kollision der beiden im Vergleich mit ähnlichen Luftbewegungen eher schwachen Wirbelstürme ungewöhnlich stark abkühlte und bis in eine Tiefe von 200 Metern durchmischt wurde. Diese Abkühlung war im Verhältnis zur Intensität der Stürme, die lediglich Stufe 1 der Hurrikan-Skala erreichten, überraschend hoch. Zudem änderte der vereinigte Sturm Seroja seine Richtung abrupt um 90 Grad. Die Studie zeigt auf, dass das Zusammentreffen tropischer Wirbelstürme nicht nur die Atmosphäre, sondern auch den darunterliegenden Ozean erheblich beeinflusst.

Tropische Wirbelstürme bringen Tiefenwasser an die Oberfläche

Beeindruckend war vor allem die Geschwindigkeit, mit der das Tiefenwasser durch die Rotation der Wirbelstürme an die Oberfläche gelangte. Während die vertikale Strömungsgeschwindigkeit des Meerwassers normalerweise bei ein bis fünf Metern pro Tag liegt, stieg sie während des Zusammentreffens von Seroja und Odette auf bis zu 30 Meter pro Tag an. „Dank Satellitentechnologie und autonomer Tiefseebojen konnten wir nachweisen, wie durch die Rotation der Wirbelstürme kaltes Wasser aus den Tiefen des Ozeans an die Oberfläche befördert wird“, erklärte Meereswissenschaftler Meyerjürgens.

Die Studie wirft darüber hinaus die Frage auf, ob solche Ereignisse in Zukunft häufiger auftreten könnten. Obwohl tropische Wirbelstürme während ihrer ein- bis zweiwöchigen Lebensdauer bislang relativ selten aufeinandertreffen, deuten Klimamodelle darauf hin, dass ihre Zahl und Stärke durch die globale Erwärmung zunehmen könnte. Dies würde auch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ausgewachsene Wirbelstürme von Hurrikan-Stärke kollidieren und extreme Wechselwirkungen zwischen Ozean und Atmosphäre auslösen.

Tropische Wirbelstürme beeinflussen das globale Klima

Die Forschenden erläutern, dass die Wechselwirkungen zwischen tropischen Wirbelstürmen und dem Ozean weitreichende Auswirkungen auf das globale Klima haben. Durch das Hochströmen von kaltem Tiefenwasser nimmt der Ozean zusätzliche Wärme aus der Luft auf und transportiert sie in höhere Breitengrade. Zudem verwandeln Wirbelstürme thermische Energie in mechanische Energie, die ebenfalls in höhere Breitengrade transportiert wird. Diese Prozesse spielen eine entscheidende Rolle für das weltweite Klima.

Um diese Wechselwirkungen und den Zusammenhang mit Extremwetterereignissen näher zu untersuchen, werden Wurl und Meyerjürgens im kommenden Jahr an einer Expedition mit dem Forschungsschiff METEOR im Mittelmeer und subtropischen Atlantik teilnehmen. Die Erkenntnisse aus ihrer aktuellen Studie verdeutlichen die Notwendigkeit, die Auswirkungen tropischer Wirbelstürme auf den Ozean und das Klima weiter zu erforschen, insbesondere vor dem Hintergrund des Klimawandels und der möglichen Zunahme solcher Ereignisse.

Herausforderungen für die Vorhersage von Sturmverläufen

Ein weiterer wichtiger Aspekt, den die Studie hervorhebt, ist die Herausforderung für die Vorhersage von Sturmverläufen. Wenn sich tropische Wirbelstürme vereinigen, kann sich ihre Zugbahn abrupt ändern, wie im Fall von Seroja beobachtet wurde. Dies erschwert die präzise Vorhersage der Sturmverläufe und erfordert möglicherweise eine Anpassung der Modelle, um solche Szenarien besser zu berücksichtigen.

Die Fallstudie von Wurl und Meyerjürgens liefert wichtige neue Erkenntnisse über die komplexen Wechselwirkungen zwischen tropischen Wirbelstürmen und dem Ozean. Sie betont die Bedeutung einer kontinuierlichen Überwachung und Erforschung dieser Phänomene, um das Verständnis von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für die Auswirkungen auf das Meer und das Klima zu verbessern und potenzielle Folgen des Klimawandels besser abschätzen zu können.

Von Julia Klinkusch