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Polycarbonate und -urethane haben eine kunft 27.09.2022, 08:00 Uhr

Die Kreislaufwirtschaft zum globalen Leitprinzip machen

Das Leverkusener Unternehmen Covestro setzt auf Polycarbonat- und Polyurethanrezyklate. Polyurethan-Weichschäume werden in einer Pilotanlage schon zerlegt.

Mit teilweise recycelten Polycarbonaten und thermoplastischen Polyurethanen unterstützt Covestro  den Smartphone-Hersteller Fairphone aus Amsterdam dabei, seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Foto: Fairphone

Mit teilweise recycelten Polycarbonaten und thermoplastischen Polyurethanen unterstützt Covestro den Smartphone-Hersteller Fairphone aus Amsterdam dabei, seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Foto: Fairphone

Globale Herausforderungen wie Klimawandel, Bevölkerungswachstum, Ressourcenausbeutung und nicht nachhaltige Lebensweisen erfordern ein grundsätzliches Umdenken. Produktion und Konsum müssen weg vom Gedanken der Einmalnutzung; die Kreislaufwirtschaft wird zum neuen globalen Leitprinzip. Kunststoffe werden weiterhin eine wichtige Rolle spielen, denn sie sind aus dem täglichen Leben nicht wegzudenken und werden in vielen Schlüsselbranchen eingesetzt.

Vor allem aber haben Kunststoffe ein großes Nachhaltigkeitspotenzial. Das Kunststoffunternehmen Covestro mit Hauptsitz in Leverkusen richtet sich voll und ganz auf die Kreislaufwirtschaft aus und will eine gestaltende Kraft für die gesamte Kunststoffindustrie werden – auch und gerade im Angesicht der momentanen Krisen in der Welt.

Um eine vollständige Zirkularität mit Kunststoffen zu erreichen, sind auch alternative Rohstoffe erforderlich. Covestro setzt hier auf die Verwendung von Biomasse, recycelten Altmaterialien und grünem Wasserstoff. Unverzichtbar ist auch die Umstellung auf grünen Strom, also die Energiewende. Das Unternehmen entwickelt darüber hinaus innovative Recyclingtechnologien und kooperiert mit Partnern entlang der gesamten Wertschöpfungsketten.

Rohstoffalternative: recycelte Kunststoffe

Recycelte Kunststoffe sind eine wertvolle Ressource. Zwei Beispiele: Die gesamte Schutzhülle des Fairphone 3 des gleichnamigen niederländischen Sozialunternehmens und Herstellers ethischer Smartphones mit Sitz in Amsterdam bestand erstmals aus vollständig recycelte thermoplastische Polyurethan. Im neuen Fairphone 4 werden diese Polyurethane auch für weitere Bauteile des Smartphones eingesetzt.

Das neuere Gerät enthält zusätzlich mechanisch recycelte Polycarbonate – und zwar in der hinteren Geräteabdeckung, dem mittleren Rahmen und dem drahtlosen Ladegerät des Fairphone 4. Diese recycelten Polycarbonate stammen aus Verbraucherprodukten. Sie weisen vergleichbare physikalischen Eigenschaften wie Neuware auf, während die CO2-Emissionen im Vergleich zu konventionellem Material um 30 % gesenkt werden. Die Polycarbonate im Fairphone 4 und enthalten einen Rezyklatanteil von 30 bis 50 %.

Der Schweizer Taschenhersteller Freitag entwickelt gemeinsam mit verschiedenen Industriepartnern, unter ihnen Covestro, eine Lkw-Plane, die auch nach einem langen Leben als Tasche beliebig oft wieder zu neuen Produkten verarbeitet werden kann. Eines der Konzepte basiert auf thermoplastischem Polyurethan von Covestro.

Foto: Elias Bötticher

Stark auf Zirkularität ist auch ein Projekt des Schweizer Taschenherstellers Freitag aus Zürich ausgerichtet. Gemeinsam mit Industriepartnern wie Covestro entwickelt das Unternehmen eine Lkw-Plane, die nach einem langen Leben als Freitag-Umhängetasche beliebig oft wieder zu neuen Produkten verarbeitet werden kann. In dem Projekt arbeitet als weiterer Partner auch der Planenhersteller Heytex mit Hauptsitz in Bramsche, Niedersachsen, mit.

Gemeinsam mit Heytex entwickelte Covestro eine Plane, deren Beschichtung auf Basis von thermoplastischem Polyurethan das Polyestergewebe für die Nutzung im Kraftverkehr einsetzbar macht. Mit neuen chemischen Recyclingverfahren in der Erprobung soll zukünftig auch ein neuer Kreislaufs für Planen entstehen, der einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck verursacht als die bisherige Entsorgung der Taschen am Ende ihrer Nutzungsdauer. Diese Projekte stehen stellvertretend für viele weitere, bei denen zuerst Partnerschaften entlang ganzer Wertschöpfungsketten aufgebaut werden müssen, um Kreisläufe vollständig schließen zu können.

