Dünger aus dem Drehrohrofen
Ein niedersächsisches Unternehmen wandelt Klärschlamm in phosphathaltige Asche um, mit denen Landwirte düngen dürfen. Diese thermo-chemische Klärschlammbehandlung ist sehr energieeffizient, wenn der Klärschlamm mit den heißen Rauchgasen etwa einer Müllververbrennungsanlage in einem Drehrohrofen erst pyrolysiert und dann verbrannt wird.
Klärschlämme enthalten essenzielle Nährelemente und sind damit eine wichtige Nährstoffquelle. Der im Klärschlamm enthaltene Phosphor kann daher ein wichtiger Grundstoff für das Herstellen von Düngemitteln und für viele weitere Anwendungen werden. In der jüngeren Vergangenheit wurden verschiedene Aufschlussverfahren entwickelt, um in Klärschlamm gebundenen Phosphor wieder in den Stoffkreislauf zurückzuführen.
Aufgrund des neben der Phosphorfracht nicht unerheblichen Energieinhaltes des Klärschlamms schneiden thermische Aufschlussverfahren gegenüber chemischen Verfahren zurzeit deutlich positiver ab ‒ auch weil hierbei eine beinahe vollständige stoffliche Verwertung verwirklicht werden kann.
Eine sehr wirtschaftliche Variante ist das Verfahren der Meppener EuPhoRe GmbH. Der Firmenname ist eine Abkürzung. Sie bedeutet Europäisches Phosphat Recycling“ und steht für die Extraktion von Phosphaten aus Biomasse und die Bereitstellung CO2-neutraler Energie-Ressourcen. Dies Verfahren wird als Nebenschaltanlage zu Feststoffkraftwerken wie Müllheizkraftwerken oder Biomassekraftwerken installiert und nutzt gezielt wichtige Synergien.
Das EuPhoRe-Verfahren
Die thermo-chemischen Prozesse zur Klärschlammbehandlung lassen sich vorzugsweise innerhalb eines Drehrohrreaktors abbilden. Dieser wird mit einem Teilstrom des Rauchgases aus dem Kraftwerk im Gegenstrom zum Klärschlamm beheizt. Dieser Teilstrom hat beim Eintritt in den Drehrohrofen eine Temperatur von 900 bis 1 000 °C.
Der im entwässerten Klärschlamm enthaltene Energieinhalt liegt je nach Mineralgehalt und Trockenmassekonzentration in der Regel zwischen 800 und 1 500 kJ/kg. Der Betrieb ist inklusive der erforderlichen Trocknung thermisch vollständig autark, wenn die Trockensubstanz im Klärschlamm mindestens 20 % beträgt. Eine weitere kostenintensive Vortrocknung ist nicht erforderlich.
Zone 1: Der Klärschlamm wird in dieser Zone des Drehrohres bei 350 °C vollständig getrocknet.
Zone 2: Die erste thermo-chemische Behandlung ist das Erhitzen des Klärschlamms und die Entgasung flüchtiger Bestandteile unter reduzierenden Bedingungen bei Temperaturen zwischen 500 und 800 °C in der Zone 2. Das heißt, unter Sauerstoffmangel werden die organischen Bestandteile im Klärschlamm zersetzt und in die Gasphase überführt. Mit anderen Worten: Der Klärschlamm wird pyrolysiert
Bei der thermischen Zersetzung der organischen Verbindungen unter reduzierenden Bedingungen zeigen Festkörper eine ausgeprägte Reaktionsbereitschaft. Fachleute sprechen hier vom „Hedvall-Effekt“. Dieser Effekt ist wichtig für die Produktqualität. So werden in der Zone 2 bereits einige Schwermetalle in Gegenwart von Salzen wie Magnesiumchlorid als Metallchloride in die Gasphase überführt.
Zone 3: In der folgenden Nachverbrennung des verbleibenden Kohlenstoffs bei höheren Temperaturen von 800 bis 1 100 °C mit Sauerstoff setzt sich die Schwermetallreduktion auch schwerer flüchtiger Metalle wie Nickel fort.
