Globale Klimadaten für die Tropen zeigen große Unstimmigkeiten
Die Genauigkeit von Klimadaten ist eine entscheidende Voraussetzung für Vorhersagen des Klimawandels und seine Auswirkungen auf das Ökosystem. Forschende haben nun festgestellt, dass die Klimadaten für tropische Gebirgsregionen äußerst ungenau sind und entsprechend vorsichtig zu bewerten seien.
Tropischen Regionen sind besonders anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels. Veränderungen von Niederschlagsmustern, Temperaturen und anderen klimatischen Variablen können erhebliche Auswirkungen auf die Ökosysteme, die Landwirtschaft, die Wasserressourcen und die menschliche Gesundheit haben. Daher sind zuverlässige Klimadaten über die Tropen für die Forschung rund um den Klimawandel von großer Bedeutung. Allerdings gibt es in tropischen Regionen meist nur wenige Messstationen, weshalb viele Klimadaten auf Schätzungen beruhen und entsprechend ungenau sind.
Um die Auswirkungen des Klimawandels und die Verbreitung von Arten in den Tropen besser zu verstehen, haben Forschende der Universität Bayreuth ein einzigartiges Netzwerk von 170 Klimamessstellen in entlegenen tropischen Gebirgsregionen in Tansania eingerichtet. Diese ermöglichen genauere Abschätzungen zu klimatischen Veränderungen und zeigen darüber hinaus, wie ungenau die ursprünglichen globalen Klimadaten für die Tropen sind.
Viele Klimadaten basieren auf Schätzungen
Datenbanken wie WorldClim bieten oder CHELSA (Climatologies at High Resolution for the Earth’s Land Surface Area) bieten freien Zugang zu globalen Klimadaten, die jedoch auf Interpolation, also auf mathematischen Schätzungen beruhen. Das bedeutet, dass fehlende oder unvollständige Klimadaten an bestimmten Orten – wie beispielsweise in abgelegenen tropischen Gebieten – auf der Grundlage von nur wenigen Daten oder Messungen an benachbarten Standorten geschätzt werden. Daraus resultieren ungenaue Klimadaten, die dann wiederum für weitere Berechnungen herangezogen werden und auf diese Weise wichtige Schlussfolgerungen verfälschen können.
Das umfangreiche Klimanetzwerk der Forschenden am Kilimanjaro in Tansania umfasst dagegen 75 Stationen, an denen die Forschenden hauptsächlich die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit, teilweise auch Windgeschwindigkeit und Nebel gemessen haben sowie 33 Stationen, an denen sie nur Temperatur und Luftfeuchtigkeit erfasst haben. Zusätzlich haben sie verfügbare Daten privater Unternehmen und der Tansania Meteorological Agency aus Höhenlagen unterhalb von 1.700 Metern einbezogen. Am Ende entstand so ein neuer Klimadatensatz für die Tropen, der insgesamt auf 170 Messstationen basiert.
Ungenaue Klimadaten zum Kilimanjaro
Die Ergebnisse des Bayreuther Forschungsteams zeigen, wie signifikant die Abweichungen zwischen den globalen, modellierten Klimadaten und den tatsächlichen Klimaten am Kilimanjaro sind: Es wurde nicht nur die maximale Menge des mittleren Jahresniederschlags in den Tropen wesentlich unterschätzt, sondern weicht auch die Höhenlage des Niederschlagsmaximums stark von den gemessenen Werten ab. So liegt das tatsächliche Niederschlagsmaximum mit 3.300 Millimetern in 1920 Metern. Die modellierten Niederschlagsmengen liegen dagegen bei 1.900 Millimetern und 1.500 Millimetern in Meereshöhen von 1.400 Metern und 2.770 Metern. Damit unterscheiden sich beide Datensätze erheblich voneinander. Ähnlich große Abweichungen stellten die Forschenden auf den 15 anderen untersuchten Bergen Tansanias fest.
„Auch Berechnungen der gesamten Niederschlagsmenge, die zum Beispiel der Waldgürtel erhält und als Grundwasser und Oberflächenabfluss der tiefer liegenden Kulturlandzone mit ihren 1,4 Millionen Menschen zur Verfügung stellt, kommen mit den WorldClim oder CHELSA-Daten zu völlig falschen Ergebnissen: Das ist fatal, angesichts der Wichtigkeit solcher Daten“, sagt Andreas Hemp, Forscher am Lehrstuhl für Pflanzensystematik der Universität Bayreuth.
Klimadaten der Tropen von ökologischem Interesse
Die neu erhobenen Klimadaten der Forschenden zeigen ganz deutlich, dass bestimmte modellierte Klimadaten mit Bedacht verwendet werden sollten. In Weltregionen mit einem dichten Netz an Wetterstationen, wie zum Beispiel in Nordamerika oder in Westeuropa, ist die Genauigkeit der interpolierten Klimadatenbanken entsprechend hoch. Die Forschenden gehen jedoch davon aus, dass auch schlecht modellierte Klimadaten, trotz ihrer Nachteile, weiterhin im großen Umfang genutzt werden. Daher raten sie der Forschung, das Risko von Fehlern bei Klimadaten künftig zu berücksichtigen. Gleichzeitig sei die Erhebung von zuverlässigen Klimadaten in bestimmten Regionen unerlässlich, wenn es darum ginge, ökologischen Zusammenhänge in den Tropen genauer zu erforschen.
„Die Tropen sind Hotspots der biologischen Vielfalt und sind daher von hohem ökologischen Interesse. In der PLOS ONE-Veröffentlichung zeigen wir, dass insbesondere in Gebirgen mit starken Höhengradienten – also mit steilen Hängen und tiefen Tälern sowie großen Höhenunterschieden – entlang derer sich das Klima sehr schnell und kleinräumig ändert, die Erhebung eigener Daten sehr wichtig ist, da modellierte Daten hier offensichtlich versagen“, sagt Hemp.