Innovative Recycling-Technologien

Als ein Vorreiter der Kreislaufwirtschaft will Covestro das Recycling gebrauchter Kunststoffe vorantreiben. Insbesondere sollen innovative Technologien so schnell wie möglich marktfähig werden. Dazu gibt es im Unternehmen hierzu mehr als 20 Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Bei der Entwicklung neuer Technologien stehen die Energieeffizienz und die Senkung von CO2-Emissionen im Mittelpunkt. Darüber hinaus sollen neue und zirkuläre Geschäftsmodelle mit Kunden und Partnern entwickelt werden. Herausforderungen liegen noch in der Verfügbarkeit von Kunststoffen und deren Sortierung.

Covestro sieht vor allem beim chemischen Recycling Potenzial. Es ist vor allem für Kunststoffe wie Polyurethan-Schäume relevant, die nicht mithilfe „klassischer“ mechanischer Verfahren recycelt werden können. Dabei ist zwischen Chemolyse, der Rückgewinnung von Rohstoffen durch chemische Aufspaltung der Produkte, und Pyrolyse, der chemischen Aufspaltung bei hohen Temperaturen, und enzymatischem Recycling zu unterscheiden. Bei Letzterem erfolgt die Aufspaltung durch Mikroorganismen.

Für Covestro liegt der Schwerpunkt auf einer smarten Variante der Pyrolyse unter Einsatz von Katalysatoren und bei niedrigeren Temperaturen. Die bisherigen Ergebnisse bei verschiedenen Projekten mit diesen Technologien sind vielversprechend, auch was die Ausbeute der wiedergewonnenen Rohstoffe betrifft. So hat das Unternehmen eine neue Technologie für die Chemolyse gebrauchter Weichschäumen aus Polyurethan-Matratzen entwickelt, bei dem beide wichtigen Rohstoffe wiedergewonnen werden können, aus denen die Schäume ursprünglich hergestellt wurden: das Polyol sowie die Vorstufe zum Isocyanat Toluol-2,4-diisocyanat (TDI).

Um die Laborergebnisse zu überprüfen, hat Covestro vergangenes Jahr am Standort Leverkusen eine Pilotanlage für Polyurethan-Weichschaum-Recycling in Betrieb genommen. Bevor das Verfahren effektiv im Industriemaßstab eingesetzt werden kann, muss auch die übrige Prozesskette dafür vorbereitet werden. Voraussetzung ist nicht nur das Sammeln alter PU-Matratzen, sondern auch deren Befreiung von Bezügen sowie eine saubere Sortierung der Schäume. Dazu arbeitet Covestro mit Partnern wie dem Umweltdienstleister Interzero aus Köln und der französischen Umweltschutzorganisation Eco-mobilier mit Sitz in Paris zusammen.

Auch gebrauchte Polyurethanhartschäume, die für eine effiziente Wärmedämmung von Gebäuden und Kühlgeräten sorgten, sollten sich mittels Chemolyse oder auch Pyrolyse wieder in ihre Bestandteile zerlegen lassen. Diesem Ziel widmet sich das Forschungsprojekt Circular Foam mit 22 Industriepartnern aus neun Ländern, das von Covestro koordiniert wird. Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft wollen seit Oktober 2021 im Laufe von vier Jahren ein umfassendes Lösungsmodell für das Abfallmanagement und Recycling solcher Schäume entwickeln.

Auch hier geht es um die Rückgewinnung der beiden ursprünglich eingesetzten Rohstoffe, sowohl des Polyols als auch von Mehylendiphenyldiamin, das als Vorprodukt eines anderen Isocyanats eingesetzt wird, für Methylendiphenyldiisocyanat (MDI). Bei erfolgreicher Schließung dieses Stoffkreislaufs könnten in Europa von 2040 an jedes Jahr bis zu eine Million Mio. t, 2,9 Mio. t CO2-Emissionen und 150 Mio. Euro an Verbrennungskosten eingespart werden.

Ein Blick in Covestro’s Pilotanlage für die Gewinnung von Chemikalien aus Biomasse für das Circular Foam Projekt.

Foto: Covestro

Kreislauf für Polycarbonate

Für das Recycling von Polycarbonat und Polycarbonat-Blends evaluiert Covestro ebenfalls Chemolyse- und Pyrolyse-Technologien. Ziel ist es auch hier, die Bausteine zurück zu gewinnen, um sie wieder für die Herstellung von Polycarbonaten nutzen zu können. Bisher gewonnenen Ergebnisse sind vielversprechend, aber noch im Forschungsmaßstab. Sie bahnen den Weg zu hochwertigen, neuen Produkten auf Basis recycelter Rohstoffe und verbessern so den CO2-Fußabdruck.