Der Phosphor hingegen verbleibt nahezu vollständig eingebunden in verschiedenen Mineralformen. So finden sich Apatite, Stanfieldite, Whitlockite und Merillite in der phosphorhaltigen Asche, die für die Phosphorrückgewinnung verwendet werden kann.
Entscheidende Zusatzstoffe
Als Vorbehandlungsschritt werden für Zone 2 und 3 Alkali- oder Erdalkalisalze als Zusatzstoffe dem Klärschlamm hinzugegeben. Diese Salze steigern die Effizienz des Schwermetallaustrags derart, dass sich ein breites Klärschlammspektrum mittels dem EuPhoRe-Verfahren zur Phosphorrückgewinnung und -nutzung herangezogen werden kann.
Die Schwermetalle werden schließlich in der Gasreinigung aus dem Abgasstrom entfernt und bilden den einzigen verbleibenden bisher nicht verwertbaren Rest des Verfahrens.
Ein weiterer Effekt der Salzzugabe ist, dass sich die Löslichkeiten der Phosphate erhöht. Dies ist auf Einbindung der Alkali- und Erdalkali-Metalle zurückzuführen. Wird beispielsweise Magnesiumchlorid (MgCl2) eingesetzt, führt dies zum Teil zur Einbindung des Magnesiums in die Phosphatverbindungen. Es bilden sich etwa Merrillite mit der Strukturformel Ca9MgNa(PO4)7 und der Nährstoff Magnesium reichert sich in der Asche als Periklas, also als Magnesiumoxid (MgO) an.
Das Produkt
Das erzeugte Ascheprodukt ist kohlenstoffarm. Schwermetalle sowie organische Schadstoffe sind so weit eliminiert, dass diesbezüglich am Ende des Gesamtprozesses nach der Vermahlung sämtliche physikalische und chemische Anforderungen an ein Düngemittel sichergestellt werden. Die sehr gute Pflanzenverfügbarkeit der Phosphate haben mehrfach Fachleute der Universität Gießen als auch der Universität Bonn nachgewiesen.
Darüber hinaus beinhaltet die Asche nahezu die gesamte Phosphatfracht des Inputmaterials (> 98 %). Sie kann direkt nach Feinvermahlung und Staubbindung direkt in der Landwirtschaft eingesetzt werden.
Klärschlamm energieeffizient behandeln
In dem Verfahren wird ein Teilstrom des Rauchgases des Müllheizkraftwerkes zur thermo-chemischen Behandlung des entwässertem kommunalem KIärschlamm verwendet. Die bei dieser Behandlung entstehenden Prozessgase aus dem Klärschlamm werden in den Feuerraum des Kraftwerkes zurückgeleitet, dort nachverbrannt und damit energetisch genutzt. Die bereits vorhandene Rauchgasreinigung des Kraftwerkes übernimmt somit den klärschlammseitigen Abgasteilstrom. Eine neu zu investierende, eigenständige Abgasreinigung ist nicht erforderlich.
Die gasförmig frei werdenden Stickstoffverbindungen wie NH3 aus der Klärschlammbehandlung verringern zudem den Harnstoffverbrauch für den Abbau der Stickoxide (NOx) in der Rauchgasreinigung.
Weitere Vorteile
Das Verfahren bietet weitere Vorteile: Betreiber von Müllheizkraftwerken können bereits vorhandene Klärschlammkontingente für die Mitverbrennung weiterhin annehmen und mit dem neuen Verfahren behandeln, da dieses die Phosphorrückgewinnungsverpflichtung nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und der Klärschlammverordnung zukunftssicher gewährleistet. Phosphor geht nicht mit der Schlacke verloren, sondern fällt abgetrennt in der phosphorhaltigen Asche an und kann vermarktet werden.
Der Betreiber kann wesentlich größere Mengen Klärschlamm annehmen und thermo-chemisch behandeln, da der Einfluss auf die Feuerung über die Prozessgase wesentlich geringer ist als bei der Klärschlammmitverbrennung. Klärschlamm wird beinahe reststofffrei verwertet.
Frank Zepke
Frank Zepke
Mitgründer & Gesellschafter EuPhoRe GmbH
frank.zepke@euphore.de
Foto: Foto: Euphore