Neues Messsystem zeigt: So effektiv ist Stadtbegrünung
Bäume und Grünflächen in Städten spenden Schatten, tragen zur Temperaturregulierung bei und filtern Schadstoffe aus der Luft. Doch wie effektiv ist die Stadtbegrünung beim Klimaschutz? Eine neue Sensortechnik soll Antworten darauf liefern und in Zukunft eine klimafreundliche Stadtplanung unterstützen.
Immer mehr Menschen leben in Städten, die in vielerlei Hinsicht stärker vom Klimawandel betroffen sind als das Umland. Gebäude und asphaltierte Straßen speichern und reflektieren besonders viel Wärme, was im Sommer zu einem raschen Temperaturanstieg führen kann. Bei geringem Luftaustausch und wenig Wind entstehen zudem Wärmeinseln, in denen sich Schadstoffe ansammeln und die Luftqualität verschlechtern. Dies stellt eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit dar. Hinzu kommt, dass städtische Flächen den Boden versiegeln und das Regenwasser weniger gut versickern kann. Das Risiko für Hochwasser ist daher in Städten nochmal größer als in ländlichen Regionen.
Deshalb ist es wichtig, die Auswirkungen des Klimawandels schon heute zu berücksichtigen und entsprechende Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen. Eine wichtige Rolle bei der Gestaltung von Wohn- und Lebensräumen spielt die gezielte Begrünung von Stadtteilen. Richtig platzierte Grünflächen können dabei helfen, den Wärmeinsel-Effekt zu reduzieren, die Luftqualität zu verbessern und Regenwasser besser aufzunehmen. Doch um entsprechende Restrukturierungsmaßnahmen voranzureiben, braucht es mehr belastbare Informationen: Wie effektiv ist die Stadtbegrünung für das Klima? Welche Parameter kann sie beeinflussen? Und welche Pflanzen haben welchen Nutzen? Um verlässliche Antworten auf diese Fragen zu erhalten, haben Forschende des Instituts für Partikeltechnologie an der Bergischen Universität Wuppertal gemeinsam mit ihren Partnern von der HANZA Tech Solutions GmbH und der HELIX Pflanzensysteme GmbH ein neues Messsystem entwickelt, das Kennzahlen zur Luftqualität begrünter Stadtgebiete liefert.
Neus Messystem löst viele Probleme
Das neue Messsystem besteht aus kostengünstigen frei programmierbaren, untereinander vernetzten und frei erweiterbaren Multisensoren, die gleich verschiedene Parameter wie Temperatur, Feinstaubbelastung, Luftfeuchtigkeit, Sauerstoff, sowie CO2, Stickoxide und Sauerstoff erfasst. Damit birgt das neue System großes Potenzial. Denn laut den Forschenden erfassen klassische Messsysteme meist nur einen Parameter und kosten etwa 20.000 Euro. Die für das Forschungsprojekt von der HANZA Tech Solutions GmbH entwickelten Multisensoren kosten hingegen nur 200 Euro.
Dazu löst das Messsystem ein weiteres Problem. So verfälschen ständig wechselnde Windverhältnisse oft die Messergebnisse vieler Geräte. „Wenn wir ein begrüntes Gebiet an zwei Punkten mit Messgeräten ausstatten, die zum Zeitpunkt X der Windrichtung entsprechend aufgestellt sind, dann haben wir ein Problem, sobald der Wind dreht. Ab dann können wir keine Aussagen mehr über die Luftqualität an Messstation A im Vergleich zur Messstation B treffen“, erklärt Matthias Kaul von der Bergischen Universität Wuppertal. Durch eine Vielzahl an Sensoren und ihre Vernetzung untereinander konnten die Expertinnen und Experten jedoch dieses Problem erfolgreich lösen.
Efeubepflanzung reduziert Feinstaubbelastung in Städten
Wie gut das neue Messgerät in der Praxis funktioniert, zeigen verschiedene Tests. Zuerst haben die Forschenden einige Probedurchgänge in einem selbst gebauten Windkanal mit unterschiedlichen Pflanzen durchgeführt. Um zu sehen, ob die Ergebnisse von den neuen Multisensoren korrekt sind, haben sie parallel mit sogenannten Referenzgeräten gemessen. Also Geräten, die sich bereits bewährt haben. Das Ergebnis fiel überaus positiv aus:
„Wir haben nicht nur die Bestätigung erhalten, dass die Sensoren einwandfrei messen, sondern im Messergebnis die doch überraschend hohe Leistung einer Efeubepflanzung in puncto Feinstaubreduzierung festgestellt. Im Windkanal reduzierte der Efeu eine bestimmte Feinstaubart in der Umgebungsluft bis um die Hälfte.“
Nach den Tests im selbst gebauten Windkanal folgen nun weitere Messungen in einem Außenlabor in Münster. Diese zeigen, dass das begrünte Testareal positive Auswirkungen auf die Staubpartikelreduzierung hat. Schwieriger sei es, zum derzeitigen Zeitpunkt, konkrete Aussagen über den CO2-Gehalt in der Luft zu treffen.
Messsystem ermöglicht eine klimafreundliche Stadtplanung
Um weitere Daten für ihr Projekt „SmartGreen“ zu erhalten, haben sich die Forschenden aus Wuppertal mit einem anderen Projektteam vernetzt: Im Stuttgarter Projekt „BioDivFassade“ geht es um die Entwicklung der Biodiversität innerhalb begrünter Fassadenflächen. Um herauszufinden, welche Pflanzen eine ökologische Vielfalt fördern, haben die Stuttgarter-Forschenden eine Hausfassade mit vielen unterschiedlichen Pflanzen begrünt. Diese Fläche steht nun auch dem Wuppertaler-Projektteam zur Verfügung.
„Wir erhalten die Möglichkeit, unser Messsystem an dieser Fassade weiter zu testen. Das ist großartig, denn gerade die vertikale Bepflanzung an Gebäuden wird in unseren Städten zukünftig eine immer größere Rolle spielen“, sagt Kaul.
Die ersten Testergebnisse des mobilen Messsystems zeigen, dass die Stadtbegrünung durchaus einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Sollte sich das neue, kostengünstige Messsystem auch in den folgenden Test bewähren, könnte es schon bald zu einem wichtigen Instrument für eine klimafreundliche Stadtplanung werden.