Bei Polycarbonaten bietet sich darüber hinaus auch mechanisches Recycling an, um Kreisläufe zu schließen. Für Covestro hat dieses Verfahren bereits eine etablierte Historie. Im Produktportfolio von Covestro findet sich eine umfangreiche Bandbreite an Polycarbonattypen mit Rezyklatanteil. Auf Basis dieser Technologie werden zum Beispiel Laptop-Gehäuse aus in China gefertigt.

Alternative Rohstoffe

Covestro nutzt bereits seit Jahren pflanzliche Biomasse, auch um die eigene Abhängigkeit von fossilen Ressourcen wie Erdöl zu verringern. Neben rein pflanzlichen Rohstoffen, die zum Beispiel aus Futtermais gewonnen werden, spielt die Wiederverwertung von Abfall- und Rückstandsölen und -fetten eine immer größere Rolle.

Rohstofflieferanten in der vorgelagerten Wertschöpfungskette nutzen sie zusammen mit fossilen Ressourcen für die Herstellung von Kunststoff-Vorprodukten. Dabei werden die biobasierten Anteile nach dem Massenbilanzansatz rechnerisch den fertigen Produkten zugeordnet. Ein solcher Ansatz spart Ressourcen ein und senkt zugleich die CO2-Belastung. Ein wichtiges Kriterium für die nachhaltigere Produktion ist dabei die Zertifizierung nach dem ISCC PLUS-Standard des Kölner Zertifizierungsunternehmens „International Sustainability and Carbon Certification“ (ISCC).

Inzwischen haben mehrere Standorte des Unternehmens diese international anerkannte Zertifizierung erhalten wie Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen in Nordrhein-Westfalen, Antwerpen in Belgien, Filago in Italien, Shanghai in China, Map Ta Phut in Thailand und Changhua in Taiwan. Mit der Umstellung auf massenbilanzierte erneuerbare Rohstoffe strebt Covestro an, seine indirekten Emissionen in der Lieferkette deutlich zu senken und Produkte mit einem reduzierten Kohlenstoff-Fußabdruck anzubieten. Dazu arbeitet das Unternehmen es mit einer Reihe von Rohstofflieferanten zusammen. Dazu zählen Neste Oyj aus Finnland, Borealis aus Österreich, TotalEnergies aus Frankreich, Ineos aus Großbritannien und Sinomax aus Hongkong.

Für Kunden von Covestro stellen diese Kunststoffprodukte eine Drop-in-Lösung dar, die sie einfach ohne technische Änderungen in bestehende Produktionsprozesse integrieren können. Die Produkte zeigen die gleiche Qualität wie ihre fossilbasierten Pendants. So unterstützt Covestro seine Kunden dabei, ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, und treibt die Umstellung zur Kreislaufwirtschaft voran. Kürzlich hat das Unternehmen das Label „CQ“ für Produkte und Technologien mit einem Mindestanteil von 25 % alternativer Rohstoffe eingeführt. Die Abkürzung steht für „Circular Intelligence“ und beschreibt die zirkuläre Intelligenz in Produkten und Technologien von Covestro. Mit dem neuen CQ-Label hebt Covestro die alternative Rohstoffbasis in den Produkten hervor und gibt damit einen klaren Hinweis an Kunden, die nach solchen Produkten suchen.Rohstoffen, die zum Beispiel aus Futtermais gewonnen werden, spielt die Wiederverwertung von Abfall- und Rückstandsölen und -fetten eine immer größere Rolle.

Für Kunden von Covestro stellen diese Kunststoffprodukte eine Drop-in-Lösung dar, die sie einfach ohne technische Änderungen in bestehende Produktionsprozesse integrieren können. Die Produkte zeigen die gleiche Qualität wie ihre fossilbasierten Pendants. So unterstützt Covestro seine Kunden dabei, ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, und treibt die Umstellung zur Kreislaufwirtschaft voran. Kürzlich hat das Unternehmen das Label „CQ“ für Produkte und Technologien mit einem Mindestanteil von 25 %alternativer Rohstoffe eingeführt. Die Abkürzung steht für „Circular Intelligence“ und beschreibt die zirkuläre Intelligenz in Produkten und Technologien von Covestro. Mit dem neuen CQ-Label hebt Covestro die alternative Rohstoffbasis in den Produkten hervor und gibt damit einen klaren Hinweis an Kunden, die nach solchen Produkten suchen.

www.covestro.com

Von Christian Haessler

Dr. Christian Haessler
Leiter des globalen Kreislaufwirtschaftsprogramms, Covestro Deutschland AG
christian.haessler@covestro.com
Foto: Covestro